Bildhauerkunst
,
[* 2]
Skulptur, Plastik, die Kunst, dem Steinblock durch Behauen eine Form zu geben,
die genau dem vom Bildhauer hergestellten Modell entspricht. Was das
Technische anbetrifft, so wird das Behauen der
Steine
in neuerer Zeit meist nicht vom Künstler selbst betrieben, sondern durch besonders hierzu geschulte
Steinmetzen. Bei der
Auswahl des
Steins kommt es vornehmlich darauf an, daß das Gefüge desselben eine gleichmäßig feste
Beschaffenheit habe. Zu den beliebtesten Steinarten gehört der Sandstein und wegen seiner Reinheit und Schönheit der Marmor.
Des farbigen Marmors ebenso wie des
Alabasters bedient man sich meist nur zu dekorativen
Arbeiten. Außerdem sind aber auch
härtere Steinarten, wie
Basalt, Granit und Porphyr, für die Zwecke der Bildhauerkunst
zur Anwendung gekommen, insbesondere
bei den Ägyptern.
Ehe man an die Ausführung des Bildwerks in Stein schreitet, fertigt man ein Modell davon in der beabsichtigten Größe gewöhnlich in Thon, das man dann in Gips [* 3] abformt. Diese Vorarbeiten sind deshalb nötig, weil im Stein, wenn man einmal zu tief geschlagen hat, keine Berichtigung mehr möglich ist. Bei überlebensgroßen Bildwerken pflegt man ein Modell in Lebensgröße zu fertigen, um so die Verhältnisse bis in die feinsten Einzelheiten hinein feststellen und sie hernach auf die größern Verhältnisse übertragen zu können. Um sodann für das Behauen des Steins die richtigen Maße zu gewinnen, umgab man früher das Modell mit einem Netzgitter sich rechtwinklig durchschneidender Fäden; dasselbe Netz zeichnete man dann auf den Steinblock und schlug nun nach dem Augenmaße das Nötige weg; diese Methode, die praktische genannt, konnte nur eine oberflächliche Richtigkeit gewähren.
Seit L. Bildhauerkunst
Alberti wandte man die sog. akademische Methode an. Man befestigte nämlich
über dem Modell einen
Rahmen und ließ von diesem Fäden mit Bleigewichten niederhängen, durch welche man durch Übertragung
am
Block die erhabensten Punkte gewann und von diesen aus weiter nach den tiefern Punkten messen konnte (das sog.
Punktieren; vgl. die kleine
Schrift von H. Schittenhelm, Weim. 1894); doch gelangte man auch hierdurch
zu keiner völligen Genauigkeit. Erst in jüngster Zeit wird ein eigentlich wissenschaftliches
Verfahren beobachtet; dasselbe
besteht darin, daß man durch ein Winkelinstrument oder Tasterzirkel vorerst drei der vorzüglichst erhabenen Punkte des
Modells in ihrer gegenseitigen Entfernung bestimmt und dann nach Maßgabe des
Instruments dieselben Punkte
an dem
Steine bezeichnet, d. h. an den betreffenden
Stellen so viel wegschlägt, bis die genügende
Tiefe gewonnen ist. Von
diesen drei feststehenden Punkten aus gewinnt man dann
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mehr
neue Punkte durch Messungen, die man auf dieselbe Weise auf den Stein überträgt; dies Verfahren wiederholt man so lange, bis alle wichtigern Punkte im Steine nach der Lage, die sie am Modell haben, angegeben sind. Der Bildhauer R. Toberenz in Berlin [* 5] hat neuerdings eine Maschine [* 6] erfunden, welche dieses Punktieren einfach und genau besorgt. Darauf beginnt erst die eigentliche Ausarbeitung des Steins, zuerst im Gröbern, hernach immer feiner. Die Instrumente zum Behauen des Steins sind der Meißel, [* 7] von verschiedener Form und Benennung, der mit dem Hammer [* 8] getrieben oder neuerdings auch als Druckluftmeißel (s. Preßluftwerkzeuge) angewendet wird, der Bohrer, [* 9] den man für schärfere Tiefen nimmt, und die Raspel für die Ebnung des Steins; die weiche Glätte giebt man dem Bildwerk durch den Bimsstein. Politur wendete erst der Barock- und Empirestil an. Der Bemalung der Skulpturen bei den Alten, welche sowohl für figurale als architektonische Bildhauerarbeiten in Anwendung kam, wurde erst in neuerer Zeit wieder gebührende Aufmerksamkeit gewidmet. (S. Polychromie und Griechische Kunst.) - Über das Geschichtliche s. Bildnern und die betreffenden Abschnitte in den Artikeln über die Kunst der einzelnen Länder.