Bijouterien
(spr. -schut-, Bijouterie
waren, von bijou,
»Kleinod«),
Schmucksachen [* 2] aller Art aus Gold, [* 3] Silber, Platina, Aluminium, Eisen, [* 4] Stahl und verschiedenen Legierungen, oft in Verbindung mit Edelsteinen, Perlen, Email, Korallen, [* 5] Schildkrot, Bernstein, [* 6] Muscheln [* 7] etc.; in Frankreich auch Gebrauchsartikel größern Formats, wie Dosen, Leuchter, Uhrgehäuse etc. Sie wurden früher ausschließlich vom Juwelier durch Handarbeit hergestellt, sind jetzt aber fast allgemein Gegenstand des Fabrikbetriebes geworden und zeigen vielfach alle Eigentümlichkeiten der Maschinenarbeit.
Während aber noch vor nicht langer Zeit die Fabrikation von Bijouterien
von schrankenloser
Willkür beherrscht
wurde, hat die allgemeine
Hebung
[* 8] des
Kunstgewerbes neuerdings auch auf sie einen veredelnden Einfluß geübt, indem geschmackvolle
Muster aus allen Kunstepochen nachgebildet werden. Bis zu diesem Aufschwung war
Frankreich die Herrin des
Marktes von Bijouterien.
Jetzt
wird diesem Land von
Österreich
[* 9] und
Deutschland
[* 10] eine stetig wachsende
Konkurrenz bereitet. In
Frankreich
beträgt der
Wert der erzeugten
Waren mit Einschluß der
Arbeiten aus echten
Edelsteinen und der feinen Stahlketten jährlich 85 Mill.
Frank; dabei sind in dieser
Industrie 860 selbständige Gewerbtreibende mit 7000 Arbeitern beschäftigt. In
Deutschland sind
Hanau,
[* 11] wo 2000
Arbeiter für 3 Mill. Mk.
Edelmetalle verarbeiten,
Pforzheim,
[* 12] wo in
ca. 400
Fabriken an 5000
Personen
beschäftigt sind,
Schwäbisch-Gmünd,
Stuttgart,
[* 13]
Berlin,
[* 14]
Nürnberg
[* 15] und
Eßlingen
[* 16] Hauptfabrikationsorte.
Vorzügliche
Waren liefert
Wien.
[* 17] Man schätzt den Wert derselben ohne die
Edelsteine
[* 18] auf jährlich 3 Mill.
Gulden; auch
Prag
[* 19] und
Pest leisten Hervorragendes. In der
Schweiz
[* 20] konkurriert Genf
[* 21] glücklich mit
Paris.
[* 22]
Italien
[* 23] zeichnet sich aus durch
Nachahmung antiker
Muster und besonders durch geschmackvolle
Filigran-,
Mosaik- und Muschelarbeiten. Von größerer Bedeutung
als die echten sind heutzutage die unechten Bijouterien
, welche aus allerlei Metalllegierungen,
Glasflüssen etc. dargestellt werden.
Am meisten werden
Bronze
[* 24] und
Tombak, weniger andre Kupferzinklegierungen, wie
Similor,
Oreide,
Prinzmetall etc., angewandt.
Man verarbeitet das
Metall mit derselben Sorgfalt wie
Gold und
Silber und gibt ihm durch gute Vergoldung
das Aussehen der echten Bijouterien
Frankreich
(Paris) liefert jährlich für 18 Mill.
Fr.
Falschschmuck und beschäftigt dabei über 3000
Arbeiter.
In
Birmingham
[* 25] sind 7500
Arbeiter in dieser
Industrie beschäftigt. Den
Wert der in
Wien erzeugten Bronzeschmuckgegenstände schätzt
man auf ½ Mill.
Fl.
Preußen
[* 26] hat in den
Kreisen
Altena
[* 27] und
Neuß
[* 28] beachtenswerte Fabrikation von Bijouterien
aus Neugold,
Tombak,
Messing,
Neusilber etc. Eine sehr gesunde Neuerung auf diesem Gebiet ist die Einführung goldplattierter
Waren, wie von
Talmigold,
Or doublé etc. Man überzieht unedles
Metall
(Kupfer
[* 29] oder
Legierung) mit
Gold und
verarbeitet es zu
Blech oder
Draht.
[* 30]
Die soliden Gegenstände dieser Art sind den billigen echten vorzuziehen, da die letztern aus so ungemein dünnem Goldblech bestehen, daß sie kaum mehr Gold enthalten als besseres Talmigold und mit ihrer Pechfüllung jedenfalls viel weniger haltbar sind als letzteres, bei welchem die dünne Goldschicht durch das mit ihr innig verbundene Blech aus unedlem Metall Festigkeit [* 31] erhält. Durch die Galvanoplastik [* 32] erzielt man auch hier schöne Effekte, verschiedenfarbige Vergoldungen, Inkrustationen etc. In neuester Zeit sind vernickelte Gegenstände sehr beliebt geworden. In Frankreich verarbeitet man gegenwärtig viel Aluminiumbronze, während das Aluminium selbst nur beschränkte Anwendung findet.
Stahlbijouterien
, durch schönen, aber nicht sehr haltbaren
Glanz ausgezeichnet, sind von der
Mode wiederholt begünstigt und
wieder verdrängt worden. Man hebt den Stahlschmuck durch geschmackvolle Verwendung von
Gold und
Silber,
Anlauffarben etc. Eine
Zeitlang haben sich
Berliner
[* 33] Eisenschmuckwaren, besonders Filigranarbeiten (fer de
Berlin), in der
Mode behauptet.
Zinnschmuck
mit facettierten, blanken
Flächen dient als Theaterschmuck; die versenkten, das
Licht
[* 34] gegenseitig sich
zuwerfenden
Flächen machen bei künstlichem
Lichte den
Effekt von
Brillanten.
Vielfache Anwendung findet im Bijouteriefach
Bernstein und als
Surrogat desselben
Kopal,
Gagat (schwarzer
Bernstein,
Jud,
Jet) und
zahlreiche
Imitationen desselben aus Braunkohlenpulver und
Steinkohlenpech etc., dann
Kannelkohle, gehärtetes
Kautschuk
(Ebonit), schwarze Glasmasse,
Bogwood (fossiles
Eichenholz aus irländischen
Torfmooren, welches schöne
Politur annimmt),
Schildpatt,
Perlmutter,
Elfenbein,
Horn,
Muscheln,
Ebenholz,
Leder,
Perlen,
Korallen,
Glasflüsse etc. In neuester Zeit hat man auch Käferflügeldecken,
Schmetterlingsflügel etc. zu Bijouterien
benutzt und namentlich mit erstern in
Verbindung mit
Rubin-, Diamantsplittern etc. prachtvolle
Sachen hergestellt.
Vgl. Neff, Der Bijouteriebazar (Stuttg. 1869-72, 4 Bde.);
»Le [* 35] Rubis, Journal de la Bijouterie« (Par.);
»Le Bijou« (Zeitschrift, das.);
Boyrin, Le livre de bijouterie (das. 1876).