Bill
(engl., lat. billa
, Korruption von bulla,
Urkunde) ist zunächst allgemeiner
Ausdruck für eine Reihe von
Urkunden.
So hieß
Bill of complaint in Chancery im frühern
Verfahren die Klagschrift, welche den Prozeß im Kanzleigericht eröffnete.
Daher: The bill
was dismissed = die Klage wurde abgewiesen. Die Untersuchungsjury
(Grand Jury) findet
im
Strafverfahren eine true bill
, wenn die
Anklage prima facie als begründet angesehen wird. Ferner bezeichnet Bill
eine
Rechnung,
ein Plakat, einen Wechsel (in ausführlicherer Form
Bill of exchange) u. s. w.- Insbesondere versteht man unter Bill
einen dem
Parlament vorgelegten Gesetzentwurf.
Jede hat in beiden Häusern drei Lesungen durchzumachen; bei der zweiten Lesung wird über das Princip
der Bill
debattiert: zwischen der zweiten und dritten Lesung erfolgt die
Beratung «in Committee», in der die einzelnen
Paragraphen
besprochen und häufig abgeändert werden. Das sog.
Komitee besteht in der Regel aus allen Mitgliedern (Committee of the whole
house), nur führt statt des Lord-Chancellor,
bez. statt des Speaker, der Chairman of Committees den Vorsitz,
und die Verhandlung geht in formloserer
Weise vor sich. In Ausnahmsfällen wird eine an eine Specialkommission (Select Committee)
aus 15 Mitgliedern verwiesen.
Seit 1882 sind im
Unterhause die beiden sog.
Grand Committees eingeführt worden, die aus je 60-80 Mitgliedern
bestehen und an die
Stelle des Committee of the whole house treten, wenn es sich um Handelsangelegenheiten oder Angelegenheiten
der Rechtspflege handelt. Nach der Kommissionsberatung wird über das Resultat an das Haus berichtet (Report) und schließlich
erfolgt die dritte Lesung. Wenn das Haus, das zuletzt eine Bill
berät, dieselbe verändert, so
muß sie in ihrer veränderten Gestalt an das andere Haus zurückverwiesen werden und, wenn dann wieder
Veränderungen der
Veränderungen vorgenommen werden, ist eine zweite Rückverweisung nötig.
Für die Erzielung einer Einigung bei
Konflikten giebt es verschiedene Proceduren.
Sog. Money bills
, d. h. Bill
, welche den
Staatshaushalt
betreffen, können nur von der Regierung beantragt und müssen in erster Linie dem
Unterhause vorgelegt
werden. Die
Beratung über diese Bill
erfolgt zuerst im Committee of the whole house, das Committee of Supply heißt, wenn
es sich um
Staatsausgaben handelt, Committee of Ways and Means, wenn es sich um
Staatseinnahmen handelt. Die
Beschlüsse, welche aus diesen
Beratungen hervorgehen, werden gewöhnlich am Ende der Sitzungsperiode in einen
Appropriation
Act und einen Customs and Inland
Revenue
Act zusammengefaßt.
Das
House of Lords hat das
Recht, die betreffenden
Entwürfe zurückzuweisen (was übrigens in neuerer Zeit
nie geschieht),
darf sie aber nicht abändern. Bill
, welche
Religion oder
Handel betreffen, kommen im
Unterhaus nicht zur
Beratung, wenn die allgemeinen Grundsätze, welchen sie
Ausdruck geben sollen, nicht vorher durch Beschluß im Committee of
the whole house anerkannt wurden. Im übrigen kann jede Bill
sowohl dem
Unterhause als dem Oberhause zuerst vorgelegt und sowohl
von der Regierung als einem beliebigen Mitgliede eines der beiden Häuser beantragt werden.
Das letzte
Stadium ist die königl. Genehmigung. Es ist seit dem
Tode Wilhelms III. nicht vorgekommen, daß dieselbe versagt
wurde; wenn jetzt der
Souverän eine Bill
mißbilligt, so muß er zu verhindern suchen, daß sie zum Gesetz erhoben wird, was
durch Entlassung der Minister,
Auflösung des Parlaments u. s. w. erreicht werden kann. Das bis jetzt
besprochene
Verfahren bezieht sich nur auf
Public bills (s.
Act). Bei Private bills ist der Schwerpunkt
[* 2] der
Beratung im Committee.
Die Committees, welchen Private bills vorgelegt werden, bestehen aus 4-5 Mitgliedern. Sie hören die Advokaten der Parteien, welche die Bill befürworten oder sie zu verändern oder ihren Erfolg zu verhindern suchen (insofern sie ein Interesse am Gegenstand derselben haben), vernehmen Zeugen und verhandeln überhaupt mehr in den Formen einer gerichtlichen als einer gesetzgebenden Behörde. Auch die Form, in der die königl. Zustimmung erteilt wird, zeigt, daß es sich bei der Private bill mehr um die Entscheidung in einem Konflikt zwischen Privatinteressen als um einen gesetzgeberischen Akt handelt. Während es bei Public bills heißt: «Le [* 3] roi (la reine) le veult», lautet die Formel bei Private bills: «Soit fait comme il est désiré». Hauptthätigkeit der Gesetzgebung durch Private bills ist die Erteilung von Konzessionen an Eisenbahn- und Kanalgesellschaften.