Bildzauber
,
alte, schon von den indischen, chaldäischen, griechischen und römischen
Magiern geübte
Zauberei vermittelst eines
Bildes, welches man malte oder aus
Thon,
Wachs oder
Metall formte, um in der
Ferne auf diejenige
Person
zu wirken, welche dieses
Bild vorstellen sollte oder durch allerlei Prozeduren dazu geweiht war. Je nachdem man ein solches
Bild peinigte, mit
Nadeln
[* 2] stach, köpfte, ersäufte oder bei langsamem
Feuer schmolz, glaubte man die betreffende
Person zu peinigen,
ihr (durch einen
Stich in die
Leber)
Liebe einzuflößen, sie durch den
Schuß zu verletzen (s.
Hexenschuß) oder zu töten oder
sie durch die letzterwähnten Prozeduren einem langsamen Siechtum zu überliefern. Zum Liebeszauber fertigte
man auch wohl die beiden
Bilder der zu verbindenden
Personen und manipulierte mit ihnen. In der Meleagersage ist dieses
Motiv
dichterisch verwertet worden; die erotischen Dichter der Griechen und
Römer
[* 3] erwähnen des Bildzaubers
häufig. Im
¶
mehr
Mittelalter und in den Hexenprozessen spielte das deutsch Atzmann, französisch vols oder voûts (vultus) genannte Zauberbild eine große Rolle, und die Päpste erließen zahlreiche Bullen gegen seinen Gebrauch. Später wurde die Anklage, mittels Wachsbilder dem König nach dem Leben zu stehen (envoûter), am französischen Hof [* 5] der Gegenstand zahlreicher politischer Prozesse, die fast ohne Unterbrechung von der Regierung Karls IX. bis zu der Ludwigs XIII. dauerten und verschiedenen mißliebigen Staatsmännern, namentlich dem Minister Concini (s. Ancre), das Leben kosteten.
Die Quelle
[* 6] dieses in verschiedenen Formen über die ganze Erde verbreiteten Aberglaubens beruht in der Vorstellung des Menschen,
daß sein Bild einen wirklichen Teil seiner Person darstelle, weshalb Naturvölker reisenden Ethnologen
oft große Schwierigkeiten machen, wenn diese ihnen mittels der Photographie ihr Bild stehlen wollen. Nach der Ansicht des Mittelalters
gehörten aber noch Teile der sogen. Mumie (s. d.) des lebenden Menschen, nämlich Haar,
[* 7] Haut
[* 8] oder Nägelabschnitzel desselben,
die dem Bild eingefügt wurden, oder eine kirchliche Taufe auf den Namen desselben dazu, um sein Schicksal
mit dem des Bildes unauflöslich zu vereinigen. In demselben Sinn glaubte man auch durch den Schatten
[* 9] oder durch Ausschneiden
und Räuchern seiner Fußspur im Boden dem betreffenden Menschen schaden zu können. Man hütete sich deshalb sehr, irgend welche
Abfallstoffe des Körpers in die Macht fremder Menschen geraten zu lassen, und die mittelalterlichen Schriften sind voll von
Mitteln zur Abwendung des Bildzaubers.