Bischof
(v. griech. episkopos, »Aufseher«,
altdeutsch Piscof, Bischolf),
Titel der Kirchenobern, welche, im
Besitz der höchsten
Weihe, in den ihnen
zugehörigen
Sprengeln
(Diözesen) die
Kirchengewalt ausüben. Der
Name ist biblischen Ursprungs und ward anfänglich ganz gleichbedeutend
mit
Presbyter von den Vorstehern der christlichen
Gemeinden gebraucht. Als aber im
Lauf des 2. Jahrh., einem praktischen
Bedürfnis
folgend, der Vorsitzende des
Gemeindevorstandes sich als primus inter pares von den andern
Ältesten unterschied
und die eigentliche Gemeindeleitung in seiner
Hand
[* 3] konzentrierte, ging auf ihn auch der unterscheidende
Name über. Die von
Hatch (»The organisation of the early christian churches«, 2. Aufl.
1883) versuchte Herleitung des
Episkopats aus dem Diakonat macht die sich allmählich herausbildende Überordnung des Bischofs
über die
Presbyter zum
Rätsel.
Bald sah
man in dem Bischof
den amtlichen Nachfolger der
Apostel; er nahm daher auch besondere
Ehren und
Rechte, namentlich das der
Ordination und
Konfirmation, in Anspruch. Ursprünglich waren alle Bischöfe einander gleich, aber da die Landgemeinden von
den
Städten aus gegründet oder verwaltet wurden, so ergab sich von selbst eine Unterordnung der Landbischöfe
unter den Stadtbischof
, und durch das größere Ansehen der Bischöfe der Hauptstädte bildete sich wiederum ein Rangverhältnis
aus, welches in den
Titeln
Patriarch, Metropolitan,
Erzbischof und
Papst seinen
Ausdruck gefunden hat. (S.
Hierarchie.) Das bischöfliche
Amt umfaßt zunächst die Sorge für die Bewahrung und Verbreitung der
Lehre
[* 4] (potestas magisterii), also
auch für die
Erziehung des
Klerus, wobei, wie bei seinen priesterlichen
Funktionen, ihm das
Domkapitel unterstützend zur Seite
steht.
Die jura ordinis sind entweder communia, aus dem priesterlichen
Ordo fließende und daher dem Bischof
mit dem
Presbyter gemeinsame,
oder reservata, wie
Firmelung,
Priesterweihe, Bereitung des
Chrisams,
Konsekration der
Kirchen und
Altäre
etc., welche ein
Priester nicht vornehmen kann; daher steht dem Bischof
als
Gehilfe und Stellvertreter ein
Weihbischof,
Episcopus
in partibus infidelium, d. h. ein Bischof
zur Seite, der zwar die bischöfliche
Weihe hat, dem aber nur fiktiv eine thatsächlich im
Besitz der Ungläubigen befindliche
Diözese zugewiesen
ist.
Die jura jurisdictionis umfassen außer dem
Binde- und Löseschlüssel (s.
Schlüsselgewalt) die
Disziplinargewalt, die
geistliche Gerichtsbarkeit
und die gesamte äußere
Verwaltung. Die
Gehilfen des Bischofs
waren hier früher die Archidiakonen (s.
Archidiakonus), jetzt
steht ihm das
Offizialat oder Generalvikariat (s. d.) zur Seite.
Erzpriester und
Dechanten sind
Organe des
bischöflichen
Regiments in den einzelnen Teilen der
Diözese. Die
Wahl des Bischofs
, die in den ältesten
Zeiten
von der
Gemeinde
ausging, wurde vielfach ein
Recht der
Fürsten, soll aber nach dem Tridentinum vom
Kapitel vollzogen werden.
Die Beteiligung des Staats an derselben bestimmen die Konkordate (s. d.), die Zirkumskriptionsbullen und die einzelnen Landesgesetzgebungen. Häufig ist neuerdings als Wahlmodus zwischen der Kurie und den Regierungen der irische (so genannt, weil er 1806 bei der Besetzung der irischen Bischofstühle zum erstenmal vom Papst in Vorschlag gebracht wurde) vereinbart worden, wonach das Kapitel der Regierung eine Kandidatenliste vorlegt, aus der diese die minder genehmen Persönlichkeiten so weit streichen kann, daß eine zur Wahl ausreichende Anzahl übrigbleibt. (Vgl. Friedberg, [* 5] Der Staat und die Bischofswahlen, 1874.) Die Wahl bedarf der päpstlichen Bestätigung, welche dem Gewählten die Jurisdiktionsrechte erteilt.
Die Konsekration oder Weihe wird durch mindestens drei Bischöfe oder einen und zwei Prälaten vollzogen. Dabei wird der neue Bischof zum Gehorsam gegen den Papst eidlich verpflichtet, ebenso leistet er dem Landesherrn einen Eid. Er empfängt dann die Insignien des Amtes: die Mitra [* 6] oder Bischofsmütze, den Krummstab, [* 7] den goldenen Ring und das Brustkreuz, und darf sich bei feierlichen Funktionen der Pontifikalkleidung bedienen. Ring und Stab [* 8] waren ursprünglich die Zeichen, deren sich Könige und Kaiser in Deutschland [* 9] bedienten, um die Bischöfe mit den Regalien zu belehnen. (s. Investitur.)
Im wesentlichen ist die Stellung der Bischöfe und Erzbischöfe in der griechischen Kirche dieselbe wie in der römischen; jedoch wird der Bischof nur aus dem Mönchsstand und zwar gewöhnlich aus den Archimandriten und Hegumenen, d. h. den Klosteräbten und Prioren, gewählt.
Von allen Kirchen der Reformation hat nur die anglikanische (s. d.) eine wirkliche bischöfliche Verfassung und besondere Vorrechte der bischöflichen Weihe beibehalten. Auch Schweden [* 10] hat seine Erzbischöfe und Bischöfe behalten und ihnen auf dem Reichstag eine eigne Standschaft und großen Einfluß eingeräumt; ein ähnliches Verhältnis findet in Dänemark [* 11] statt. In Preußen [* 12] traten die beiden Bischöfe von Samland und Pomesanien zur Reformation über und blieben dadurch im Besitz ihrer Bistümer.
Erst am Schluß des 16. Jahrh. gingen dieselben ein. Wieder eingeführt wurde die bischöfliche Würde 1735 in der Brüdergemeinde, doch nur für äußerliche Kirchenrechte, und der Bischof steht unter der Direktion der Ältestenkonferenz. Ein bloßer Titel wurde in Preußen, als Friedrich I. seinen beiden Hofpredigern diese Würde erteilte und Friedrich Wilhelm III. diesem Beispiel 1816 folgte zur »Anerkennung des Verdienstes im geistlichen Stande«. Damals wurden Bischöfe: Sack und Borowsky (1829 Erzbischof), später Eylert (1818), Ritschl (1827), Neander (1830), Dräseke (1831), Roß (1836). Aber nach ihrem Tod ist der Titel nicht wieder vergeben worden. Auch der Generalsuperintendent von Nassau hieß Bischof.