Einleitung
(Einleitung in die
Bibel,
[* 2] Introductio s.
Isagoge in Scripturam Sacram), derjenige
Zweig der theologischen
Wissenschaft, welcher sich mit dem Ursprung, der Geschichte und der
Beschaffenheit der
Bibel beschäftigt.
Die b. E. behandelt in ihrem allgemeinen Teil die Entstehungsgeschichte des
Kanon, die Geschichte des
Textes, seiner Übersetzungen
und Grundsprachen; im besondern Teil untersucht sie die Echtheit und
Integrität der einzelnen
Bücher, forscht nach Abfassungszeit
und Verfassern, nach Veranlassung undZweck derselben, bestimmt die allmähliche
Entwickelung ihrer kirchlichen
Autorität etc. Der
Charakter der biblischenEinleitung ist demnach ein historisch-kritischer; sie betrachtet die
Bibel unter
dem
Gesichtspunkt einer litterargeschichtlichen
Erscheinung und ist in diesem ihrem rein wissenschaftlichen
Charakter ein
Produkt
der neuern protestantischen
Theologie.
Einleitung, die Wissenschaft, welche die Geschichte der einzelnen biblischenBücher sowie die Entstehung
der ganzen Sammlung kritisch untersucht. Sie zerfällt in die allgemeine und die besondere Einleitung.Jene handelt
über die Sammlung, Anordnung und das kirchliche Ansehen der biblischenBücher als eines abgeschlossenen Ganzen, des Kanons
(s. d. und Bibel), über die Handschriften, die alten Übersetzungen, die Schicksale des Textes und die Mittel, ihn in seiner
ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen.
Die besondere Einleitung erörtert Verfasser, Leserkreis, Entstehungsverhältnisse, insbesondere Abfassungszeit und -Ort,
Komposition, Zweck und Inhalt. Das erste einer Biblische Einleitung ähnliche Werk ist das des Junilius in Afrika
[* 5] (um 550) «De partibus legis
divinae». Begründer der neuern Einleitungswissenschaft ist der Katholik Richard Simon in der «Histoire critique du VieuxTestament»
(Par. 1678; in Frankreich unterdrückt, daher dann Rotterd. 1685) und der «Histoire
critique du texte du Nouveau Testament» (Rotterd. 1689; deutsch von Cramer u. d. T.
«Kritische Historie des Textes des NeuenTestaments oder Kritische Schriften über das NeueTestament», mit Anmerkungen von Semler, 3 Bde.,
Halle
[* 6] 1776-80). Doch erst durch die freiern Untersuchungen prot.
Theologen, namentlich Semlers (s. d.) um die Mitte des 18. Jahrh.
und unter dem Einflusse Lessingscher Gedanken, erhielt die Biblische Einleitung ihre jetzige Gestalt als eine histor.-kritische Wissenschaft.
Bahnbrechend wirkten in dieser Beziehung Eichhorn («Einleitung ins AlteTestament», 4 Bde., Lpz.
1780-95; 4. Aufl., Gött. 1824; «Einleitung
ins NeueTestament», 5 Bde., ebd. 1820-27) und namentlich De Wette («Beiträge zur Einleitung ins AlteTestament», 2 Bde.,
Halle 1806-7; «Lehrbuch der histor.-kritischen Einleitung in die Bibel Alten und NeuenTestaments», Bd. 1, 8. Aufl.,
Berl. 1869; Bd. 2, 6. Aufl.
1860). Zu den gründlichsten Forschungen über das Neue Testament gehören die Werke K. A. Credners (s. d.). Die Auffassung
der alten Orthodoxie suchten zu erneuern Hengstenberg, «Beiträge zur Einleitung ins
AlteTestament» (3 Bde., Berl.
1831-39);
Hävernick, «Handbuch der histor.-kritischen Einleitung in das AlteTestament» (3 Bde., Erlangen
[* 7] 1839-56; der erste
und dritte Band
[* 8] hg. von Keil);
Keil, «Lehrbuch der histor.-kritischen Einleitung in die kanon. und apokryphischen
Schriften des Alten Testaments» (Erlangen 1853; 3. Aufl. 1873);
Guerike, «Histor.-kritische Einleitung in
das NeueTestament» (Lpz. 1843; 3. Aufl. 1868);
die neue
Bearbeitung von De Wertes «Einleitung ins NeueTestament» von Meßner und Lünemann (1860);
in gewissem Sinne auch V. Weiß, «Lehrbuch
der Einleitung in das NeueTestament» (Berl. 1886).
Völlig neue Gesichtspunkte hat die Wissenschaft der Einleitung ins Alte Testament
gewonnen durch die Ergebnisse der neuern Pentateuchkritik (Vatke, George, Reuß, Kuenen, Wellhausen). Die
Fragen der allgemeinen Einleitung sind in der Weise moderner Wissenschaft behandelt worden von Wellhausen bei der Neubearbeitung
von Bleeks «Einleitung ins AlteTestament» (6. Aufl. 1893). Ed. Reuß («Geschichte
der heiligen Schriften des Alten Testaments», Braunschw. 1881; 2. Aufl. 1890) versucht
die Einleitung im Zusammenhang mit der gesamten Geschichte des israel.
Volks darzustellen. Eine die Resultate der modernen Untersuchungen darstellende Einleitung ins Alte Testament giebt der Holländer
A. Kuenen (deutsch, Tl. 1 u. 2, Lpz. 1885-92); vgl. ferner Cornill, Einleitung in das
Alte Testament (im «Grundriß der theol. Wissenschaften» von Achelis,
Cornill, Ficker u. a., Tl. 2, Bd. 1, 2. Aufl.,
Freib. i. Br. 1892). Besonders hervorzuheben ist noch Holtzmanns «Lehrbuch
der histor.-kritischen Einleitung in das NeueTestament» (Freib. i. Br. 1885; 3. Aufl. 1892).
In England hat Davidson (Lond. 1862) die Einleitung ins Alte Testament wie Neue Testament (1868) behandelt.