(spr. biróng),Charles de Gontaut,
Herzog von, Marschall von
Frankreich, Sohn des bei der
Belagerung von Epernay gefallenen
Marschalls
Armand de Gontaut,
Baron von Biron, geb. 1562, stieg in
Heinrichs IV.
Kriegen als einer seiner tapfersten
Gehilfen rasch empor, wurde
Herzog, Marschall,
Statthalter von
Burgund. Voll unbändigen Ehrgeizes, knüpfte er schon 1595 mit
dem span. Landesfeinde, bald danach mit dem
Herzog von Savoyen an;
im Savoyischen
Kriege 1600 verstieg er sich sogar
zu einem
Mordversuch gegen den König;
1601 schloß er mit
Spanien
[* 2] und Savoyen einen förmlichen
Vertrag, der ihm selber eine
span. oder savoyische Prinzessin und das Herzogtum
Burgund in Aussicht stellte;
der Preis war der gemeinsame
Krieg gegen
Frankreich
und dessen Zerstückelung in einzelne Provinzstaaten.
Heinrich IV., der von den
Umtrieben B.s wußte, suchte
seinen alten Waffengefährten trotzdem durch glänzende
Aufträgean sich zu ketten, nahm seine heuchlerische Bitte um Verzeihung
(Anfang 1601) gnädig entgegen,
bis ihn das Geständnis von B.s Unterhändler La
Fin die drohende Gefahr erkennen ließ und
ein starkes Durchgreifen zur Pflicht machte. Nachdem er die südöstl.
Provinzen militärisch gesichert,
berief er Biron selber an den
Hof;
[* 3] dieser kam im Mai 1602, auf seinen Einfluß pochend, wurde verhaftet, des Hochverrats angeklagt
und vom Parlament zum
Tode verurteilt. Am starb er im
Hofe der
Bastille von Henkershand. –
Vgl. Philippson,Heinrich
IV. und Philipp III., Bd. 1 (Berl.
1870).
Ernst Joh. von,
Herzog von
Kurland,
[* 4] geb. 12. (22.) Nov. 1690 zu Kalnzeem, stammte aus der kleinen kurländ. Gutsbesitzerfamilie
Bühren, welche einem alten Adelsgeschlechte Westfalens angehört. Er studierte in Königsberg
[* 5] und wurde Sekretär
[* 6] und Kammerjunker
der
Witwe des kurländ.
HerzogsFriedrich Wilhelm (gest. 1711),Anna Iwanowna (s. d.), einer NichtePeters
d. Gr., die in Mitau
[* 7] lebte und deren Hoffräulein Benigna von Trotta, genannt Treyden,
Biron 1722 heiratete.
Als
Anna 1730 Kaiserin von
Rußland wurde, nahm sie ihn dorthin mit, machte ihn zum Oberkammerherrn, beschenkte ihn mit
Gütern
und Geldern, mit denen er z. B. die noch jetzt im
Besitze seiner Familie befindliche freie Standesherrschaft
Polnisch-Wartenberg in Niederschlesien ankaufte, und überließ ihm die ganze Regierung. Was unter
Anna für die Ordnung der
Staatsverwaltung, für
die Hebung der Flotte und des
Heers geschah, ist zum großen
Teil Verdienst
B.s und anderer
Deutscher, wie
Ostermann, Münnich u. s. w., welche dieIdeenPeters d. Gr. fortsetzten.
Die Rücksichtslosigkeit ihres
Verfahrens, die Grausamkeit gegen die altruss. Partei und vor allem der persönliche Hochmut
B.s, der 1730 durch
KaiserKarl VI. deutscher Reichsgraf und nach dem Aussterben der herzogl. Familie Ketteler in
Kurland durch
Anna den Kurländern als
Herzog aufgedrängt wurde (Juni 1737), schafften jenem «deutschen
System» viele Feinde, denen gegenüber Biron sich auch für die Zukunft dadurch zu sichern suchte, daß
die Kaiserin (gest. ihn auf dem Sterbebette zum
Regenten für den von ihr zum Nachfolger bestimmten, erst wenige
Monate alten Prinzen
Iwan ernennen mußte.
Infolgedessen kam Zwiespalt unter jenedeutsche Partei; Münnich ließ sich von der beiseite geschobenen
MutterIwans, der Prinzessin
Anna von
Braunschweig,
[* 8] so weit gewinnen, daß er mit Gardetruppen in der Nacht vom 19. zum den
Regenten in seinem Palais überfiel und mit seiner Familie auf die Festung
[* 9] Schlüsselburg schaffte. Man gab Biron schuld,
eine Thronveränderung beabsichtigt zu haben, und ein Gerichtshof, dessen Vorsitzende Münnich und Ostermann waren, verurteilte
ihn zum
Verluste aller
Ämter und Würden, zur Konfiskation seines Vermögens und zumTode; aber die Regentin
Anna verwandelte
diese
Strafe in lebenslängliche
Verbannung nach
Sibirien. Am langte in dem ihm zum
Aufenthalte bestimmten Pelym (Gouvernement
Tobolsk) an. Wenige Wochen später aber wurde er durch die inzwischen zum
Throne
gelangte Kaiserin Elisabeth aus Pelym, wo nun Münnich einzog, entlassen und in Jaroslaw interniert. Hier lebte er in erträglichen
Verhältnissen während der ganzen Regierungszeit Elisabeths. Die Thronbesteigung desKaisersPeter III. gab
ihm die
Freiheit, die der Kaiserin
Katharina II. das Herzogtum
¶
mehr
Kurland wieder, aus welchem russ. Truppen den von Polen unterstützten HerzogKarl vonSachsen,
[* 11] einen Sohn Augusts Ⅲ., vertrieben.
Am kam Biron zum erstenmal als kurländ. Herzog nach Mitau, dankte jedoch schon zu Gunsten seines ältesten
SohnesPeter ab und starb – Dieser, Peter, Reichsgraf von Biron, Herzog von Kurland und Sagan,
[* 12] geb. zu Mitau, teilte in der Jugend das Schicksal seines Vaters, wurde 1762 mit ihm zurückgerufen und zum Generalmajor
in der russ. Armee ernannt.
Seine Regierung (1769‒95) war angefüllt mit Streitigkeiten mit der kurländ. Ritterschaft, welche
endlich dazu führten, daß Biron, als das SchicksalPolens, dessen Vasall er war, sich entschied, gegen ein Jahrgehalt
von 50000 Dukaten zu Gunsten Katharinas Ⅱ. abdankte, sich selbst aber und seinem Hause alle Rechte souveräner Herren vorbehielt.
Nach seiner Entsagung lebte er bald in Berlin,
[* 13] bald auf seinen Herrschaften Sagan und Nachod, und starb zu
Gellenau in Schlesien.
[* 14]
Aus seiner dritten Ehe mit Anna Charlotte Dorothea, geb. Reichsgräfin von Medem (geb.
gest. auf ihrem Gute Löbichau im Altenburgischen), entsprossen 4 Töchter. Die jüngste, Dorothea, geb. 1809 vermählt
mit Edmund, Herzog von Talleyrand-Périgord und Herzog von Dino inCalabrien, seit durch königl. Investitur Herzogin
von Sagan, starb worauf ihr ältester Sohn, Napoleon Ludwig, Herzog von Valençay, geb. ihr in dem preuß.
Lehnsfürstentum Sagan, der zweite, Alexander Edmund, geb. durch Session seines VatersHerzog
von Dino, in der Herrschaft Deutsch-Wartenberg folgte. –
Vgl. Tiedge, Anna Charlotte Dorothea, letzte Herzogin von Kurland (Lpz.
1823).
– Durch den Bruder des letzten Herzogs von Kurland, Karl Ernst von Biron, geb. den zweiten Sohn des Herzogs ErnstJohann, wurde der Mannsstamm des Hauses fortgepflanzt. Er starb und hinterließ zwei Söhne. Der älteste derselben,
Prinz Gustav Calixt von Biron, geb. wurde nach der VereinigungKurlands mit dem RussischenReiche zum russ. Gardeoffizier
und Kammerherrn ernannt, trat später in preuß. Kriegsdienste und erwarb 1802 die
schles. Standesherrschaft Polnisch-Wartenberg.
Nachdem er an den Feldzügen der franz.-deutschen Kriege teilgenommen, starb er als preuß. Generallieutenant und Gouverneur
der Festung Glatz
[* 15] Aus seiner Ehe mit Franciska, Tochter des Grafen von Maltzan, stammten 3 Söhne: KarlFriedrich Wilhelm,
geb. gest. Calixt Gustav
Hermann, geb. gest. der seinem Bruder in den Herrschaften Polnisch-Wartenberg und Perschau folgte; Peter
Gustav Hermann, geb. der als preuß. Offizier starb.
Chef des Hauses ist der Sohn Calixts, Gustav, Prinz Biron von Kurland, geb. in Dresden,
[* 16] preuß.
Lieutenantà la suite der Armee.