Billard
(vom frz. bille, spr. bij, «Kugel», «Ball»),
eine auf Füßen stehende, völlig wagerechte, herkömmlich mit
grünem
Tuche überzogene und mit einem erhabenen, elastischen Rande
(Bande) versehene
Tafel (von 220 bis 275 cm Länge und 110 bis 150 cm
Breite,
[* 2] gewöhnlich doppelt so lang als breit), auf der mit mehrern Elfenbeinbällen das Billard
spiel
ausgeführt wird. Die Versuche, quadratische, kreisförmige, ovale oder sechseckige Billard
einzuführen, haben keinen
Beifall gefunden. Die Billard
werden entweder so angefertigt, daß an den Langseiten je drei Öffnungen (Löcher)
angebracht sind, welche in Ballfänger (bascules) zur
Aufnahme der hineingespielten
Bälle führen, sog.
deutsche Billard;
oder so, daß keine Öffnungen vorhanden sind, sog. französische oder
Karambolage-Billards.
Bei den verschiedenartigen Partien, die auf dem Billard
von zwei oder mehrern
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Personen mit 2-22 Bällen, auch mit kleinen, in der Mitte der Tafel aufgestellten Kegeln (5 an der Zahl) gespielt werden (z. B. gewöhnliche Partie, Karoline oder Russische, [* 4] Pyramide-, Doublé-, Karambolage-Partie, Kegelpartie, gewöhnliche Poule, Kegel-Poule), setzt der Spieler seinen Ball oder einen besondern Spielball durch Stoßen mit einem an der Spitze mit Leder versehenen Stäbe (Queue), der mit Kreide [* 5] eingerieben wird, um das Abgleiten zu verhüten, in Bewegung, um einen andern Ball so zu treffen, daß letzterer (der Zielball) in eine der Öffnungen oder, wie in der Kegelpartie, Kegel-Poule u. s. w., in die Kegel getrieben wird, oder endlich noch einen andern Ball berührt.
Bei einigen Partien werden, wenn der Spielball keinen Ball trifft oder selbst sich in eine Öffnung oder in die Kegel verläuft, diese Fehler dem Gegner gutgeschrieben. Im Fuchsspiele und bei der sog. Asperdo-(à se perdre)Partie zählen jedoch Verläufer, wenn ein anderer Ball berührt wurde, für den Spielenden. Die Partie ist gewöhnlich beendet, sobald einer der Spielenden die vorher festgesetzte Pointszahl gewonnen hat; doch giebt es auch Partien, die unter den besiegten Teilnehmern bis zum Unterliegen des letzten fortgesetzt werden, oder welche die Vereinigung sämtlicher Einsätze auf nur einen übrigbleibenden Sieger bezwecken. Je nachdem der zweite Ball voll, über, unter oder neben seinem Mittelpunkt getroffen wurde (natürlicher Stoß, Nachlaufstoß, Effektstoß zum Zurückklappen, Effektstoß zur Rechten oder Linken), dreht er sich in einer von dem Spieler abgewendeten oder demselben zugekehrten Richtung um seine Achse.
Letztere liegt, wenn der Vall voll genommen, d. h. wenn nach dem Mittelpunkte beider Bälle visiert ist (Centralstoß), in einer horizontalen, bei seitlichen (excentrischen) Stößen in einer nach rechts oder links geneigten Ebene. Die schon hieraus sich ergebende Mehrheit von Kombinationen wird noch durch die Einwirkung der Gesetze vermehrt, nach welchen sich das Zusammentreffen elastischer Körper regelt. Ein völlig horizontaler Centralstoß giebt die Bewegung des Spielballs an den Zielball völlig ab, sodaß der Spielball stehen bleibt und der angestoßene weiterläuft.
Hochstöße lassen den Spielball noch nach dem Auftreffen fortrollen oder, falls sie mit besonderer Stärke [* 6] geführt wurden, über den Zielball hinwegspringen: bei Klappstößen bleibt dagegen der Spielball vermöge seiner dem Spieler zugewendeten Drehung im Augenblicke der Zusammenkunft mit dem andern Balle entweder stehen oder läuft selbst zurück, wenn der Stoß sehr kräftig war. Der voll getroffene Ball bewegt sich in der Richtung des Spielballs fort, während die Linie, welche der zur Seite getroffene Ball beschreibt, mit der vom Spielballe durchmessenen Linie einen Winkel [* 7] bildet (Schnitt). Wird ein Ball ohne
Effekt an die Bande gespielt, so muß der Winkel, in welchem er abprallt, ebensoviel Grade haben wie der, in welchem er auftraf;
bei Effektstößen ist der Winkel des Abschlags je nach dem gegebenen Effekt größer oder kleiner als der des Anschlags. Hierauf
beruht das Brikolieren, wo der eine Ball den andern im Rückschlag von der Bande trifft, ingleichen das Doublieren,
bei welchem der Spielball den Zielball an die Bande treibt, um ihn durch den darauffolgenden schrägen Anschlag an die beabsichtigte
Stelle zu bringen. Von sonstigen Stößen sind noch zu erwähnen: Doublé, Triplé, Quarte, Quinte, Kopfstoß
(massé), Quetscher,
Billardeur
, Kicks.
Das Billard
spiel scheint sich im 16. Jahrh, in Italien
[* 8] aus dem Ballspiel entwickelt und zunächst in Frankreich
Eingang gefunden zu haben, von dort aus aber im 18. Jahrh, nach Deutschland
[* 9] und dem übrigen Europa
[* 10] gekommen zu sein. In Frankreich
stand es bei Ludwig XIV. in Gunst und verbreitete sich deshalb als noble jeu de billard
in der vornehmen
Welt. Zum öffentlichen Halten eines Billard
war anfänglich eine besondere Konzession erforderlich. In Paris
[* 11] waren die billards
paulmiers, deren es 1789 nur 200 gab, förmlich patentiert und hatten ihre eigenen Reglements. Gegenwärtig ist diese Beschränkung
aufgehoben und das Billard
spiel in den weitesten Kreisen verbreitet.
Die Billard
fabrikation hat in neuester Zeit in Deutschland großen Aufschwung genommen. Als bedeutendste Fabrikationsplätze
sind Berlin,
[* 12] Breslau,
[* 13] Hannover,
[* 14] Köln,
[* 15] Mainz
[* 16] und Straßburg
[* 17] anzuführen. Besonders Hannover, Köln und Mainz dürfen mit Recht
behaupten, die solidesten und in konstruktiver Hinsicht die besten Billard
der Welt zu liefern. - Das erste Erfordernis
eines guten Billard
ist eine genau wagerechte Spielfläche. Anfangs wurde diese aus Holz,
[* 18] später aus Stein, Glas,
[* 19] Marmor, Granit
und Schiefer hergestellt.
Letzterer verdient erfahrungsgemäß vor jedem andern Material den Vorzug. Die von den Banden umschlossene Spielfläche muß
etwa doppelt so lang als breit sein (s. oben). Die 3 cm dicke Schieferplatte
wird bedeckt mit einem dünnen, gleichmäßig gewebten, möglichst straff ausgespannten, feinen, grünen Tuche. Nicht minder
wichtig ist die Billard
bande, von der Richtung und Geschwindigkeit des abschlagenden Balles sowie ein bequemer Stoß abhängen.
Der Berührungspunkt des Balles mit der Bande soll möglichst in der Nähe des Ballmittelpunktes liegen, um
das Springen des Balles zu vermeiden, höchstens ein paar Millimeter darüber. Je höher die Bande über dem Ballmittelpunkt
liegt, desto größer ist die Differenz zwischen Anschlag- und Abschlagwinkel.
Die Bande muß durchweg gleichmäßig elastisch, nicht zu weich und nicht zu hart sein und darf nur einen geringen Eindruck des Balles zulassen. Die früher gebräuchlichen Polster-, Metall- und Federbanden genügten vorstehenden Anforderungen nicht und sind durch die Gummibande verdrängt. Das vulkanisierte Paragummi ist dem natürlichen vorzuziehen, weil letzteres zu sehr unter Einwirkung der Temperatur leidet. Eine genügend elastische Bande muß den Ball 6-7mal abstoßen (ihm 6-7 «Banden geben»).
Das Billard
wird vermittelst der Wasserwage und der im Unterteil der Billardfüße
befindlichen eisernen Mutterschrauben
wagerecht gestellt. Der Unterteil eines Billard muß aus schwerem, hartem Holze fest gebaut sein, damit selbst die
stärkste Bewegung des Spielers keinen Einfluß auf die Bewegung der Bälle hat. Zu Billardbällen ist nur das weiche, elastische
Elfenbein geeignet. Ein solcher Ball muß gut ausgetrocknet und bei 60 mm Durchmesser 190-200 g schwer
und genau rund sein. Das Spielstab- oder Queuegewicht für diese Ballschwere müßte 4-600 g, demnach das 2-3fache Ballgewicht
betragen, je nach dem mehr oder weniger elastischen Stoße des Spielers. Das Queue muß genau gerade, gut biegsam
und oben mit einer Elfenbeinspitze versehen sein. Der richtigste Durchmesser der Queuespitze ist 13-14 mm. Die mittlere und
beste Queuelänge beträgt 142 cm und der Schwerpunkt
[* 20] dieses Queue muß 40-45 cm
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vom untersten Ende liegen. Ein Queueleder soll gleichmäßig aufliegen, fest, aber doch elastisch sein und nicht im geringsten vorstehen; die Form soll flachrund sein, mit etwas scharfer Kante. –
Vgl. Coriolis, Théorie mathématique des effets du jeu de billard (Par. 1835);
Möley, Unterricht im Billardspiel (Lpz. 1841);
Kranefeldt, Das feine Billardspiel (Berl. 1874);
Th. An. Thropos, Der elegante Billardspieler (Kolberg [* 22] 1873);
Bogumil, Das Billardbuch (Lpz. 1876);
Lange, Illustrierte Beschreibung der Billardbande (Hannov. 1884);
Bogumil, Gesamte Billardpraxis (in «Tableaus und Albums», Lpz. 1890);
ders., Meister im Billardspiel (3. Aufl., ebd. 1891);
Toeppen, Das Carambolespiel (2. Aufl., Wien [* 23] 1890);
Achard, Die Kunst des Billardspiels (5. Aufl., Berl. 1891).