Bill
Brücken I

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Brücke. (neulat. billa
, von libellus), in
England jeder schriftliche
Aufsatz, daher z. B. Bill
of exchange,
Wechsel; besonders
aber in parliament) der parlamentarische
Vorschlag eines
Gesetzentwurfs, verschieden von einer
Motion,
[* 2] die
nur der vorbereitende
Antrag zu jener oder das mündliche Gesuch eines Mitgliedes um die Erlaubnis, eine Bill
einzubringen,
ist oder auch gar keine Bill
zum Gegenstand hat, wie ein
Antrag, den Zustand des
Landes zu untersuchen, eine
Adresse an den König
zu entwerfen, eine
Kommission niederzusetzen etc. Privatbills
, welche irgend eine
Verfügung zu
gunsten
einzelner
Personen oder
Korporationen betreffen, z. B. die
Naturalisation oder die Erlaubnis, eine
Brücke
[* 3] zu bauen und Brückenzoll
zu erheben, können nicht anders als durch eine
Petition, d. h. ein schriftliches Gesuch, eingeleitet werden, das von einem
Mitglied des
Hauses übergeben, wenn es nötig erscheint, durch eine
Kommission geprüft und dann entweder
verworfen, oder insofern angenommen wird, daß darauf eine Bill
eingebracht werden kann.
Den Bills
über öffentliche Angelegenheiten (public bills) muß immer eine
Motion vorangehen. Wenn die Erlaubnis, die Bill
einzubringen,
erteilt ist, dann kann der
Vorschlag schriftlich übergeben werden. In einem solchen schriftlichen
Gesetzentwurf befinden sich
eine
Menge leerer
Stellen (blanks) für diejenigen Bestimmungen, welche dem
Parlament überlassen werden müssen. Jede Bill
wird
dreimal in herkömmlichen Zwischenräumen gelesen, d. h. beraten. Das erste
Mal wird hauptsächlich über das Annehmen oder
Verwerfen derselben im ganzen verhandelt, das zweite
Mal durch eine
Kommission oder in wichtigen Angelegenheiten durch das
ganze in ein
Komitee verwandelte
Haus diskutiert, wobei der Sprecher seinen
Stuhl einnimmt, mitspricht und mitstimmt und ein
andres Mitglied zum Vorsitzenden (chairman) erwählt wird.
Die leeren
Stellen werden ausgefüllt und Zusätze und Veränderungen (amendments) gemacht, wodurch häufig der
Gesetzvorschlag
ganz umgeschaffen wird. Nachdem diese
Arbeit beendigt ist, nimmt der Sprecher seinen Sitz wieder ein,
und der Chairman trägt die so berichtigte Bill
zur
Abstimmung über das Ganze wieder vor. Wenn ihre
Annahme durch die
Majorität
des
Hauses erfolgt, so wird sie ins
Reine und zwar mit sehr großer
Schrift auf
Pergament oder
Papier geschrieben (engrossed)
und dann zur dritten
Lesung geschritten.
Wird hierbei noch ein Zusatz gemacht, so wird er auf ein besonderes
Stück
Papier (rider genannt) geschrieben und dieses angeheftet.
Ist die Bill
so bei der dreimaligen Verlesung durchgegangen, so wird sie vor das andre
Haus gebracht, wo dasselbe
Verfahren,
mit Ausnahme des
Ingrossierens, noch einmal durchgemacht wird und die Bill
, wenn sie verworfen wird, stillschweigend
liegen bleibt.
Werden aber Zusätze und Veränderungen beschlossen, so findet eine Mitteilung derselben an das andre
Haus statt,
oder es werden nötigen Falls auch
Konferenzen zwischen abgeordneten Mitgliedern beider
Häuser abgehalten.
Leland Stanford Junior
![Bild 61.77: Leland Stanford Junior University - Le Mans [unkorrigiert] Bild 61.77: Leland Stanford Junior University - Le Mans [unkorrigiert]](/meyers/thumb/61/61_0077.jpeg)
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Leland Stanford Junior University.
Kommt keine Vereinigung beider
Häuser zu stande, so ist die Bill
durchgefallen (dropped). Ist aber die
Bill
von beiden
Häusern angenommen worden, so erhält
sie der König zur
Genehmigung. Die Bestätigungsformel bei einer Bill
über
öffentliche Angelegensten lautet: »Le
[* 4] roi (la reine) le veut« (»Der
König [die
Königin] will es«);
bei einer private bill:. »Soit fait comme il est désiré« (»Es geschehe, wie man gewünscht hat«);
bei einer Bill, welche die Bewilligung von Steuern und Taxen oder Anleihen betrifft (money bill): »Le roi (la reine) remercie ses loyaux sujets, accepte leur bénévolence et ainsi le veut« (»Der König [die Königin] dankt seinen [ihren] getreuen Unterthanen, nimmt ihr Wohlwollen an und will es ebenfalls«).
Billard

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Seite 2.951.Die höfliche Formel der Verweigerung ist: »Le roi (la reine) s'avisera« (»Der König [die Königin] wird Einsicht davon nehmen«). Von dem Verweigerungsrecht haben die Könige aus dem Haus Hannover [* 5] nie Gebrauch gemacht, die Regierung suchte vielmehr ihren Zweck durch die Majorität in dem einen oder dem andern Haus zu erreichen. In den Vereinigten Staaten [* 6] werden die Bills in ähnlicher Weise ¶
mehr
wie in England vom Kongreß oder den Staatslegislaturen behandelt. Der Präsident billigt (approves) oder mißbilligt (disapproves) die von beiden Häusern (Senat und Repräsentantenhaus) angenommenen Bills. Eine Zweidrittel-Majorität aber erhebt auch eine vom Präsidenten oder Gouverneur mit dem Veto belegte oder gemißbilligte Bill zum Gesetz. Ebenso wird jede von beiden Häusern angenommene Bill, wenn sie der Präsident nicht binnen zehn Tagen zurückschickt, ein Gesetz, sobald nicht eine Vertagung dazwischentritt.