ein zum Großherzogtum
Oldenburg
[* 2] gehörendes, vom Hauptkörper aber abgesondert liegendes
Fürstentum auf
der linken Seite des
Rheins, südlich am
Hunsrücken, wird ganz von der preußischen
Rheinprovinz
[* 3] (s.
Karte
»Oldenburg«) begrenzt und umfaßt ein
Areal von 503 qkm (9,13 QM.). Das
Klima
[* 4] des vorherrschend bergigen, vom
Hochwald und
Idarwald
durchzogenen Ländchens ist auf den
Höhen rauh, in den geschützten
Thälern mild, im ganzen aber gesund.
Die
gleichnamige Hauptstadt des
Fürstentums, 381 m ü. M., an einem
Bach und durch eine Zweigbahn mit der
Rhein-Nahebahn (5
km) verbunden, ist Sitz der
Landesbehörden und eines Amtsgerichts, hat eine evangelische und eine kath.
Pfarrkirche, ein
Gymnasium,
Holzschuh-,
Zichorien-, Tabaksfabrikation,
Gerberei, Bierbrauerei,
[* 8]
Viehzucht und
[* 9] (1880) 2539 meist
ev. Einwohner (618 Katholiken). Etwa 1 km von Birkenfeld liegt auf einem
Berg die alte
BurgBirkenfeld, einst
Residenz der
Herzöge von
Pfalz-Birkenfeld.
- Das jetzige
FürstentumBirkenfeld ist ein
Aggregat mehrerer Länderteile, die früher nie einen selbständigen
Staatskörper bildeten, sondern zu den verschiedensten
Staaten gehörten.
1) Zum Großherzogtum Oldenburg gehöriges Fürstentum (s. Karton zur Karte: Hannover,
[* 13] Schleswig-Holstein,
[* 14] Braunschweig
[* 15] und
Oldenburg), 210 km südlich vom Hauptlande entfernt, am Hunsrück und am obern Lauf der Nahe, wird von den preuß.
Reg.-Bez. Trier und Koblenz
[* 16] begrenzt und besteht aus der hintern GrafschaftSponheim, die nach selbständigem Bestehen (1044‒1437)
an die Häuser Pfalz und Baden fiel, aus Teilen des Fürstentums Zweibrücken des Oberrheinkreises und
aus der keinem Reichskreise einverleibt gewesenen Herrschaft Oberstein, die vom 12. Jahrh. bis 1682 eigene Herren hatte (von
Daun und Oberstein, später Grafen von Falkenstein genannt), 1766 an Leiningen-Heidesheim, dann an Trier kam.
Das Fürstentum hat 502,89 qkm und (1890) 41242 E., darunter 32391 Evangelische, 8044 Katholiken und 583 Israeliten,
und ist ein steiniges Bergland, durchzogen von Zweigen des zum Hunsrück gerechneten Idar- und Hochwaldes, die hier bis zu 630 m
Höhe aufsteigen. Die Nahe, die an der Südgrenze entsteht, durchfließt das Land in gewundenem Laufe. Durch ihr Thal
[* 17] ist
die Rhein-Nahe-Bahn mit großen Kosten geführt. Ungeachtet der vielen Berge, Felsen und ausgedehnten
Wälder, die 200 qkm (davon 32,3 Proz. Staatsforst) einnehmen, hat Birkenfeld Ackerland
und infolge des milden Klimas in den untern Thälern auch etwas Weinbau, der jedoch immer mehr zurückgeht. Doch wird nicht
genug
¶
mehr
24 Brotfrucht zur Deckung des Bedarfs gewonnen. Von größerm Belang ist die Viehzucht, namentlich die Rindviehzucht. Das
häufige Vorkommen von Achatsteinen hat zu einem eigentümlichen Gewerbe Veranlassung gegeben, zu dem sog. Obersteinischen
Fabrikwesen, das wesentlich im Schleifen und Verarbeiten von Achaten zu Bijouteriewaren (120 Schleifereien mit 8000 Arbeitern)
besteht, dessen Hauptsitze die StädteOberstein (s. d.) und Idar sind. Neben diesen Achatwaren führt Birkenfeld nur
noch Vieh, Holz,
[* 19] Schiefer und Eisen
[* 20] aus.
Das Fürstentum ist in die 2 Amtsgerichtsbezirke Birkenfeld (ehemals Sponheimisches Gebiet) und Oberstein und in 5 Bürgermeistereibezirke
eingeteilt. Dem Regierungskollegium zu (ein Präsident und zwei Mitglieder), unmittelbar dem Ministerium
zu Oldenburg unterstellt, liegt die gesamte Civilverwaltung ob. Der Provinzialrat setzt sich aus 15 Abgeordneten zusammen
und wird jährlich zweimal durch die Provinzialregierung einberufen. Birkenfeld gehört zum Bezirk des 8. Armeekorps und zum Landgericht
Saarbrücken, bei dem ein oldenb. Richter Sitz und Stimme hat.
Das prot. Kirchenwesen steht unter dem 1823 errichteten Konsistorium; die zwölf luth. und zwei reform.
Pfarreien sind einem Superintendenten unterstellt, der zugleich Mitglied des Konsistoriums ist. Die sieben kath.
Pfarreien werden von einem Dechanten beaufsichtigt, der unter dem Bischof von Trier steht. Die 4 israel. Synagogengemeinden
haben 1 Landrabbiner, der in der Stadt Birkenfeld seinen Sitz hat. An der Spitze der selbständigen Gemeindeverwaltungen
stehen Bürgermeister als Staatsbeamte. Die Ausgaben des Fürstentums betrugen (1890) 530950 M., die Einnahmen 533250 M. -
Vgl. Barnstedt, Geogr.-histor.-statist.
Beschreibung des Fürstentums Birkenfeld (Birkenf. 1845); Böse, Das Grohherzogtum Oldenburg
(Oldenb. 1803).
2) Hauptstadt des Fürstentums B.,in 382 m Höhe, am Zimmerbach, 40 km südöstlich von Trier, an der Linie
Bingerbrück-Neunkirchen (Bahnhof Birkenfeld-Neubrücke) der Preuß. Staatsbahnen
[* 21] und der der Stadt Birkenfeld gehörigen Privatbahn Birkenfeld-Neubrücke-Birkenfeld
(5,23 km), ist Sitz des Regierungskollegiums, des prot. Konsistoriums, eines Amtsgerichts (Landgericht Saarbrücken) und
hat (1890) 2443, als Bürgermeisterei 7135 (3530 männl., 3605 weibl.) E., Post zweiter Klasse, Telegraph,
[* 22] Zollamt, Steuerrezeptur; evang. und kath.Kirche, großherzogl.
Gymnasium mit Realabteilung (Direktor Back, 13 Lehrer, 141 Schüler), höhere Privatmädchenschule, Elisabethkrankenhaus; Fabrikation
von Holzschuhen, Tabak
[* 23] und Cichorien, Gerberei, Bierbrauerei, Viehzucht und Viehmärkte.
Nahebei auf einer Anhöhe das alte, zerfallene Residenzschloß oder «Burg Birkenfeld», im 14. Jahrh. von den GrafenSponheim erbaut,
und das kleine Bad
[* 24] Sauerbrunnen bei dem Dorfe Hambach mit drei eisenhaltigen Säuerlingen, der Trink-,
der Bade- und der Albertusquelle, sowie Schwollen (Dorf) oder der «Birkenfelder
Sauerbrunnen», jod- und bromhaltige, alkalische Eisenquellen. Bei dem Dorfe Brücken
[* 25] eine Holzessigfabrik (Verein für chem.
Industrie zu Frankfurt
[* 26] a. M.) und bei dem Dorfe Abentheuer eine Holz-Imprägnierfabrik.
– Der Ort war bis 1733 Residenz der Pfalzgrafen Zweibrücken-Birkenfeld.