Bezifferung
,
s. Generalbaß.
Bezifferung
146 Wörter, 1'038 Zeichen
Bezifferung,
s. Generalbaß.
(Bassus generalis), eine Baßstimme mit übergeschriebenen Zahlen, welche einen vollstimmigen Tonsatz in abgekürzter Weise darstellt. Heute werden solche bezifferte Baßstimmen den Schülern der Harmonielehre (s. d.) als Aufgaben zur Ausarbeitung eines vierstimmigen Satzes gegeben, wodurch sie die Verbindung der Akkorde und eine gute Stimmführung erlernen sollen. Generalbaß wird daher vielfach als gleichbedeutend mit Harmonielehre, ja mit Kompositionslehre überhaupt gebraucht (Generalbaß studieren).
Historisch ist der Generalbaß eine zur Bequemlichkeit der Organisten gegen Ende des 16. Jahrh. in Italien [* 3] aufgekommene, abgekürzte Akkordschrift, welche es dem auf der Orgel einen mehrstimmigen Tonsatz verstärkenden Spieler ermöglichte, korrekt die Harmonie der Singstimmen zu begleiten, ohne daß er nötig gehabt hätte, eine komplizierte Partitur zu lesen, die er sich auch erst aus den Stimmen hätte zusammenschreiben müssen. Zu Anfang des 17. Jahrh. fingen die Komponisten an, ihren Werken selbst den Generalbaß beizugeben.
Fälschlich hat man Ludovico Viadana für den Erfinder des Generalbasses gehalten; höchstens war er der erste, welcher einem mehrstimmigen Gesangsstück einen bis zum Ende mitgehenden begleitenden Baß (Basso continuo) beigab, den er als Generalbaß verstanden wissen wollte, ohne ihn jedoch zu beziffern (in seinen »Concerti ecclesiastici«, 1602). Der Continuo kam schnell in Aufnahme, wurde aber von andern Komponisten regelmäßig beziffert, so daß die Bezeichnungen Generalbaß, Basso continuo und Bassus pro organo gleichbedeutend wurden. Das ¶
Generalbaßspielen wurde in der Folgezeit eine durchaus unentbehrliche Kunst der Organisten, Dirigenten und Cembalisten, welche die Beherrschung des Tonsatzes voraussetzte, besonders später, als man von dem Generalbaßspieler auch verlangte, daß er den durch die Bezifferung angedeuteten nackten harmonischen Satz durch Durchführung von Motiven, Einflechtung von Gängen, Verzierungen etc. belebe. War der Generalbaß ursprünglich etwas Ähnliches wie unser Klavierauszug, so erhielt er später die Bedeutung einer abgekürzten, nur angedeuteten Begleitung einer Solostimme oder mehrerer konzertierender Stimmen auf der Orgel, dem Klavier, der Laute, Theorbe, Gambe und andern des mehrstimmigen Spiels fähigen Instrumenten. Am längsten hielt sich der Generalbaß für die Begleitung des Recitativs (Secco-Recitativ); heute ist er bis auf den erwähnten Gebrauch beim Unterricht gänzlich außer Gebrauch gekommen und hat daher die Kenntnis der Regeln des Generalbaßspiels nur noch Wert für solche, die ältern Kompositionen in ihrer ursprünglichen Gestalt näher treten wollen (in neuern Ausgaben wird der Generalbaß vielfach durch eine ausgeführte Begleitung ersetzt). Vgl. Generalbaßbezifferung.