Bildgießerei
oder Rotgießerei, ein Zweig der Bildnerei (s. d.), besteht im wesentlichen darin, daß von dem modellierten Bildwerke eine Form genommen und diese durch geschmolzenes Metall, am besten Bronze, [* 2] ausgegossen wird (s. Abguß), oder daß, wie besonders bei Statuen, das Bildwerk aus Wachs über einen feuerfesten Kern bossiert und darüber eine thönerne Form gelegt wird, in der Röhren [* 3] zum Ausströmen des geschmolzenen Wachses und zum Einströmen des Metalls ausgespart sind.
Die
Orientalen üben seit Jahrtausenden die Bildgießerei
mit großem Geschick. Die Griechen, die diese Kunst ebenfalls
früh anwendeten und zu einer hohen Vollendung brachten, verstanden bereits
Statuen in einem
Guß auszuführen und denselben
durch verschiedene Mischungsverhältnisse der
Bronze verschiedene
Farben zu geben. Hauptwerkstätten der Bildgießerei
waren
Korinth,
[* 4] Delos
und
Ägina. Seine
Blüte
[* 5] erreichte der Bronzeguß in den peloponnes. Schulen. Mit dem
Verfall der antiken Kunst sank
auch der Betrieb dieses Kunstzweigs.
Unter den aus dem
Altertum erhaltenen Bronzestatuen gehören neben den bedeutenden neuern Funden, wie namentlich den beiden
im
Tiber gefundenen Athletenfiguren, die Reiterstatue
Marc
Aurels (auf dem
Kapitol), der betende
Knabe (Museum in
Berlin)
[* 6] noch
immer zu den berühmtesten. Während des Mittelalters wurde die technische Kenntnis der Bildgießerei
durch
den Glockenguß lebendig erhalten. Zu den ältesten
Arbeiten der in
Deutschland
[* 7] (9., 11. Jahrh.) gehören die Bronzethüren
am
Münster
[* 8] zu
Aachen,
[* 9] an den
Domen zu Mainz,
[* 10]
Augsburg
[* 11] und Hildesheim
[* 12] (s. d.). Die ital.
Renaissance kam auch der Bildgießerei
zu statten.
Dem Giov. Pisano standen bei seinen
Arbeiten am
Brunnen
[* 13] in
Perugia tüchtige Gießer zur Seite; noch höher
steht die
Entwicklung unter
Andrea Pisano, Donatello,
Lorenzo Ghiberti und
Andrea Verrocchio zu
Florenz.
[* 14] Im 16. Jahrh. sind Bildgießerei
Cellini
und die venet. Familie der Lombardi in Bronzewerken hervorragend. Eine hohe Vollendung erlangte die Kunst des
Gusses in
Deutschland
durch die Familie Vischer von
Nürnberg,
[* 15] welche zahlreiche große Bronzearbeiten, wie das Sebaldusgrab,
Statuen am Monument
Maximilians I. in
Innsbruck,
[* 16] und kleinere Werke hervorbrachte. Ähnlich arbeitete die Familie Hilger in
Freiberg
[* 17] u. a. In der
zweiten Hälfte des 16. und im 17. Jahrh. erreichte die
Technik des Gießens eine besondere Höhe. Aus
dieser Epoche stammen die Werke des Bildhauers
Giovanni da Bologna und seiner Schule, des Leoni und Tacca in
Spanien,
[* 18] des Candito
und
Adriaen de
Vries in
Deutschland, des Gießers
Johann Balthasar
Keller (gest. 1702) in
Paris,
[* 19]
Johann Jacobi (geb. 1664) in
Berlin,
welcher Schlüters
Großen Kurfürsten goß,
Wolf Hieronymus Herold (gest. 1093) in
Nürnberg, der den
Nepomuk
auf der
Prager
Brücke
[* 20] herstellte.
Während des 18. Jahrh. waren namentlich die franz. Gießer berühmt; einer von diesen, Lequine, goß zu Anfang des 19. Jahrh. die größern Statuen für Schadow und Rauch. Seitdem haben die deutschen Gießer namentlich im Monumentenguß Großes geleistet. Einen bedeutenden Wirkungskreis wies ihnen König Ludwig I. von Bayern [* 21] in München [* 22] an, wo vor allen Stiglmayr der Begründer einer immer großartiger sich entwickelnden Thätigkeit wurde, welche Ferd. Miller fortsetzte, unter dessen Leitung der Guß des Riesenstandbildes der Bavaria (s. d.) zu stande kam. In Braunschweig [* 23] ist Howaldt, in Nürnberg Daniel Burgschmiet zu nennen, dessen Werkstätte von G. Lenz in rühmlichster Weise fortgeführt wird. Seit Rauchs Denkmal Friedrichs d. Gr. in Berlin und seit Fernkorns Arbeiten in Wien [* 24] erfreuen sich auch Berlin (Gladenbeck), Lauchhammer, Wien (kaiserlich königl. Kunsterzgießerei), Dresden [* 25] (Bierling) und andere Orte Deutschlands [* 26] bedeutender Gießereien.