Titel
Birmingham
[* 2] (spr. börming-häm), 1) die größte Metallwerkstätte und nächst Manchester [* 3] die größte Fabrikstadt Englands, liegt im nordwestlichen Teil von Warwickshire, am Flüßchen Rea, 100 m ü. M., in der Nähe reicher Eisen- und Kohlengruben und im Mittelpunkt einer großartigen Kanal- und Eisenbahnverbindung, 175 km von London. [* 4] Der ältere Stadtteil mit seinen engen Gäßchen, zahllosen hohen, qualmenden Schornsteinen und unansehnlichen, rauchgeschwärzten Backsteinhäusern gewährt keinen erfreulichen Anblick; die neuern Stadtteile dagegen sind schön angelegt, mit breiten Straßen und eleganten Gebäuden; namentlich enthält die Vorstadt Edgbaston zahlreiche Villen der Fabrikherren.
Unter den zahlreichen
Kirchen ist die Martinskirche am
Bull
Ring das einzige Gebäude Birminghams
, welches, obgleich arg entstellt,
wenigstens teilweise aus älterer Zeit (dem 13. Jahrh.) stammt. Vor ihr
steht eine
Bildsäule
Nelsons. Die
katholische
Kathedrale ist ein gotischer Neubau von Pugin. Unter den öffentlichen Gebäuden
ragt das 1832-35 von
Hansom und Welch erbaute Stadthaus
(Town
Hall)
[* 5] hervor. Es ist dem
Tempel
[* 6] des
Jupiter
Stator nachgebildet und
ruht auf 46 korinthischen Marmorsäulen.
Der große Saal enthält eine ausgezeichnete Orgel von Hill und eine Büste Mendelssohns, der hier 1846 die erste Aufführung seines »Elias« dirigierte. Dem Stadthaus gegenüber stehen die stattlichen Municipal Buildings mit den Bureaus der Stadt, mit 50 m hohem Turm. [* 7] Dicht bei diesen Gebäuden sind Denkmäler Priestleys (s. d.) und R. Peels errichtet. Von andern Gebäuden sind zu erwähnen: die von Eduard VI. gegründete Freischule, in neuem gotischen Bau von Ch. Barry (1831), mit einer Fassade von 56 m;
das Gebäude der Midland Institution, mit korinthischer Säulenhalle (1855-66 erbaut);
die von Mason 1872 gegründete polytechnische Schule (Science College) und die Börse (1865 von Holmes im gotischen Stil erbaut).
Bemerkenswert sind ferner: die große Markthalle, Bingley Hall (ein Riesenbau für Viehausstellung und Volksversammlungen), der Zentralbahnhof mit gewölbtem Dach [* 8] (320 m lang, 65 m breit), das 1845 im gotischen Stil errichtete Zellengefängnis und das danebenstehende Irrenhaus. Denkmäler sind außer den oben bereits erwähnten dem Dr. Attwood und Sturge errichtet worden. Unter den öffentlichen Parken ist namentlich der von Aston zu nennen. Das alte Herrenhaus (Manor House) in dessen Mitte dient jetzt als Museum.
Noch zu Ende des 17. Jahrh. zählte Birmingham
kaum 5000 Einw.,
aber bereits 1801 hatte es deren 70,670, 1881 zählte es 400,774 Einw. ohne
die von
Aston Manor (53,842), einer nördlichen Vorstadt. Birmingham
ist Sitz eines deutschen
Konsuls. Die Bewohner Birminghams
zeichnen
sich durch Fleiß, Sparsamkeit und Erfindungsgabe aus, wozu wohl nicht wenig der Umstand beiträgt, daß
Tausende hier nicht
wie anderswo in großen
Fabriken, sondern als kleine
Meister arbeiten. Die
Industrie erstreckt sich auf
die verschiedensten Gegenstände, aber der Hauptsache nach kann man Birmingham
als die größte Werkstätte für Metallwaren
(hardware) in
Europa
[* 9] bezeichnen.
Hier werden
Gold,
[* 10]
Silber,
Messing,
Kupfer,
[* 11]
Bronze,
[* 12]
Eisen
[* 13] und
Stahl zu den verschiedensten
Artikeln von dem kleinsten Zierat (daher
Birmingham
the toy-shop of Europe genannt wurde) bis zur größten
Maschine
[* 14] durch
Hammer
[* 15] oder Guß verarbeitet.
Wegen seiner Waffenfabrikation war Birmingham
früher besonders berühmt. An Wohlthätigkeitsanstalten ist Birmingham
reich;
außer mehreren
Krankenhäusern hat es eine
Taubstummenanstalt, eine Blindenschule und eine
Besserungsanstalt für jugendliche
Verbrecher.
Unter den Bildungsanstalten verdienen genannt zu werden:
Queen's
College (für
Mediziner und
Juristen), die
von
Mason 1872 gegründete polytechnische
Schule
(Science
College), zwei medizinische
Schulen in
Verbindung mit
Krankenhäusern,
das Midland
Institute mit
Museum,
Laboratorium
[* 16] und
Kunstschule, ein theologisches
College der
Independenten bei Springhill, drei
katholische
Colleges (in Edgbaston, Olton und Oscott), ein
Lehrerseminar und eine
Hochschule für
Frauen. Die öffentlichen
Volksschulen
der Stadt sind vollkommen konfessionslos. Eine große öffentliche
Bibliothek sorgt für Verallgemeinerung
der
Bildung, ein
Kunstverein für
Veredelung des
Geschmacks. - Birminghams
wird zwar bereits im Doomsdaybuch unter dem
Namen Bermingeham
gedacht, aber erst seit der Zeit
Cromwells spielt es eine
Rolle in der
¶
mehr
Geschichte. Damals (1643) lieferte es den Parlamentstruppen Waffen
[* 18] und wurde als Strafe vom Prinzen Rupert niedergebrannt. Als
nach der Restauration Karls II. metallene Zieraten Mode wurden, bemächtigte sich Birmingham
des neuen Industriezweigs und behauptet
darin auch noch heutigestags die Oberhand. Mit Einführung der Dampfmaschine
[* 19] (seit 1780) ist seine Industrie stetig
zu dem heutigen Umfang angewachsen. Jetzt ist Birmingham
Sitz der Radikalen, aber zur Zeit der französischen Revolution (1791) brannte
der Pöbel das Haus des freisinnigen Priestley (s. d.) nieder.
Vgl. Langford, Modern and its institutions (Birmingh. 1873-77, 2 Bde.);
Bunce, History of the corporation of Birmingham
(das. 1878). -
2) Vorstadt von Pittsburg (s. d.).