Birs
-Nimrud
,
s.
Babylonischer Turm und Nimrud.
Birs Nimrud
10 Wörter, 72 Zeichen
Birs-
Nimrud,
s.
Babylonischer Turm und Nimrud.
(einheimisch Bâb-ilu, »Thor Gottes«),
Hauptstadt des alten Babylonien, eine der ältesten, größten und prächtigsten Städte der Alten Welt, schon seit zwei Jahrtausenden in Trümmern liegend. Sie erstreckte sich auf beiden Seiten des Euphrat in Form eines Vierecks, von dessen Seiten jede (nach Herodot) eine Länge von 120 Stadien (22 km) hatte. Das ungeheure Ganze, so wie es König Nebukadnezar (604-561 v. Chr.) wieder aufgebaut hatte, bedeckte also einen Raum von ca. 490 qkm (viermal mehr als London) [* 3] und ward von einer 200 Ellen hohen und 50 Ellen dicken Mauer mit 250 Türmen und 100 ehernen Thoren umschlossen, auf welcher bequem mehrere Wagen nebeneinander fahren konnten.
Außer dieser äußern waren noch eine mittlere und eine innere Mauer vorhanden. Auf der Westseite deckten morastige Seen, auf den drei andern Seiten tief ausgegrabene Euphratarme die Stadt; eine prachtvolle Brücke [* 4] führte über den Euphrat. In der Nähe derselben lag, an beiden Ufern des Stroms erbaut, die Königsburg (Akropolis), [* 5] aus zwei Palästen bestehend und von einer dreifachen Mauer von resp. 20, 40 und 60 Stadien Länge eingeschlossen, welche mit Darstellungen von Jagd- und Schlachtszenen in Relief verziert war.
Nahe dabei auf der Ostseite erblickte man die hängenden Gärten, wahrscheinlich von Nebukadnezar angelegt und aus einem Terrassenpalast mit Säulen [* 6] und Schwibbogen und einer Bleidecke bestehend, auf welche so viel Erde aufgetragen war, als die Bewurzelung der größten Bäume forderte. Nördlich des Königspalastes auf dem Ostufer befand sich der berühmte babylonische Turm, [* 7] ein Tempel [* 8] des Bel oder Marduk, nach Herodot 192 m hoch und zu den sieben Weltwundern gerechnet.
Das höchste je auf Erden aufgeführte Bauwerk, erhob sich derselbe inmitten eines von Mauern umschlossenen heiligen Bezirks und bestand aus einem mächtigen Unterbau und sieben den Planeten [* 9] geweihten Stufentürmen von verschiedener Farbe, deren Durchmesser nach oben immer kleiner wurden; außen führte um alle Türme herum eine Wendeltreppe in die Höhe. Im obersten Stockwerk, dem Allerheiligsten, befand sich neben einem goldenen Tisch ein für die Gottheit zubereitetes Lager, [* 10] woselbst eine jungfräuliche Priesterin die Nacht verbrachte.
Nach Diodors Bericht stellte man in dem obersten Gemach astronomische Beobachtungen an. Der bekannten biblischen Erzählung vom babylonischen Turmbau (1. Mos. 11, 1-9). liegt vielleicht eine historische Beziehung auf diesen Tempel zu Grunde; in ihrer eigentümlichen Färbung aber ist sie wohl ein etymologischer Mythus (indem der Name Babel als »Verwirrung« gedeutet wird), um die auffällige Verschiedenheit der Sprachen und Nationen auf der Erde zu erklären. Die eigentliche Stadt wurde von lauter geraden Straßen mit zum Teil drei- und vierstöckigen Häusern gebildet und zählte ihre Bevölkerung [* 11] sicher nach Millionen; aber ebenso sicher ist es, daß ihre riesigen Mauern weite Strecken Garten- und Ackerlandes umschlossen. Die ¶
gewaltige Stadt, die Alexander d. Gr. (der hier starb) größer machen wollte, als sie je gewesen, geriet nach der Gründung von Seleukeia und Ktesiphon in raschen Verfall und war in der Mitte des 2. Jahrh. n. Chr. bereits Ruine. Ihre Trümmer liegen in der Wüste, bei dem heutigen Hillah am Euphrat, südlich von Bagdad, und bilden drei Haufen ungeheurer Schuttberge. Sie wurden seit dem 16. Jahrh. öfters besucht und sind namentlich in neuester Zeit von Rich, Loftus, Fresnel, Oppert, Rawlinson, Layard u. a. gründlich durchforscht worden.
Die bedeutendsten dieser Ruinen, die durch kolossale Größe, nicht durch Schönheit imponieren, sind: der sogen. »Kasr« (Burg),
der für den Palast Nebukadnezars (Akropolis) gilt, mit dem besterhaltenen Mauerwerk; südlich davon der Hügel »Amran«, den man für den Rest der hängenden Gärten ansieht; nördlich vom Kasr der ca. 40 m hohe, 180 m lange Hügel »Babil«, in welchem man mit Bestimmtheit den »Turm zu Babel«, den Tempel des Himmelsgottes, erkannt hat, und isoliert im SW. der »Birs Nimrud« (Nimrodsturm) genannte Hügel. Dies und die noch wohlerhaltene innerste Stadtmauer ist im wesentlichen, was vom gewaltigen Babylon übriggeblieben.
Die Trümmer bestehen aus teils gebrannten und mit Namensstempeln versehenen, teils ungebrannten Lehmbatzen, die durch Kalk, Mörtel oder Erdharz verkittet sind. Platten mit Bildwerk, wie in Ninive, oder Kolosse von Stein finden sich hier nicht. Als Erbauer der Stadt wird Belos genannt, doch ist das Vorhandensein von Babylon als Residenz der babylonischen Könige erst seit dem 16. Jahrh. v. Chr. bezeugt. Seit der Unterwerfung Babyloniens unter assyrische Herrschaft (s. Babylonien, Geschichte) war es der Sitz assyrischer Unterkönige und ward 683 bei einem Aufstand gänzlich zerstört.
Erst Nabopolassar und Nebukadnezar bauten die Stadt nach Wiederherstellung der Unabhängigkeit Babyloniens von neuem aufs prächtigste auf. Letzterer vollendete den großartigen von seinem Vater begonnenen Palast, errichtete den Göttern Marduk (Belos) und Nabu hohe, turmartige Tempel und baute die gewaltigen Mauern, welche die ganze Stadt umgaben. Babylon soll damals 2 Mill. Einw. gehabt haben. Im J. 538, unter dem babylonischen König Nabonetos, ward die Stadt von Kyros erobert, jedoch geschont und zur dritten Hauptstadt der medisch-persischen Monarchie erhoben.
Nach der Empörung der Babylonier gegen Dareios Hystaspis (518) wurden Mauern und Thore niedergerissen, viele Einwohner verjagt oder getötet. Xerxes raubte aus dem Belostempel die goldene Statue des Gottes und beschädigte den Tempel selbst, der seitdem verfiel. Alexander d. Gr. beabsichtigte seine Wiederherstellung, starb aber vor Ausführung dieses Plans in dem Palast des Nebukadnezar. Den härtesten Stoß erlitt unter der Herrschaft der Seleukiden durch die Erbauung der Stadt Seleukeia und die derselben verliehenen Privilegien.
Handel und Einwohner wandten sich jetzt von Babylon weg, und schon um 130 wurde auf dem größten Teil des von den Mauern eingeschlossenen Stadtraums Getreide [* 13] gebaut. Unter den noch übrigen Einwohnern waren sehr viele Juden. Zur Zeit des Hieronymus (gest. 420 n. Chr.) benutzten die Partherkönige die Ruinen von Babylon mit den noch stehenden Mauern als Wildgehege zur Jagd. Seit der Herrschaft der Araber verschwand der Name Babylon ganz aus der Geschichte, und im 10. Jahrh. wußte man von der Stadt nur, daß an ihrer Stelle ein kleines Dorf, Namens Babel, stehe.
Vgl. Rich, Memoirs on the ruins of Babylon (4. Aufl., Lond. 1839);
Layard, Discoveries in the ruins of Niniveh and Babylon (das. 1853; deutsch, Leipz. 1856);
Oppert, Expédition en Mésopotamie (Par. 1857-64, 2 Bde.);