Blasenzins
(Blasensteuer), s. Branntweinsteuer.
Blasenzins
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Blasenzins
(Blasensteuer), s. Branntweinsteuer.
Eine in mehreren Ländern außerordentlich ergiebige Steuer ist die meist Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrh. eingeführte Branntweinsteuer. Der Branntwein, mit seinem großen Alkoholgehalt in kleinern Mengen genossen, verträgt eine höhere Belastung der Mengeneinheit als das Bier. Die Steuer wird, da sie sich in kleinere Summen zerlegt, leicht getragen. Dagegen ist die eine fortgesetzte Aufsicht erheischende Erhebung der Branntweinsteuer mit großen Schwierigkeiten verknüpft, teils infolge davon, weil nicht allein die mannigfaltigsten Stoffe, sondern auch sehr verschiedene Fabrikationsmethoden bei der Branntweinbrennerei zur Anwendung kommen, teils auch, weil die Erzeugung in zahlreiche Betriebe zersplittert ist, vielfach als Nebenbetrieb andrer Wirtschaftszweige vorkommt und ebenso der Verkauf in einer großen Zahl von Verkaufsstätten, oft nur in kleinen Mengen, stattfindet.
Die bei den meisten in der Praxis üblichen Besteuerungsmethoden mißliche Steuerrückvergütung wird dadurch erschwert, daß sie nicht allein bei der Ausfuhr, sondern auch vielfach bei Verwendung des Branntweins für technische Zwecke und zur Essigbereitung gewährt wird. Aus den genannten Gründen erweist sich auch eine Erhebungsform für sich allein als unzureichend; in den meisten Staaten werden darum mehrere Formen angewandt, welche sich nach Art und Umfang der Brennereien richten. Bald dient die Menge der Rohstoffe, bald die des Fabrikats, indem dieselbe direkt oder indirekt (z. B. aus dem Zuckergehalt, Art der Materialien, Leistungsfähigkeit der Apparate) ermittelt wird, als Grundlage der Besteuerung. Daneben kommen Abfindungen und Lizenzabgaben von der Erzeugung wie vom Verkauf vor. Im ganzen finden folgende Formen der Branntweinbesteuerung Anwendung:
1) Die Steuer von zu verarbeitenden Materialien:
a) von Rohmaterialien,
b) vom Malz.
2) Die Steuer nach der Leistungsfähigkeit von Werkvorrichtungen und zwar:
a) nach der für eine einmalige Verrichtung geschätzten Leistungsfähigkeit und nach der Zahl der Verrichtungen (Maischraumsteuer),
b) nach der Leistungsfähigkeit während eines gewissen Zeitraums ohne Rücksicht darauf, wie oft die besteuerten Vorrichtungen während dieses Zeitraums in Gang [* 3] gesetzt sind (Pauschalierungssteuern). Hierbei sind zu unterscheiden die Maischraum-Pauschalierungssteuer und die Brennraum-Pauschalierungssteuer (Kesselsteuer, Blasenzins).
3) Fabrikatsteuern:
a) vom Fabrikanten für die kontrollierte Menge seines Fabrikats,
b) vom Ausschank für die wirkliche Menge des ausgeschenkten Branntweins.
a) mit dem Brenner auf Grund einer angenommenen Erzeugungsmenge,
b) mit dem Ausschänker auf Grund einer angenommenen Ausschankmenge.
Die Rohstoff-, Maischraum-, Maischbütten- oder Materialsteuer, welche bei mehlhaltigen Stoffen die Steuer nach dem Raum des Maischbottichs, bei zuckerhaltigen nach der direkt zu ermittelnden Menge der verwandten Stoffe auswirft, führt bei vorausgehender Deklaration der Pflichtigen zu eingehenden, oft lästigen Vorschriften über Zeit, Dauer und Umfang des Maischens. Wenn auch die für den Fiskus einfachere Kontrolle nicht so weit geht wie bei andern Methoden, so erstreckt sie sich doch meist über den ganzen Betrieb und kann dadurch für den Brenner sehr drückend werden.
Die durch diese Steuer bewirkte Belastung ist eine ungleichmäßige, weil sie die Verschiedenheit der Materialien und deren ungleiche Ergiebigkeit überhaupt nicht oder nicht genügend berücksichtigen kann. Die Betriebsstätten, welche weniger ausbeutereiche Stoffe verarbeiten oder, wie beim Kleinbetrieb, weniger vollkommene Apparate verwenden, werden stärker getroffen als andre, insbesondere als die begünstigten großen Brennereien. Die Besteuerungsform reizt zu selbst unwirtschaftlichem Dickmaischen an und kann, da mit industriellem Fortschritt die Steuerlast gemindert wird, dazu führen, daß solche Vorteile mit Opfern erkauft werden, die an und für sich nicht am Platz sind. Endlich ist die Rückvergütung, welche bei der Ausfuhr oder bei für gewerbliche Zwecke erfolgender Denaturierung gewährt wird, schwer zu bemessen, wie es auch nicht leicht fällt, Steuer, Zoll und Übergangsabgabe in ein richtiges Verhältnis zu einander zu bringen.
Die Materialertragsteuer, welche die Steuer nach den fertigen Erzeugnissen bemißt, indem sie dieselben nach der amtlich ermittelten Menge der verwandten. Materialien nach gesetzlich bestimmten Sätzen berechnet, führt zu einer gleichmäßigern Besteuerung, ohne indessen der Verschiedenheit der Ausbeute je nach der Qualität und der Vollkommenheit der Apparate vollständig gerecht werden zu können. Die Blasensteuer (Blasenzins), welche das wahrscheinliche Ergebnis an Alkohol nach den bei der Brennerei ¶
verwendeten Destillierapparaten (Blase, Kessel) berechnet, kann zwar die Leistungsfähigkeit, welche mit jedem technischen Fortschritt zur Aufstellung neuer Rechnungsfaktoren zwingt, nicht aber auch die Qualität berücksichtigen. Die Würzesteuer oder Würzeertragsteuer erfaßt das steuerpflichtige Objekt vor der Destillation [* 5] bei der Gärung der Würze, indem sie den Zuckergehalt derselben sowie die normale Alkoholausbeute mit Hilfe des Saccharimeters bestimmt.
Dieselbe berücksichtigt somit die Qualität der Rohstoffe, nicht aber auch die durch Vollkommenheit der Destillierapparate bedingte Menge des ausgebrachten Alkohols. Auch belästigt und verteuert sie durch ihre Kontrollen und Proben den Betrieb. Die meisten dieser Übelstände werden durch die direkte Fabrikatsteuer vermieden, welche die wirklich gewonnenen Erzeugnisse direkt mit Kontrollierung des ganzen Fabrikationsprozesses oder durch die denselben nicht weiter beschränkende Anwendung von besondern Spiritusmeßapparaten ermittelt.
In der Praxis ist dieselbe jedoch überall da nicht anwendbar, wo die Branntweinfabrikation in zahlreiche kleine Betriebe zersplittert ist. Gerade in diesem Fall hat man wegen der Schwierigkeit der Besteuerung zu dem summarischen Verfahren der auch bei großen Brennereien vorkommenden Abfindung für eine bestimmte Zeit seine Zuflucht genommen. Die Kontrolle beschränkt sich bei einer solchen meist auf einer Verbindung der Materialertrag- mit der Blasensteuer beruhenden Fixation darauf, daß die Geräte nur während der Betriebszeit nicht verschlossen sind, und daß keine andern Materialien zur Verwendung kommen.
Die vom Brennereibetrieb erhobenen Lizenzen sind zwar mit keinen Beschwerungen verknüpft, wenn sie in gleichen Sätzen erhoben werden; dagegen können sie keine hohen Erträge abwerfen. Werden die Sätze hingegen abgestuft, indem denselben die nach der Dauer des Brennens, nach dem Raumgehalt der Blasen, dem Umfang des Betriebs berechnete mutmaßliche Menge sowie die Stärke [* 6] des Branntweins zu Grunde gelegt werden, so werden auch wieder weiter gehende Kontrollen des Betriebs erforderlich. Auch die vom Kleinverkauf, insbesondere vom Ausschank, erhobenen Lizenzen dürfen schon wegen der Schwierigkeit der Kontrolle mäßige Sätze nicht übersteigen. Dieselben gar in vollständige Fabrikatsteuern umzuwandeln, ist bei einer großen Anzahl von Verkaufsstätten, weil zu überaus teurer, schwieriger und peinlicher Kontrolle führend, geradezu unmöglich.
Im deutschen Reichssteuergebiet, mit Einschluß von Elsaß-Lothringen, [* 7] wird die Branntweinsteuer meist und zwar bei Verarbeitung von mehligen Stoffen in der Form der Maischbütten-, bei Obst etc. in der der Materialsteuer erhoben. Ausnahmsweise kommt bei einzelnen Stoffen der Blasenzins oder die Blasenpauschalierungssteuer vor, bei umgeschlagenem Bier tritt je nach dem Wunsch des Fabrikanten die Materialsteuer oder die Fabrikatsteuer ein. Brennereien, welche nichtmehlige Stoffe verarbeiten, werden Fixationen eingeräumt, landwirtschaftlichen Brennereien geringere Steuersätze bewilligt.
Bayern [* 8] hat je nach Art der verarbeiteten Stoffe eine Maischbütten- oder Materialsteuer. Die Fabrikatsteuer kann statthaben, wenn in der Fabrik geeignete Apparate zur Messung des Spiritus [* 9] vorhanden sind. Württemberg [* 10] zieht seine ganze Branntweinsteuer fast ausschließlich aus Schenkabgaben (Lizenzen) für Kleinverkauf. Daneben kommt eine Produktionssteuer insoweit vor, als das verwandte Malz der gleichen Besteuerung wie das Braumalz unterliegt. In Baden [* 11] besteht die Kesselsteuer, eine Art pauschalierter Blasensteuer.
Österreich-Ungarn [* 12] besteuert die großen Brennereien, welche mehlhaltigen Stoffe verwenden, durch eine Verbindung der Material- mit der Maischbüttensteuer; bei nichtmehligen Stoffen und kleinen Brennereien tritt eine Blasensteuer in Verbindung mit der Materialertragsteuer ein, die Fabrikatsteuer fakultativ, wenn selbstzählende Spiritusmeßapparate verwandt werden. Die Abfindung kommt bei einfachen sowie bei von Bierbrauern betriebenen Brennereien vor.
Frankreich erhebt Eingangssteuern in Städten, Lizenzen von Kleinverkäufern und Brennern, Fabrikatsteuern beim Austritt der Produkte aus den Niederlagen der Produzenten und Denaturationsabgaben von zum menschlichen Genuß unbrauchbar gemachtem Branntwein. England hat eine nach Menge und Qualität der Maischwürze bestimmte Würzesteuer. Die Kontrolle ist eine strenge und peinliche; kleine Brennereien sind verboten, dann sind bestimmte Vorschriften über die Lage der Fabriken zu beobachten.
Kein Fabrikant darf gleichzeitig für den inländischen Verbrauch und für die Ausfuhr arbeiten. In Rußland ist die Fabrikatsteuer in Verbindung mit der Materialsteuer eingeführt unter Bemessung mit Spiritusmeßapparaten und Kontrolle der verarbeiteten Materialien. Ferner kommen vor in Holland die Materialertragsteuer, in Schweden [* 13] die Fabrikatsteuer unter Verbot der kleinen Brennereien, in Italien [* 14] eine Blasenpauschalierungssteuer nebst einer Fabrikatsteuer nach den Angaben des Meßapparats, in Belgien [* 15] eine ähnliche Besteuerung wie in Norddeutschland, in Nordamerika [* 16] die Fabrikatsteuer. In einigen Teilen der Vereinigten Staaten [* 17] (z. B. Maine) sind im Interesse von Gesundheit und Sittlichkeit Fabrikation und Verkauf von Branntwein verschiedenen polizeilichen Beschränkungen unterworfen.
Die Einnahmen aus der Branntweinsteuer waren 1880 (die zweite Rubrik zeigt den Prozentsatz der Gesamteinnahme) in:
Mill. Mark | Proz. | |
---|---|---|
Rußland. | 621 | 34.5 |
Niederlande | 38 | 21.5 |
Großbritannien | 317 | 19.1 |
Schweden | 15 | 17.8 |
Belgien | 20 | 9.4 |
Deutschland | 41 | 7.6 |
Dänemark. | 4 | 7.1 |
Norwegen | 3 | 5.4 |
Frankreich | 80 | 3.6 |
Ungarn | 15 | 3.5 |
Portugal | 4 | 3.3 |
Österreich | 18 | 2.7 |
Italien | 2 | 0.2 |
Von 1 Hektoliter Branntwein bei 100° Tralles wurden erhoben (1880):
Mark | |
---|---|
Großbritannien | 394 |
Vereinigte Staaten | 199 |
Niederlande | 194 |
Rußland | 182 |
Frankreich | 125 |
Schweden | 86 |
Belgien | 75 |
Rumänien | 34 |
Italien | 24 |
Norddeutschland | 26 |
Bayern | 26 |
Österreich | 22 |
Dänemark | 22 |
Baden | 14 |
Württemberg | 4 |
Deutschlands [* 18] Maximalsatz nach der Reichsverfassung: 43,80 Mk.
Vgl. Gläser, Die Steuersysteme bei der Branntweinfabrikation (Brieg [* 19] 1868);
Heine, Über die Branntweinsteuersysteme in den europäischen Ländern (in der »Zeitschrift für Staatswissenschaften« 1872);
Hartig, Geschichte, Theorie und Kritik der Branntweinsteuern (Leipz. 1876);
Czecz-Lindenwald, Beitrag zur Frage der Besteuerung des Branntweins (Wien [* 20] 1878);
Troschke, Die Branntweinsteuer-Gesetzgebung (Halle [* 21] 1881);