Bier
(lat. cerevisia, franz. bière
, engl.
beer, ital. birra); ein aus gemalztem
Getreide bereitetes, der
geistigen Gärung unterworfen gewesenes und noch sehr langsam
fortgärendes Getränk, welches in großem Maßstabe in den Brauereien erzeugt und oft weithin versendet wird. Die Materialien,
aus denen man das B. herstellt, sind Wasser,
Getreide und
Hopfen. Am geeignetsten zum Bier
brauen ist die
Gerste und diese wird
auch am häufigsten hierzu verwendet; für manche Sorten setzt man noch
Weizen,
Hafer oder etwas
Reis zu.
Die
Gerste wird zunächst in
Malz umgewandelt, indem man sie nach dem Einquellen in Wasser auf der Keimtenne ausbreitet und
hier so lange liegen läßt, bis die Würzelchen hervorbrechen und ungefähr die 1½ fache Länge des Kornes erreicht haben.
Hierauf unterbricht man die Keimung und trocknet die Körner, welche nun
Malz heißen, zunächst an der
Luft ab (Luftmalz); nicht immer, aber gewöhnlich wird das
Malz dann noch einer höheren Temperatur ausgesetzt (Darrmalz),
wodurch es haltbarer und aromatischer wird. Für dunkele B. wird ein Teil des
Malzes so stark wie
Kaffee geröstet, es ist
dies das Farbmalz. Die Umwandlung der
Gerste in
Malz hat den Zweck, das darin enthaltene Stärkemehl bei
dem nun folgenden Einmaischen
mit Wasser in
Dextrin und
Zucker zu verwandeln.
Zuvor wird das
Malz noch grob gemahlen (geschroten). Da die
Gerste sich am besten zum
Malzen eignet und schon eine geringe Menge
davon hinreichend ist, um eine große Menge
Stärke in der angegebenen Weise umzuwandeln, so wird gewöhnlich
nur
Gerste gemalzt und das übrige
Getreide, falls man solches verwendet, in ungemalztem Zustande zugesetzt. Das Einmaischen
muß so geleitet werden, daß sämtliche
Stärke in
Dextrin, aber nur ein Teil des letzteren in
Zucker verwandelt
wird.
Der hierbei sich bildende Zucker wird Maltose genannt und der Stoff, welcher beim Keimen der Gerste sich bildet und beim Maischen diese Umwandlung bewirkt, Diastase. Die Maische wird dann von den Trebern getrennt und im Braukessel gekocht, wobei zugleich der Hopfen zugesetzt wird; die so erhaltene Flüssigkeit heißt nun Würze. Die Methoden des Maischens und Würzekochens sind sehr verschieden und lassen sich in zwei Hauptmethoden, das Infusions- und das Dekoktionsverfahren zusammenfassen.
Die gekochte Würze muß möglichst schnell und gut abgekühlt werden; dann bringt man sie in die Gärbottiche, setzt
Hefe
zu und leitet so die Gärung ein. Die gegorene Würze heißt dann Bier.
Durch die Gärung wird der vorhandene
Zucker (Maltose) zum größten Teile in
Alkohol und Kohlensäure zersetzt. Je nachdem die Gärung geleitet wird, unterscheidet
man untergärige und obergärige Biere;
bei ersteren setzt sich die
Hefe, welche während der Gärung neu gebildet wird und
durch deren Wachstum die Gärung überhaupt eingeleitet und fortgeführt wird, hauptsächlich unten am
Boden ab, bei letzteren, den obergärigen B. dagegen scheidet sie sich oben ab. Selbstgärende Biere
- ohne Hefezusatz
- werden nur in Belgien gebraut, sie haben stets einen säuerlichen Geschmack. Nach der Hauptgärung hat das B. noch eine
langsamer und ruhiger verlaufende Nachgärung durchzumachen; dieselbe
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findet bei untergärigem B. auf möglichst großen Lagerfässern statt (Lagerbier
). - Die verschiedenen Sorten von B. werden
teils nach den Ländern oder Städten benannt, aus denen sie stammen, so z. B. Bairisch B., Böhmisch
B., Nürnberger B., Berliner Weißbier
u. s. w. teils führen sie besondre Namen, wie: Bockbier, Salvatorbier
, Porter, Ale,
Gose u. s. w. - Das fertige Bier enthält außer Wasser Alkohol, Kohlensäure, Dextrin, gebräunte Eiweißstoffe,
die Extraktivstoffe des Hopfens, sowie kleine Mengen von Zucker, Glycerin, organischen Säuren und anorganischen Salzen.
Der Alkoholgehalt schwankt gewöhnlich zwischen 2 und 5 Proc., steigt bei Ale und Porter bis zu 8 Proc. Der Extraktgehalt, d. h. die Menge aller nichtflüchtigen Bestandteile, welche beim Verdampfen einer Probe B. zurückbleiben, beträgt meistens 5 bis 6 Proc., bei Bock und Salvator circa 9 Proc., bei manch anderen B. noch mehr. Ein gutes B. muß eine vollständig klare, schäumende Flüssigkeit sein, die, wenn nur aus gewöhnlichem Darrmalz dargestellt, eine hellgelblich-braune Farbe besitzt.
Die obergärigen Weizenbiere sind noch heller und werden Weißbier genannt. Dunkelbraunem B. erteilt man diese Farbe durch Zusatz von Farbmalz, häufiger aber noch durch Zuckerkouleur (gebranntem Zucker). Malzsurrogate, außer Kouleur, wie z. B. Stärkezucker, Stärkesyrup, werden jetzt sehr wenig noch verwendet, da sie mit versteuert werden müssen. Ebenso dürfte der Zusatz fremder Bitterstoffe an Stelle des Hopfens jetzt bei weitem seltener vorkommen, als früher. Das B. muß in Kellern aufbewahrt werden, die eine möglichst gleichmäßige Temperatur von 4 bis 5° R. besitzen. - Bier ist im Laufe der letzten Jahrzehnte ein sehr bedeutender Handelsartikel geworden und die Produktion hat sehr zugenommen, dagegen hat sich die Zahl der Brauereien vermindert, indem viele kleinere eingegangen sind.
Die größte Brauerei auf dem Kontinente ist die in Schwechat bei Wien, nächstdem einige andere große Brauereien in Wien und München. Die größten Brauereien sind jedoch in England. In dem Gebiete der deutschen Brausteuergemeinschaft (hierzu gehören nicht mit: Baiern, Würtemberg, Baden, Elsaß-Lothringen und Luxemburg) waren 1879 überhaupt 12742 Brauereien vorhanden, von denen 10117 gewerbliche und 1750 nicht gewerbliche, zusammen also 11867 in Betrieb waren, während 875 ruhten.
Während im Jahre 1872 in 14157 Brauereien 16102179 Hektol. Bier erzeugt wurden, so wurden im Jahre 1878/79 in nur 11867 Brauereien 20371925 Hektol. B. gebraut. Für das gesamte deutsche Reich wird das erzeugte Bierquantum in jenem Jahre auf 38464000 Hektol. angegeben. Österreich-Ungarn produzierte 1879 in 2297 Brauereien 11180681 Hektol. Bier, gegen 1878 um 142763 Hektol. weniger. Was die übrigen Länder anlangt, so produzieren in Hektol. Großbritannien und Irland: 45000000, Belgien: 7866000, Frankreich: 7500000, Rußland: 2214000, Holland: 1528000 Hektol. In den Vereinigten Staaten, wo man sich bisher nur auf die Erzeugung von Porter und Ale beschränkte, verbreitet sich seit mehreren Jahren schon die Brauerei von bayrischen und österreichischen Biersorten immer mehr; es waren dort 1875 schon 2783 Brauereien thätig. - Auch in Brasilien und in Japan existieren schon einzelne Brauereien. - Im Deutschen Reiche belief sich die Ausfuhr von B. im Jahre 1878 auf 2017129 Zentner, gegen 1688362 Zentn. in 1877, die Einfuhr dagegen auf 290154 Zentn. gegen 307514 Zentn. in 1877. - Die größeren Brauereien, welche B. oft weithin versenden, haben auf den Eisenbahnen jetzt fast alle ihre eigenen verschlossenen Biertransportwagen, im Sommer mit Eiskühlung; man gibt ihnen gewöhnlich einen weißen Anstrich, weil die weiße Farbe die Sonnenstrahlen nicht so absorbiert, wie die dunkeln. Eine ganz bedeutende Ausdehnung hat seit dem letzten Jahrzehnt das Flaschenbiergeschäft genommen; man erhält jetzt in allen größeren und mittleren Städten verschiedne Sorten Lagerbier, bayrisch und böhmisch Bier in Flaschen in das Haus geliefert. B. aller Art zahlt 4 M. Eingangszoll. S. Tarif im Anh. Nr. 25 a.