Bewußtsein,
in objektiver Hinsicht der Inbegriff aller derjenigen Vorstellungen, welche dem Vorstellenden »bewußt«, d. h. von ihm als vorhanden gewußt, sind; in subjektiver Hinsicht das Wissen um Vorstellungen selbst (Bewußtheit). In jener steht es dem Nichtbewußtsein, d. h. dem Inbegriff aller derjenigen Vorstellungen, welche, wie z. B. die vergessenen, zwar einmal im B. waren und daher unter günstigen Umständen auch wieder in dasselbe zurückkehren (erinnert werden) können, im gegenwärtigen Augenblick jedoch nicht in demselben, also, bildlich gesprochen, »unter der Schwelle« des Bewußtseins (dunkel) sind,
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in dieser dagegen der »Unbewußtheit«, d. h. dem Nichtwissen um seine Vorstellungen, gegenüber. Die Menge der in jedem gegebenen Augenblick bewußten ist gegen jene der nichtbewußten Vorstellungen verschwindend klein; wer in seine Arbeit vertieft ist, weiß von seiner Umgebung, dem Ticken der Uhr, dem Geräusch auf der Straße, dem Gespräch im Nebenzimmer, durchaus nichts, obgleich die genannten Schallreize notwendig entsprechende Gehörsempfindungen in ihm erzeugen müssen.
Daher hat man auch mit Recht seit Locke von der »Enge des Bewußtseins« gesprochen, die stets nur einer geringen Menge von Vorstellungen gleichzeitig im B. gegenwärtig zu sein gestattet. Das »Nichtwissen« um Vorstellungen, welches im vorgenannten Fall durch die Konzentration der Aufmerksamkeit auf ein gewisses und Ablenkung derselben von jedem andern Gebiet des Vorstellens herbeigeführt wird, findet ebenso beim Erwachten in Bezug auf seine gehabten Traum-, beim Geisteskranken während des lichten Zwischenraums in Bezug auf seine im Zustand des Deliriums gehabten Wahnvorstellungen statt.
Daher sagt man, daß im Schlaf, in der Betäubung, Ohnmacht, Narkose, im Wahnsinn und ähnlichen Zuständen das Bewußtsein aufhöre, weil zwar nicht das Vorstellen selbst (das im Gegenteil als Traum, als Fieberphantasie sich oft in hohem Grad steigert), aber das Wissen um dasselbe verloren geht. Wie hier nach dem Verhältnis der Vorstellung zum Vorstellenden bewußte von unbewußter, so wird nach dem Verhältnis der Vorstellung zum (durch dieselbe) Vorgestellten die Vorstellung des eignen Selbst (Ichvorstellung, s. Ich) von jener der Außenwelt (Nichtichvorstellung) unterschieden und jener Geisteszustand, in dem beide letztere klar auseinander gehalten, innere und äußere Welt scharf gesondert werden, auch wohl Bewußtsein genannt. In diesem Sinn sagen wir, der Kranke sei nicht bei Bewußtsein, wenn er seine Fieberträume und Halluzinationen für Wahrheit oder sich selbst für einen andern hält, als er wirklich ist. Mit dem in subjektiver Hinsicht, dem Wissen um Vorstellungen, muß keineswegs das Wissen um dieselben als die unsern, das Selbstbewußtsein (s. d.), notwendig verbunden sein; vielmehr setzt letzteres das Vorhandensein der (keineswegs ursprünglichen) Vorstellung des eignen Ich, welchem die als vorhanden gewußten Vorstellungen zugeschrieben werden sollen, ebenso wie das Wissen um die letztern (deren Bewußtheit) bereits voraus.