Bingen
,
[* 2] Kreisstadt in der hess.
Provinz
Rheinhessen, in reizender
Lage, 80 m ü. M., am linken
Ufer des
Rheins, an der
Mündung der
Nahe, über welche die alte sogen. Drususbrücke (mit sieben
Bogen)
[* 3] und eine Eisenbahngitterbrücke führen, und
an den
Linien
Mainz-Bingen und
Worms-Bingen der Hessischen Ludwigsbahn, hat 1 evangelische und 3 kath.
Kirchen (die
gotische
Pfarrkirche aus dem 15. Jahrh. mit romanischer
Krypte aus dem 11. Jahrh.), eine
Synagoge, ein 1863 im mittelalterlichen
Stil restauriertes
Rathaus,
Tabaks-,
Stärke-, Schaumweinfabrikation,
Gerberei, eine Gasleitung, bedeutenden Weinbau, Weinhandel,
lebhaften Speditionshandel,
Schiffahrt und (1880) 7062 Einw., davon 1224
Evangelische und 542
Juden. Bingen
ist
Sitz eines Amtsgerichts, einer
Handelskammer, eines
Hauptsteueramts und einer
Realschule zweiter
Ordnung.
Über der Stadt die Burgruine
Klopp mit vortrefflicher Aussicht auf den
Rhein und den
Rheingau;
[* 4] darüber liegt der
Rochusberg
mit den Aussichtspunkten Scharlachkopf und Rochuskapelle, auf der Südseite der durch seinen
Wein berühmte
Scharlachberg. Unterhalb der Stadt ist das
Binger
Loch, ein für die
Schiffahrt sonst sehr gefährlicher
Punkt. Hier steht mitten
in dem brausenden
Strom auf einem
Felsen der sogen.
Mäuseturm (nach einigen s. v. w. Mautsturm, nach neuerer Forschung aber
von Muserie,
»Geschütz«, abzuleiten), in welchem der
Sage nach der
Erzbischof
Hatto II. von
Mainz
[* 5] 969 von
den
Mäusen gefressen ward. Der
Strom drängte sich hier mit
Gewalt durch die
Felsen des eingeengten Flußthals.
Schon die
Römer
[* 6] eröffneten daselbst für die
Schiffahrt durch Sprengung der
Felsen am linken
Ufer eine
Bahn; doch war dieselbe noch schmal
und vielfach gefährdet und ist erst seit den von der preußischen
Regierung 1832 ausgeführten Sprengungen hinlänglich sicher
geworden. - Bingen
(Vincum oder Bingium) gehörte zur Römerzeit zum belgischen
Gallien und war eine Stadt der Vangionen.
Der römische
Feldherr
Drusus erbaute hier 13
v. Chr. ein
Kastell, das letzte in der Verteidigungslinie der
Römer am
Rhein, dessen Reste sich noch heute an der östlichen, westlichen und südlichen Seite der
Ruine
Klopp zeigen. Gleichzeitig
schlug
Drusus über die
Nahe eine
Brücke,
[* 7] die 71
n. Chr. zerstört, 368 aber wiederhergestellt wurde. Die Stadt, im
Rheingau
belegen, war zunächst als
Lehen den
Rheingrafen
übertragen, von denen sie 1281 an das Erzstift
Mainz kam.
In der
Burg
Klopp wurde
Kaiser
Heinrich IV. 1105 von seinem Sohn gefangen gehalten. 1254 trat Bingen
dem rheinischen Städtebund
bei. 1301 wurde es vom König
Albrecht I. und 1495 vom
Pfalzgrafen
Philipp belagert, 1639 vom
Herzog
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Bernhard von Weimar,
[* 9] 1640 von den Kaiserlichen und 1644 von den Franzosen erobert, welch letztere 1689 die Burg nochmals nahmen
und sprengten, die Stadt selbst aber in Asche legten. Durch den Frieden von Campo Formio kam Bingen
1797 an Frankreich, bei welchem
es bis 1814 verblieb. Seit 1815 gehört es zum Großherzogtum Hessen.
[* 10] Nach der Sage liegt bei Bingen
der Nibelungenhort
im Rhein verborgen.