Titel
Bischoff
,
1)
Ludwig
Friedrich
Christian, Philolog und musikalischer
Kritiker, geb. zu
Dessau,
[* 2] wirkte bis 1849 als
Lehrer an verschiedenen Gymnasien (zuletzt als
Direktor des
Gymnasiums in
Wesel)
[* 3] und widmete sich dann der
Musik. Nach kurzem Aufenthalt in
Bonn,
[* 4] begab er sich nach
Köln,
[* 5] wo er 1850 die
»Rheinische Musikzeitung«, drei Jahre später
aber die »Niederrheinische Musikzeitung« begründete, welch letztere er
bis zu seinem
Tod mit ungewöhnlichem
Geschick und Erfolg redigierte. Durch dieses
Blatt
[* 6] sowiedurch seine gleichzeitige
Thätigkeit als Musikreferent der
»Kölnischen
Zeitung« hat Bischoff
einen nicht zu unterschätzenden Einfluß
auf die
Hebung
[* 7] der rheinischen Musikverhältnisse ausgeübt.
2) Gottlieb Wilhelm, Botaniker, geb. 1797 zu Dürkheim [* 8] a. d. Haardt, widmete sich in Kaiserslautern [* 9] unter der Leitung Kochs, des Verfassers der klassischen »Flora Deutschlands«, [* 10] dem Studium der Botanik, besuchte 1819 die Akademie der bildenden Künste in München [* 11] und studierte seit 1821 in Erlangen [* 12] Botanik. 1824 ging er als Lehrer nach Heidelberg, [* 13] habilitierte sich 1825 daselbst als Privatdozent, wurde 1833 Professor der Botanik, 1839 Direktor des botanischen Gartens und starb Er lieferte wertvolle Arbeiten über Lebermoose, Characeen [* 14] und Gefäßkryptogamen und schrieb: »Handbuch der botanischen Terminologie und Systemkunde« (Nürnb. 1830 bis 1844, 3 Bde.);
»Lehrbuch der allgemeinen Botanik« (Stuttg. 1834-40, 3 Bde.);
»Wörterbuch der beschreibenden Botanik« (das. 1839; 2. Aufl. von J. A. ^[Johann Anton] Schmidt, 1857);
»Medizinisch-pharmazeutische Botanik« (Erlang. 1843, 2. Aufl. 1847);
»Die Botanik in ihren Grundrissen und nach ihrer historischen Entwickelung« (Stuttg. 1848).
3) Friedrich Wilhelm August, praktischer Jurist, geb. zu Halberstadt, [* 15] studierte die Rechte in Halle [* 16] und Berlin, [* 17] ward 1827 Auskultator beim Stadtgericht in Berlin, 1829 Referendar, 1834 Kammergerichtsassessor. 1835 wurde er als Hilfsarbeiter in das Ministerium für Gesetzgebung und Justizverwaltung der Rheinprovinz [* 18] berufen, 1838 zum Landgerichtsrat, 1842 zum Geheimen Justizrat und nach der Auflösung des Gesetzgebungsministeriums 1848 zum vortragenden Rat im Justizministerium ernannt, in welcher Stellung er vornehmlich die Entwürfe zum Strafgesetzbuch von 1851 und über das Konkursverfahren von 1855 bearbeitete und sich um Verbesserung des Gefängniswesens Verdienste erwarb. Er war auch Referent bei der zur Beratung über das deutsche Handelsgesetzbuch seit in Nürnberg [* 19] versammelten Konferenz, wo der von ihm bearbeitete Entwurf zu Grunde gelegt wurde. Er starb in Nürnberg.
4) Theodor Ludwig Wilhelm, Anatom und ¶
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Physiolog, geb. zu Hannover, [* 21] studierte seit 1826 in Bonn und Heidelberg Naturwissenschaften und Medizin, war 1832 Assistent an der Universitäts-Entbindungsanstalt in Berlin, habilitierte sich 1833 als Privatdozent in Bonn, ging als solcher 1835 nach Heidelberg und wurde hier 1836 zum außerordentlichen und 1843 zum ordentlichen Professor ernannt. 1844 folgte er einem Ruf nach Gießen [* 22] und 1855 einem solchen nach München für Anatomie und Physiologie. Er wurde 1878 in den Ruhestand versetzt und starb in München.
Bischoffs
wissenschaftliche Thätigkeit konzentrierte sich vorwiegend auf das Gebiet der Entwickelungsgeschichte,
[* 23] namentlich
der der Säugetiere;
seine Verdienste, die er sich auf demselben errungen, sind die größten und seine darauf bezüglichen Arbeiten von der weitgehendsten Bedeutung für diese Wissenschaft. Er schrieb: »Entwickelungsgeschichte der Säugetiere und des Menschen« (Leipz. 1842);
»Entwickelungsgeschichte des Kanincheneies« (Braunschw. 1843);
»Entwickelungsgeschichte des Hundeeies« (das. 1845);
»Beweis der von der Begattung unabhängigen periodischen Reifung und Loslösung der Eier [* 24] der Säugetiere und der Menschen« (Gieß. 1844);
»Entwickelung des Meerschweinchens« (das. 1852);
»Entwickelungsgeschichte des Rehes« (das. 1854);
»Widerlegung und Bestätigung des Eindringens der Spermatozoiden in das Ei der [* 25] Muscheln [* 26] und der Frösche« [* 27] (das. 1854);
»Historisch-kritische Bemerkungen zu den neuesten Mitteilungen über die erste Entwickelung der Säugetiereier« (Münch. 1877);
»Der Harnstoff als Maß des Stoffwechsels« (das. 1853);
»Die Gesetze der Ernährung der Fleischfresser« (mit Voit, Leipz. 1859);
»Die Großhirnwindungen bei den Menschen« (Münch. 1868);
»Studium und Ausübung der Medizin durch Frauen« (das. 1872);
»Führer bei Präparierübungen« (das. 1873).
Außerdem lieferte er Beiträge zu Wagners und Burdachs »Physiologie« und schrieb den 7. Band [* 28] (Entwickelungsgeschichte) der Sömmerringschen »Anatomie«. Er wies auch die Gegenwart von freier Kohlensäure und Sauerstoff im Blut nach und lieferte Untersuchungen über den Unterschied zwischen dem Menschen und den höhern Affen. [* 29]
Vgl. Kupffer, Gedächtnisrede auf Bischoff
(Münch. 1884).
5) Joseph Eduard Konrad, unter dem Namen Konrad von Bolanden bekannter Romanschriftsteller, geb. zu Niedergailbach in der Rheinpfalz, studierte seit 1849 katholische Theologie zu München, wurde 1852 als Domkaplan in Speier [* 30] angestellt, nach einigen Jahren als Administrator nach Kirchheimbolanden und von hier als Pfarrer nach Börrstadt am Donnersberg versetzt. Seit 1859 war er Pfarrer in Berghausen bei Speier, bis er 1869 seinem Amt entsagte und sich privatisierend in Speier niederließ, um sich ganz der Schriftstellerei zu widmen.
Papst Pius IX. ernannte ihn 1872 zu seinem Wirklichen Geheimen Kammerherrn. hat in kurzer Zeit eine ungemeine Fruchtbarkeit entwickelt und in den katholischen Kreisen von ganz Europa [* 31] Aufsehen erregt. Seine zum Teil vielfach aufgelegten Werke, teils historischen, teils sozialen Inhalts, haben stark ausgesprochene ultramontane Tendenzen und richten sich schroff gegen den Protestantismus und überhaupt gegen jede freiheitliche und vernünftige Entwickelung in Kirche und Staat, Leben und Wissenschaft. In den ersten Romanen: »Eine Brautfahrt« (Regensb. 1857) und »Franz von Sickingen« (das. 1859),
stellte er die Reformation als eine gemeine Rebellion, als einen Ab- und Rückfall dar und schilderte Luther, Sickingen, Hütten [* 32] etc. mit den grellsten Farben als moralisch Verworfene. Dann folgten: »Königin Bertha« (Regensb. 1860) und »Barbarossa« (das. 1862);
ferner: »Die Aufgeklärten« (Mainz [* 33] 1864) und »Historische Novellen über Friedrich II. und seine Zeit« (das. 1865-66, 4 Bde.),
worin der große Preußenkönig als eine Art politischen Räuberhauptmanns erscheint.
Gegen die naturwissenschaftlichen Forschungen wendet sich »Angela« (Regensb. 1866),
gegen den Liberalismus »Die Freidenker« (das. 1866),
»Die Schwarzen und die Roten« (Mainz 1868),
»Fortschrittlich« (das. 1870). In dem gleichen Geist gehalten sind die Romane und Erzählungen: »Gustav Adolf« (Mainz 1867-70, 4 Bde.);
»Raphael« (das. 1870);
»Die Unfehlbaren« (das. 1871);
»Der neue Gott« (Regensb. 1871);
»Der alte Gott« (das. 1871);
»Kelle oder Kreuz« [* 34] (das. 1872);
»Die Magern und die Fetten« (das. 1872);
»Russisch« (das. 1872);
»Canossa« (Mainz 1873, 3 Bde.);
»Die Staatsgefährlichen« (das. 1873);
»Die Reichsfeinde« (1874, 2 Bde.);
»Urdeutsch« (1875, 2 Bde.);
»Bankrott« (1877, 3 Bde.);
»Die Bartholomäusnacht« (1879, 2 Bde.);
»Altdeutsch« (1881, 3 Bde.);
»Savonarola« (1882, 2 Bde.);
»Neudeutsch« (1884) u. a. Seine »Gesammelten Schriften in illustrierten Volksausgaben« erscheinen seit 1871 zu Regensburg. [* 35]