mehr
deutet ist. Weiterhin erhebt sich die Gestaltung nicht wieder zu dem frühern Höhepunkt: wir treten in die
Blüte
[* 3] ein, deren
Blätter noch weiter von den grünen abweichen. Die drei hier charakterisierten
Regionen des
Stengels bezeichnet man als
Niederblatt-,
Laubblatt- und Hochblatt
region, indem man die dreierlei Blätter mit den entsprechenden, in diesen
Worten enthaltenen Bezeichnungen belegt. Bei andern
Phanerogamen findet sich überall in den Hauptzügen das gleiche
Gesetz.
Diese drei
Regionen können an demselben
Stengel
[* 4] vorhanden sein oder sich auf mehrere
Achsen verteilen. Im letztern
Fall können
Stengel einer
Ordnung nur die
Niederblätter, solche einer höhern
Ordnung nur die
Laubblätter und solche
einer dritten
Ordnung erst die
Hochblätter tragen. Die
Kotyledonen, welche die ersten Blätter der keimenden
Phanerogamen sind,
haben fast immer eine einfachere Gestalt als die
Laubblätter; sie stellen, wenn auf sie sogleich vollkommene
Laubblätter
folgen, allein die Niederblatt
region dar.
Auch die Hochblatt
region tritt bisweilen nur schwach hervor, wenn nämlich auf die letzten vollkommenen
Laubblätter keine
Deckblätter des
Blütenstandes, sondern sogleich die
Blüte mit ihren Blättern folgt. Bei vielen
Holzgewächsen
wechseln periodisch
Laubblatt- und Niederblatt
region miteinander ab. Jeder
Trieb beginnt hier als
Knospe mit den einfach gestalteten
Knospenschuppen, welche den
Charakter der
Niederblätter haben; nachdem er eine Anzahl
Laubblätter gebildet
hat, schließt sich sein Ende wieder zu einer
Knospe, indem abermals Knospenschuppen erzeugt werden. Erst spät und keineswegs
an allen
Trieben tritt die Hochblatt
region ins
Leben.
Die vorstehenden Betrachtungen gehen von dem
Gedanken aus, daß die in so verschiedener
Ausbildung hervortretenden seitlichen
Glieder
[* 5] der
Stengel, von den
Samenlappen an bis zu sämtlichen Teilen der
Blüte, nur
Formen eines ursprünglich
gleichen Grundorgans, des Blattes
, sind. Dieser für die botanische
Morphologie so fruchtbringend gewordene
Gedanke, dem
man in
der Bezeichnung
Metamorphose des Blattes
einen kurzen
Ausdruck gegeben hat, ist zwar mehr oder minder deutlich schon von
Linné
und von
Wolff (»Theoria generationis«,
Halle
[* 6] 1759) ausgesprochen worden; in eingehender
Weise hat ihn aber
erst
Goethe
(»Versuch, die
Metamorphose der
Pflanzen zu erklären«, Gotha
[* 7] 1790) ausgeführt, welcher vornehmlich durch die
Erscheinung,
daß bei
Mißbildungen der
Blüten die Blätter derselben in grüne
Laubblätter umgewandelt sein können, hierauf geführt
wurde.
Gegenwärtig ist auf entwickelungsgeschichtlichem Weg die morphologische
Identität der mannigfaltigen
Gebilde, denen man Blatt
natur beilegt, erwiesen. Die
Lehre
[* 8] von der
Metamorphose erklärt jedoch keineswegs diejenigen besondern
Verschiedenheiten, welche den Blättern zukommen, insofern sie als
Organe für bestimmte Lebenszwecke
der
Pflanze eingerichtet
sind. Die Art dieser Einrichtung ist von jenem morphologischen
Gesetz unabhängig; sie ist das Ergebnis
des
Kampfes der
Pflanze ums Dasein, der sie zwang, ihre
Glieder zu passenden
Organen fürs
Leben auszubilden. Über den innern
Bau und die
Funktion des Blattes
vgl. die
Artikel
Gefäßbündel
[* 9] und
Chlorophyll.
[* 1] ^[Abb.: Fig. 29. Angewachsene Nebenblätter.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 30. Blatthäutchen.]