Titel
Bielefeld.
[* 2]
1) Landkreis, ohne die Stadt Bielefeld
, im preuß. Reg.-Bez.
Minden,
[* 3] hat 261,47 qkm, (1890) 48 130 (23 825 männl., 24 305 weibl.) E. und 34 Landgemeinden.
- 2)
Stadtkreis (12,21 qkm) und Kreisstadt im Landkreis Bielefeld
im preuß. Reg.-Bez.
Minden, in anmutiger Gegend am Nordfuße des
Teutoburger
Waldes, in 120 m Höhe, an der Linie Löhne-Hamm
der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 4] durch den
Bach
Lutter in die
Altstadt und Neustadt
[* 5] geteilt, hat (1890) 39 950 (19 070 männl., 20 874 weibl.)
E., darunter 4599 Katholiken und 681 Israeliten, in Garnison das 2.
Bataillon des Infanterieregiments
Graf
Bülow von
Dennewitz
Nr. 55; einen Oberbürgermeister,
Bürgermeister, 8 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete.
Unter den 5 (4 evang., 1 kath.) in Bielefeld
vorhandenen
Kirchen besitzt die Neustädter Marienkirche ein schönes Altarbild (14. Jahrh.) und das
Grabmal des
Grafen
Otto III. von Ravensberg und seiner Gemahlin Hedwig, die
Altstädter
Kirche einen geschnitzten
Altar
[* 6] (1508).
Bielefeld
ist Sitz des Landratsamtes für den Landkreis, eines Landgerichts (Oberlandesgericht
Hamm)
[* 7] mit 14
Amtsgerichten (Bielefeld
,
Bünde, Gütersloh,
Halle,
[* 8]
Herford,
[* 9]
Lübbecke, Minden, Oeynhausen,
Petershagen,
Rahden, Rheda, Rietberg,
Vlotho, Wiedenbrück) und einer Kammer für Handelssachen, eines Amtsgerichts,
Zoll- und Steueramtes, einer Handelskammer,
Reichsbankstelle und der Westfälischen
Bank.
Ferner bestehen ein königl. und städtisches evang. Gymnasium mit einem Realgymnasium, 1558 gegründet, 2 höhere Mädchenschulen, 7 Bürgerschulen, ein städtisches Krankenhaus, [* 10] Franciscushospital, Augenheilanstalt, Gasanstalt, Schlachthof sowie in der nahen Vorstadt Gadderbaum (s. d.) das Diakonissen-Mutterhaus für die Provinz Westfalen, [* 11] die Diakonenanstalt Nazareth und die Anstalt Bethel für Epileptische der Provinzen Westfalen und Rheinland (1500 Kranke) mit Kirche, beide umgeben von zahlreichen Häusern und Gehöften für fast sämtliche Zweige der Innern Mission, alle durch freiwillige Gaben erbaut und unterhalten (Leiter: Pastor von Bodelschwingh).
Ferner ist Bielefeld
Sitz des deutschen
Vereins «Arbeiterheim» zur Beschaffung eigener Häuser für Fabrikarbeiter.
Bielefeld
ist einer der wichtigsten Plätze
Deutschlands
[* 12] für Leinweberei und Flachsspinnerei. Die Leinenindustrie ward
im 16. Jahrh. durch Einwanderer aus den
Niederlanden begründet, die in und um Bielefeld
die Fabrikation der Schleier, der sog.
klaren Leinwand, und die Flachsspinnerei einführten. Der neue Erwerbszweig blühte besonders seit den
Zeiten des
Großen Kurfürsten
rasch auf.
Die
Batist- und Damastweberei, worin Bielefeld
ebenfalls einen vorzüglichen Ruf genießt, kam
seit dem Siebenjährigen
Kriege in
Aufnahme. Gegenwärtig liefert Bielefeld
besonders feinere Sorten Leinen. Außerdem ist die Fabrikation
fertiger
Wäsche, in der 160 Firmen arbeiten (zum
Teil mit
Dampf
[* 13] getriebene Nähmaschinen)
[* 14] und 3500
Personen beschäftigt sind,
in schwunghaftem Betrieb. Von hervorragender Bedeutung sind die Ravensberger
Spinnerei mit der Filiale in
Wolfenbüttel
[* 15] (30 200
Spindeln), die
Spinnerei
Vorwärts (10850
Spindeln), die beide zusammen für 9 Mill. M. jährlich fertig
stellen, und die 1863 begründete mechan.
Weberei
[* 16] (950
Stühle und 200 009
Stück Jahresproduktion). Die großartigen
Bleichen
um Bielefeld
sind meist nach irländ. und belg.
Systeme eingerichtet. In neuerer Zeit wird auch mit bestem Erfolge
Seiden-,
Sammet-und Plüschweberei betrieben.
Auch die Eisenindustrie (34
Anlagen, über 3000
Arbeiter) ist sehr bedeutend, darunter namentlich die Nähmaschinenfabrikation;
endlich noch Fabrikation von Cigarren,
Glas,
[* 17]
Asphalt, Filzpappe,
Cement, Leder und Ziegeln. Bielefeld
ist Sitz der
Leinen-Berufsgenossenschaft
und deren 3. Sektion sowie der 8. Sektion der
Berufsgenossenschaft der Schornsteinfegermeister des
Deutschen
Reichs. Ganz nahe bei der Stadt der
Sparrenberg mit der nach dem
Brande von 1877 wieder aufgebauten alten Feste Sparrenburg,
die, 1177 vom
Grafen
Bernhard von der Lippe
[* 18] erbaut, jetzt der Stadt Bielefeld
gehört. In derselben befinden sich Festsäle und ein
histor. Museum der
Grafschaft Ravensberg. Von ihr sowie von dem gegenüberliegenden, mit schönen
Anlagen
versehenen Johannisberge genießt man eine weite Aussicht. In der Nähe der zur
Erinnerung an das Dreikaiserjahr 1888 errichtete
Dreikaiserturm. - Bielefeld
kam um die Mitte des 9. Jahrh. an das
Kloster Corvei, erhielt 1250 die ersten Stadtgesetze und trat 1270 der
Hansa bei. Die
Reformation fand 1541 Eingang; 1609 kam die Stadt mit der
Grafschaft Ravensberg an
Preußen.
[* 19] -
Vgl. Fricke, und Umgegend (Bielef. 1891);
ders., Geschichte der Stadt und der Grafschaft Ravensberg (ebd. 1887);
ders., B.s Sparrenburg (2. Aufl., ebd. i893).
[* 1] ^[Abb.]