Beugung,
im grammat. Sinn, s. Flexion.
653 Wörter, 4'536 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
im grammat. Sinn, s. Flexion.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
(grammatisch), s. Flexion.
Diffraktion oder Inflexion des Lichts, eine mit Interferenz (s. d.) verbundene Ablenkung des Lichts aus der geraden Fortpflanzungsrichtung. Sie wird beobachtet, wenn Licht durch schmale Spalten in schattengebenden Körpern hindurchgeht und in einiger Entfernung von einem Schirme aufgefangen wird. Man beobachtet dann, daß die Schattengrenze der Kante oder des Spaltbildes nicht scharf, sondern verwaschen und außerdem mit Streifen durchzogen ist. Es dringt also Licht in den Schattenraum, das Licht wird, wie man sagt, gebeugt. Diese Erscheinung wurde zuerst von Grimaldi 1665 beobachtet und später von Fresnel, der sie auf Interferenz zurückführte, und Fraunhofer genauer studiert.
Um einen einfachen Fall der Beugung zu erörtern, betrachten wir eine schmale, vertikale Spalte von der Breite b (Fig. 1), die durch eine ferne, kleine Lichtquelle senkrecht zu ihrer Ebene bestrahlt wird. Alle Punkte der Spalte wirken dann wie selbstleuchtend und gleichzeitig schwingend.
^[Abb. 1]
Auf einem sehr fernen Schirm von der Entfernung d treffen in der Symmetrieebene der Spalte diese Lichter ohne merklichen Wegunterschied zusammen und verstärken sich. Rücken wir auf dem Schirm um a nach links, bis der rechte Randstrahl einen um eine Wellenlänge λ größern Weg zurückzulegen hat als der linke Randstrahl, so hebt die linke Bündelhälfte die Wirkung der rechten auf; wir gelangen zu einer dunkeln Stelle. Hierbei ist, wie aus der Fig. 1 ersichtlich, sehr nahe
λ/b = a/d oder λ = b·a/d.
Setzen wir b = 1 mm, d = 10 m, beleuchten die Spalte durch ein tiefrotes Glas, so wird a = 7 mm. Demnach ist für rotes Licht die Wellenlänge
λ = 1 mm·7 mm/10000 mm = 0.0007 mm
Bei Fortsetzung der vorigen Erörterung findet man, daß auf dem Schirm ein mittlerer vertikaler roter Streif von etwa 14 mm Breite auftritt, dem sich beiderseits eine Reihe von etwa 7 mm breiten roten Streifen von abnehmender Helligkeit anschließen, die voneinander durch dunkle Streifen getrennt sind. Geht man von roter zu gelber, grüner, blauer, violetter Beleuchtung über, so zieht sich das ganze Beugungsbild zusammen, und die Streifen sind im letztern Falle ungefähr nur halb so breit als bei roter Beleuchtung. Bei weißer Beleuchtung
erscheint durch Überdeckung der einfarbigen Erscheinungen in der Mitte ein weißer Streifen, dem sich beiderseits schmale Spektren, Beugungsspektren, anschließen, die das Violett nach innen kehren.
^[Abb. 2.]
Viel schöner werden die Beugungserscheinungen, wenn man dieselben, statt auf einem Schirme aufzufangen, durch ein achromatisches Fernrohr, wie Fraunhofer es zuerst gethan, beobachtet. Die beugende Öffnung wird dann mittels eines Aufsatzringes vor das Objektivglas geschoben. Die Fig. 2 zeigt das Beugungsbild eines schmalen Spaltes, Fig. 3 das einer rhombischen Öffnung o und Fig. 4 dasjenige eines kleinen kreisförmigen Loches; Tafel: Licht, Fig. 9 zeigt außerdem das Beugungsbild eines dünnen Drahtes sowie das einer Schirmkante. Sowohl mittels Auffangschirmes als mittels Fernrohrs kann man die merkwürdigen Beugungsbilder beobachten, die entstehen, wenn man statt einer einzigen engen Spalte viele solcher engen Spalten dicht nebeneinander in gleichen Abständen (mehrere Hundert auf einen Centimeter) anwendet. Solche Spalten werden am besten auf berußten Glasplatten mit der Teilmaschine hergestellt. Man erhält dann bei weißem Sonnenlichte eine Beugungsfigur, die in der Mitte einen weißen Streifen zwischen je einem breiten Dunkelstreifen besitzt, worauf je ein vollkommen entwickeltes Spektrum mit Fraunhoferschen Linien folgt u. s. w. Diese Gitterspektren (s. Spektrum) haben dazu gedient, die ihren Fraunhoferschen Linien entsprechenden Wellenlängen zu messen, wozu besonders ein Apparat von Abbé (Jena) geeignet ist. Zu den farbigen Erscheinungen der Beugung gehören auch die Farbenschiller der Spinnenweben im Sonnenschein, ferner jene, wenn man durch die geschlossenen Augenwimpern, durch den Bart der Vogelfedern nach sonnigem Lichte hinsieht. Auch der sog. Bishopsche Ring (s. d.) wird durch Beugung erklärt. Die Beugung tritt nicht nur beim Lichte, sondern auch bei den Wärme- und Schallwellen und überhaupt bei jeder Wellenbewegung auf, die sich durch enge Öffnungen fortpflanzt. - Vgl. Fraunhofer, Neue Modifikation des Lichts (Münch. 1821), und Schwerd, Die Beugungserscheinungen aus den Fundamentalgesetzen der Undulationstheorie entwickelt u. s. w. (Mannh. 1835).
^[Abb. 3.]
^[Abb. 4.]