dem ältern Sprachgebrauch nur in der eigentlichen Bedeutung von Gestaltung oder Gestalt (Bild) geläufig,
wird in der neuern Sprachweise (seit J. ^[Justus] Möser) vorwiegend im übertragenen Sinn von der durch Erziehung und Unterricht
bedingten geistigen Entwickelung des Menschen gebraucht. In dieser Anwendung ein bevorzugtes Schlagwort des Zeitalters,
teilt es mit den meisten Lieblingswörtern desselben das Schicksal, daß sein Gepräge, wie bei einer abgegriffenen Münze,
sich verwischt hat und sein Sinn vieldeutig geworden ist.
Oft wird vergessen, daß zur wahren Bildung des innern Menschen die Bildung des Verstandes und des Gemüts (d. h. des Gefühls und des
Willens) gehört; oft wird ein äußerlich angenommener Schliff mit wirklicher Bildung verwechselt.
Daß unter Bildung sowohl die Thätigkeit des Bildens (Unterrichtens, Erziehens) als auch das Ergebnis dieser Thätigkeit
verstanden werden kann, liegt in der Form des Worts begründet. Minder berechtigt ist die Unterscheidung materialer Bildung (Bereicherung
oder Reichtum an Kenntnissen) und formaler Bildung (Befähigung zur Auffassung, Beurteilung, Darstellung), da
eigentlich ausschließlich die letztere den Namen Bildung beanspruchen und die erstere nur als Hilfsmittel der Bildung angesehen werden
kann, wogegen wieder mit Recht die allgemeine Bildung der Fachbildung, die harmonische der einseitigen, die gesunde Bildung der Verbildung,
die abgeschlossene der Halbbildung gegenübergestellt wird.
Ganz entsprechend der zu Grunde liegenden Vorstellung des künstlerischen Bildens, spricht man von verschiedenen Bildungsidealen
und demnach von christlicher, patriotischer, nationaler, humaner, humanistischer oder gelehrter, realistischer Bildung. Nach
dem Bildungsgang endlich unterscheiden sich akademische und seminaristische, Gymnasial- und Realschulbildung etc.
Übrigens ist der ältere Sinn des Worts durch diesen neuern pädagogischen Gebrauch nicht völlig verdrängt.
In den Naturwissenschaften z. B. findet sich dasselbe noch oft in jenem Sinn gebraucht (organische Bildung, normale Bildung etc.).
auf dem Gebiete des sinnlich Wahrnehmbaren die Form und Gestalt eines Dinges. Da die
Äußerungen des geistigen Lebens sowohl des einzelnen Menschen wie größerer Gruppen und Massen von Menschen ebenfalls eine
bestimmte Gestalt annehmen, so überträgt sich diese Bedeutung auch auf das gesamte Gebiet des geistigen Lebens. Hier machen
sich innerhalb des geistigen Lebens gewisse Musterbilder des Vortrefflichen, Maßstäbe der Beurteilung
geltend, mit welchen man das, was sich der Auffassung darbietet, vergleicht. Wie mannigfaltig die Richtungen und Gesichtspunkte
sind, nach welchen ein solches Musterbild sich geltend macht, so vielfach modifiziert sich der Begriff der und spricht man
z. B. von wissenschaftlicher, religiöser, sittlicher, politischer, pädagogischer,
industrieller, militärischer Bildung u. s. w., oder auch mit Rücksicht auf die
Unterschiede der geistigen Thätigkeiten, um deren Übung,
mehr
Entwicklung und Vervollkommnung es sich handelt, von Bildung des Gedächtnisses, der Phantasie, des Verstandes, des Charakters,
des Herzens u. s. w.
Sehr häufig bezeichnet man auch den Inbegriff dessen, was ein Individuum, ein Volk wie ein Zeitalter in diesen verschiedenen
Gebieten und Richtungen erreicht hat, als die Bildung desselben. Sucht man diesen Inbegriff zu einem System der
Bildung zu gliedern, so behauptet den obersten Rang die moralische Bildung. Während durch diese die allgemeinen
Grundfesten der Gesellschaft gestützt werden, erwirbt der Mensch durch intellektuelle Bildung die Mittel zur Herrschaft über die
Natur, und hiermit die Befähigung, seine Sorgen und Interessen von dem Kampfe um die nächsten Lebensbedürfnisse
hinweg der Anordnung jener moralischen Angelegenheiten zuzuwenden, in denen die Bestimmung des Menschenlebens besteht.
Und wie die intellektuelle Bildung sich zur moralischen als Mittel und Werkzeug verhält, so zu ihr wieder die Ausbildung in den
agrarischen, technischen, merkantilen, gymnastischen, militärischen und industriellen Geschicklichkeiten und Fertigkeiten.
Die harmonische Entfaltung aller Anlagen des Menschen aber ist nur durch ästhetische Bildung zu erreichen,
da diese teils durch Gewöhnung an das Verständnis des künstlerischen Lebens, teils durch Veredlung und Verfeinerung der
gesamten Gefühlsweise die Einseitigkeiten der einzelnen Bildungsrichtungen aufhebt. Die Untersuchung und Darstellung des
histor. Verlaufs, den die Bildung des Menschengeschlechts bei verschiedenen Völkern und zu verschiedenen
Zeiten genommen hat, ist Gegenstand der Kulturgeschichte. - Über die Bildungsanstalten (Volksschulen, Seminare, Gymnasien, Universitäten
u. s. w.) s. die Einzelartikel.