Titel
Biron
(Biren), 1)
Ernst
Johann,
Herzog von
Kurland,
[* 2] geb. Sohn eines kurländischen Gutsbesitzers,
Namens Bühren,
wurde Kammerjunker am
Hof
[* 3] der früh verwitweten Herzogin
Anna Iwanowna von
Kurland, der
Nichte
Peters d. Gr.
Bald wußte der schöne Mann sich seiner Gebieterin unentbehrlich zu machen, und als letztere 1730 den russischen
Thron
[* 4] bestieg,
folgte er ihr trotz der
Protestation des russischen
Adels, welcher Birons
Übersiedelung nach Rußland zu verhindern
gesucht hatte. Er stieg rasch von
Stufe zu
Stufe, wurde Oberkammerherr,
Reichsgraf (als solcher nahm er
Namen und
Wappen
[* 5] der französischen
Herzöge von an) und in kurzer Zeit der mächtigste Mann im
Reich, unter dessen
Ägide
Münnich und
Ostermann die Angelegenheiten
des
Staats im
Krieg und im
Frieden leiteten.
Als 1737 die männliche
Linie des Kettelerschen
Hauses erloschen war, ward Biron
durch
Annas Einfluß zum erblichen
Herzog von
Kurland
erwählt.
Kurz vor ihrem
Tod ernannte ihn die
Kaiserin zum Vormund ihres unmündigen Nachfolgers
Iwan, in dessen
Namen Biron
die
Würde eines Reichsregenten bekleiden sollte. Biron
war zwar energisch und thätig, aber auch
herrschsüchtig bis zur Grausamkeit (viele
Tausende wurden auf seinen Befehl hingerichtet, selbst die vornehmsten
Geschlechter,
wie die
Dolgorukijs, wanderten ins
Exil oder mußten das
Schafott besteigen), prachtliebend und genußsüchtig. Seine
Regentschaft
nach dem
Tode der
Kaiserin war von kurzer Dauer. Im
Namen der
Mutter
Iwans bemächtigte sich
Münnich 20. Nov. mit
Hilfe des Preobrashenskischen
Regiments der
Person Birons
und stellte ihn in
Schlüsselburg vor ein außerordentliches
Gericht, das ihn zum
Tod verurteilte.
Doch ward dies
Urteil nicht vollstreckt, sondern Biron
zu ewiger Gefangenschaft nach Pelym in
Sibirien gebracht. Die
Kaiserin
Elisabeth
rief ihn indessen schon aus
Sibirien zurück und wies ihm
Jaroslaw
als
Wohnsitz an, während
Münnich in das Gefängnis Birons
nach
Sibirien geschickt wurde. In
Kasan
[* 6] fuhren, wie erzählt wird, die beiden Gegner wortlos
aneinander vorbei. Erst
Peter III. hob seine
Verbannung 1762 förmlich auf, und
Katharina II. setzte ihn 1763 trotz
Sachsens
Remonstrationen wieder in den
Besitz
Kurlands, das er trotz seiner autokratischen
Neigungen mild und gerecht regierte.
Nachdem er die
Regierung 1769 seinem Sohn
Peter abgetreten, starb er
2)
Peter,
Reichsgraf von Biron
,
Herzog von
Kurland und
Sagan,
[* 7] ältester Sohn des vorigen und, wie man meint,
der
Kaiserin
Anna Iwanowna, geb. zu
Mitau,
[* 8] teilte in seiner
Jugend das
Geschick seines
Vaters, wurde aber 1762 von
Peter
III. zum
Generalmajor der
Kavallerie ernannt. Unter seiner
Regierung (1769-95) brach die Unzufriedenheit der
Stände offen aus;
sie verklagten ihn in
Petersburg,
[* 9] und
Katharina nötigte den
Herzog zur Unterzeichnung einer Abtretungsurkunde,
die er gegen einen Jahrgehalt von 50,000
Dukaten und gegen Bezahlung von 500,000
Dukaten für seine kurländischen
Domänen zu gunsten Rußlands unterzeichnete.
Ihm blieben nur die in Deutschland [* 10] teils vom Vater, teils von ihm selbst acquirierten Besitzungen Wartenberg und Sagan in Schlesien [* 11] und Nachod in Böhmen. [* 12] Er starb auf seinem Gut Gellenau in Schlesien. Seine dritte Gemahlin war seit 1779 die durch Schönheit, edlen Sinn und Geist ausgezeichnete Anna Charlotte Dorothea, geborne Gräfin Medem (geb. gest. auf ihrem Gut Löbichau im Altenburgischen), die Schwester der Gräfin Elise von der Recke (vgl. Tiedge, Anna Charlotte Dorothea, letzte Herzogin von Kurland, Leipz. 1823). Die jüngste ihrer vier Töchter, Dorothea, geb. vermählt 1809 mit Edmund, Herzog von Talleyrand-Périgord und Herzog von Dino in Kalabrien (gest. ward infolge königlicher Investitur Herzogin von Sagan, starb worauf ihr ältester Sohn, Ludwig, Prinz von Chalais und Herzog von Valençay, geb. ihr im preußischen Lehnsfürstentum Sagan, der zweite, Alexander, geb. durch Zession seines Vaters Herzog von Dino, in der Herrschaft Deutsch-Wartenberg folgte.
3)
Gustav Kalixt,
Fürst Biron
, geb. Sohn
Karl
Ernsts von Biron
,
Bruders des vorigen, ward, von der
Kaiserin
Katharina anfangs zum
Herzog von
Kurland bestimmt, nach der Vereinigung
Kurlands mit Rußland zum russischen Gardeoffizier
ernannt, trat später in preußischen Militärdienst, erwarb 1802 die schlesische Standesherrschaft
Polnisch-Wartenberg und
erhielt vom
Kaiser
Alexander I. wegen seiner etwanigen Ansprüche auf
Kurland eine jährliche
Rente von 18,000
Dukaten, worauf er sich den
Titel
Fürst
Biron-Wartenberg beilegte. Er nahm an den
Feldzügen von 1813 und 1814 teil und starb als
Generalleutnant und
Gouverneur von
Glatz
[* 13] in
Ems.
[* 14] Jetziges
Haupt des fürstlichen
Hauses
Biron-Wartenberg
ist
Gustav, geb.
Leutnant im 2.
Garde-Ulanenregiment zu
Berlin.
[* 15]