Bettina,
s. Arnim 3).
13 Wörter, 85 Zeichen
s. Arnim 3).
1) Johann Georg von, kaiserlicher und kursächs. General während des Dreißigjährigen Kriegs, von den katholischen Soldaten wegen seiner Nüchternheit der »katholische Kapuziner« genannt, geb. 1581 zu Boitzenburg in der Ukermark aus einer alten Adelsfamilie (in Urkunden auch Arnym, Arnimb und Arnheim genannt), trat zuerst in schwedische, dann in polnische, 1626 aber als Oberst in kaiserliche Dienste. Wallensteins Vertrauter, ward er von diesem mit der Belagerung von Stralsund beauftragt, dann nach Polen gegen die Schweden entsandt und 1628 zum Feldmarschall befördert.
Als guter Protestant mit der Politik des Kaisers nicht einverstanden, nahm er seinen Abschied und trat 1631 in die Dienste des Kurfürsten Johann Georg von Sachsen. Er schloß für diesen das Bündnis mit Gustav Adolf, befehligte die Sachsen in der Schlacht bei Breitenfeld drang dann in die Lausitz und in Böhmen ein, bemächtigte sich Prags und operierte, nachdem er Böhmen vor Wallenstein wieder hatte räumen müssen, glücklich in Schlesien, blieb auch dort mit Genehmigung des Königs, als dieser zur Rettung Sachsens herbeieilte.
Nachdrücklich, aber vergeblich drang er bei dem Kurfürsten auf eine kräftige Führung des Kriegs, um dadurch zu einem baldigen und ersprießlichen Frieden zu gelangen. Im J. 1633 ging er wieder nach Schlesien und unterhandelte hier mit Wallenstein, mit dem er inzwischen fortwährend in Verbindung gestanden. Er zog dann dem Kurfürsten von Brandenburg zu Hilfe und belagerte im Winter Frankfurt vergebens. Die von ihm 1634 geführten geheimen Unterhandlungen mit Wallenstein vereitelte dessen Sturz.
Alsbald brach Arnim nach der Lausitz auf, nahm Bautzen weg, siegte über Colloredo (Mai 1634) bei Liegnitz, eroberte Zittau und Großglogau, fiel dann mit dem schwedischen General Banner in Böhmen ein und besetzte nach einem gescheiterten Anschlag auf Prag Limburg und Königgrätz. Infolge des Prager Friedens (1635) nahm er seinen Abschied und begab sich auf sein Gut Boitzenburg. Feindlicher Pläne gegen Schweden beschuldigt, ward er hier verhaftet und
nach Stockholm gebracht. Von dort floh Arnim im November 1638, hielt sich einige Zeit verborgen und trat dann als Generalleutnant von neuem zugleich in kaiserliche und kursächsische Dienste. Mit der Bildung eines neuen Heers beschäftigt, starb er in Dresden. Über sein Verhältnis zu Wallenstein vgl. die »Briefe Wallensteins«, herausgegeben von Förster (Berl. 1828, 3 Bde.); Helbig, Wallenstein und Arnim 1632-34 (Dresd. 1850),
und Hallwich im »Archiv für sächsische Geschichte«, Bd. 8, 1870.
2) Ludwig Achim von, Dichter der romantischen Schule, geb. zu Berlin, studierte in Göttingen Naturwissenschaften und veröffentlichte selbst eine »Theorie der elektrischen Erscheinungen« (Halle 1799),
wendete sich aber bald ausschließlich der poetischen Produktion zu, ließ sich nach mehrfachen Reisen 1806 in Heidelberg nieder, wo er, mit Klemens Brentano eng befreundet, die »Zeitung für Einsiedler« (deren Titel dann poetischer in »Trost-Einsamkeit« umgewandelt ward; neu herausgeg. von Pfaff, Heidelberg 1883) herausgab und mit Brentano jene vielberufene Sammlung der ältern deutschen Volkslieder: »Des Knaben Wunderhorn« (das. 1808-19, 3 Bde.; einen vierten Band gab Erck 1853 aus Arnims Nachlaß heraus; neueste Ausgabe des Werks von Birlinger und Crecelius, Wiesb. 1873) veranstaltete, deren Verdienst es bleibt, zuerst wieder die vergessenen Schätze der deutschen Volkslyrik erschlossen zu haben. Inzwischen war Arnim mit selbständigen Arbeiten hervorgetreten und entfaltete bald eine nimmer rastende Schöpfungslust. Die anonym erschienenen Jugendromane: »Hollins Liebeleben« (Götting. 1802) und »Ariels Offenbarungen« (das. 1804) zeigten schon die reiche Phantasie und phantastische Willkür, welche den begabten Dichter nie verlassen sollten. Die Novellensammlung »Der Wintergarten« (Berl. 1809) erneuerte vergessene Erzählungen; höher stand der Roman »Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores. Eine wahre Geschichte, zur lehrreichen Unterhaltung armer Fräulein aufgeschrieben« (das. 1810, 2 Bde.). Er schilderte zwar nicht ohne phantastisches und selbst gespenstisch-spukhaftes Beiwerk, aber im ganzen mit lebendigen Meisterzügen und echt dichterischer Stimmung die Geschicke einer edlen, aber wilden, heißblütigen Frauennatur, die, aus tiefster Armut zu glänzenden Verhältnissen erhoben, von der neuen Welt des Scheins überwältigt, zu einer Untreue gegen ihren Gemahl verleitet wird, welche sie tief und bitter zu büßen hat.
Obwohl ihr der Gemahl vergibt, sich mit ihr aussöhnt und ferner in glücklicher, kindergesegneter Ehe mit ihr lebt, so nagt der Wurm der schlimmen Erinnerung an ihr, und da sie durch ein Mißverständnis wähnt, daß ihr Gemahl ihr untreu sei, und sie das Recht verloren hat, ihm darum zu zürnen, so erliegt sie dem nagenden stillen Kummer, erst im Tod zur Klarheit und innerlichen Versöhnung gelangend. Im Jahr 1811 verheiratete sich Arnim mit Brentanos Schwester Elisabeth (Bettina), lebte von da an teils in Berlin, teils auf seinem Gut Wiepersdorf in der Mark, ununterbrochen poetisch thätig, überdies durch eine anziehende, im besten Sinn ritterliche Persönlichkeit hoch ausgezeichnet.
Sein wunderliches Drama »Halle und Jerusalem. Studentenspiel und Pilgerabenteuer« (Heidelberg 1811) war für das als geistreich erachtete willkürliche Ineinanderschieben der verschiedensten poetischen Elemente und Motive, für die völlige Auflösung jeder künstlerischen Form vielleicht die charakteristischte Probe der gesamten romantischen Dramatik. Auch die in seiner »Schaubühne« (Berlin 1813) vereinigten Dramen schwanken zwischen dem Ton des Ernstes und dem toller, phantastischer Puppenspiele in einer Weise, welche den rechten Eindruck gefährdet. Viel glücklicher war Arnim als Erzähler, wo alle tüchtigen Eigenschaften seines Wesens: die kernige Gestaltungskraft, der übersprudelnde Humor und die tiefe, innige Empfindung, von der abspringenden Laune und der Vorliebe für das Barocke minder beeinträchtigt werden. Unter seinen Erzählungen, die teils einzeln in Taschenbüchern, teils gesammelt unter den Titeln: »Vier Novellen« (Berl. 1811),
»Landhausleben« (Leipz. 1826) und »Sechs Erzählungen« (Berl. 1835) erschienen, finden sich Meisterstücke, wie: »Isabella von Ägypten«, »Der tolle Invalid auf Fort Ratonneau«, »Die drei liebreichen Schwestern und der glückliche Färber«, »Die Kirchenordnung«, »Die Majoratsherren«, »Fürst Ganzgott und Sänger Halbgott« u. a. Seine Hauptschöpfung sollte der historische Roman »Die Kronenwächter« werden, dessen erster Teil noch den Titel: »Bertholds erstes und zweites Leben« (Berl. 1817) führte, während ein zweiter, unfertiger Teil erst aus Arnims Nachlaß hervortrat.
»Die Kronenwächter« sind ein historischer Roman von großartiger Anlage und mächtiger Ausführung; die historischen Studien haben sich in Fleisch und Blut rein poetischer, selbständiger Erfindung gewandelt; die bedeutende Zeit, der übergang vom Mittelalter zur Neuzeit (Beginn des 16. Jahrh.), ist lebensvoll und farbenreich geschildert, und die ausgeführten Episoden sind voll Wärme und Heimatszauber, so daß die Nichtvollendung dieses Werks zu beklagen bleibt. Arnim starb in Wiepersdorf. Seine »Sämtlichen Werke« mit einer Vorrede von W. Grimm (Berl. 1839-46, 19 Bde.; 1853-56, 22 Bde.) fanden nur ungenügende Verbreitung; bessere wurde den »Ausgewählten Novellen und Erzählungen« (das. 1853, 3 Bde.) zu teil.
3) Elisabeth von, gewöhnlich Bettina genannt, Gattin des vorigen, Schwester von Klemens Brentano, Enkelin der Sophie Laroche, geb. zu Frankfurt a. M., verlebte ihre Jugend teils in einem Kloster, teils bei Verwandten in Offenbach und Marburg, teils in Frankfurt selbst. In ihrer Kindheit schon zu Exzentrizitäten und poetischen Sonderbarkeiten geneigt, gab sie sich, besonders seit ihrer Bekanntschaft mit dem Stiftsfräulein v. Günderode (s. d.), einer Naturschwärmerei hin, die endlich in wirkliche Krankheit ausartete.
Nach dem Tode der Günderode trat sie mit Goethes Mutter in ein enges Freundschaftsverhältnis und faßte zu Goethe selbst, den sie 1807 persönlich kennen lernte, nachdem sie schon vorher in Briefwechsel mit ihm gestanden hatte, eine Neigung, die der Dichter zwar freundlich duldete, jedoch nicht erwiderte. Nach ihrer Verheiratung (1811) lebte sie, nachdem sie mit Goethe vollständig gebrochen, teils in Berlin, teils zu Wiepersdorf, dem Gut ihres Gatten. Erst nach dessen Tode trat sie als Schriftstellerin auf; dabei faßte sie lebhaftes Interesse für die sozial-politischen Zeiterscheinungen, gab sich in Berlin mit großem Eifer der Sorge für Arme und Kranke hin und nahm an den Hoffnungen und Erregungen des Jahrs 1848 einen Anteil, der ihr in den höhern Kreisen sehr schadete. Sie starb in Berlin. Man hat Bettina mit Recht die »Sibylle der romantischen Litteraturperiode« genannt Ihre Werke sind Phantasien, geniale Improvisationen, in einem schwunghaften und blütenreichen, oft auch verworren stammelnden und pythisch-dunkeln Stil abgefaßt. So das bekannte Buch »Goethes Briefwechsel mit einem Kind« (Berl. 1835, 3 Bde.), das
lange für einen authentischen Briefwechsel genommen wurde, aber sich nach den neuesten Ermittelungen als ein Werk der Phantasie herausgestellt hat, worin sich ein Teil von Goethes Sonetten in Prosa aufgelöst findet; ebenso das Buch »Die Günderode« (Grünb. 1840, 2 Bde.),
das eine ähnliche Mischung von Erinnerungen und Phantasien enthält. Später erschienen: »Dies Buch gehört dem König« (Berl. 1843, 2 Bde.),
worin die Frage des Pauperismus und sozialen Elends zu lösen versucht wird;
»Klemens Brentanos Frühlingskranz« (Charlottenb. 1844),
dem Andenken ihres Bruders gewidmet;
ferner: »Ilius Pamphilius und die Ambrosia« (Berl. 1848, 2 Bde.),
wieder ein »Briefwechsel«, der eine Art Herzensverhältnis (zum jungen Dichter Phil. Nathusius) zum Inhalt hat;
endlich die dunkeln »Gespräche mit Dämonen. Des Königsbuchs zweiter Teil« (das. 1852).
Ihre »Sämtlichen Werke« erschienen in 11 Bänden (Berl. 1853).
Vgl. »Goethes Briefe an Sophie Laroche und Bettina Brentano« (hrsg. von Löper, Berl. 1879). -
Ihre jüngste Tochter, Gisela, jetzt Gattin des Kunsthistorikers und Dichters Herman Grimm, hat sich als dramatische Schriftstellerin versucht; ihre »Dramatischen Werke« erschienen in 3 Bänden (Bonn u. Berl. 1857-65),
wozu als 4. Band die dramatische Erzählung »Wie es unterdessen daheim war« (Berl. 1875) kam.
4) Heinrich Friedrich, Graf von Arnim-Heinrichsdorf-Werbelow, preuß. Staatsmann, geb. zu Werbelow in der Ukermark, machte die Befreiungskriege mit und betrat dann die diplomatische Laufbahn. Nachdem er Legationssekretär in Stockholm und in Paris gewesen, fungierte er seit 1831 als preußischer Gesandter in Brüssel, seit 1841 (in den preuß. Grafenstand erhoben) in Paris, 1845-48 in Wien, wo er sich ganz im Geleise der Metternichschen Politik bewegte. Am zum Minister des Auswärtigen ernannt, trat er bereits 3. Mai von dieser Stelle zurück, da er mit der damaligen deutschen Politik des Ministeriums nicht einverstanden war. Von 1851 bis 1857 wieder preußischer Gesandter in Wien, förderte er, soviel er konnte, das gute Einvernehmen mit Österreich, in dem er stets einen unentbehrlichen Alliierten Preußens erblickte. Er starb
5) Heinrich Alexander, Freiherr von, aus dem Haus Arnim-Suckow, preuß. Staatsmann, geb. zu Berlin, erhielt seine Bildung in dem Pädagogium zu Halle, trat 1814 in die Landwehrreiterei der Ukermark und machte mit fünf Brüdern die Freiheitskriege mit. Seit 1820 im preußischen Staatsdienst, war er erst Gesandtschaftsattaché in der Schweiz, dann Legationssekretär in München, Kopenhagen und Neapel und ward 1829 zum Geschäftsträger in Darmstadt ernannt.
Nachdem er hier erfolgreich für die Bildung des Zollvereins gewirkt hatte, wurde er 1834 als vortragender Rat in das Ministerium des Auswärtigen berufen, von Friedrich Wilhelm IV. aber, mit dem er in näherm persönlichen Verkehr stand, 1840 zum Gesandten in Brüssel, 1846 in Paris ernannt. In diesen Stellungen erwarb er sich großes Verdienst durch energische Vertretung der Handelsinteressen Deutschlands, namentlich durch Zustandebringen des belgisch-preußischen Handelsvertrags vom und durch die Entschiedenheit, mit der er sowohl amtlich als auch in seiner Schrift »Mein handelspolitisches Testament« (Berl. 1844) den herrschenden schutzzöllnerischen Ansichten entgegentrat.
Nach dem Sturz des Julikönigtums (Februar 1848) eilte er nach Berlin und überreichte dem König 17. März eine Denkschrift, worin er auf liberale Reformen und Befolgung einer deutsch-nationalen Politik drang. Von ihm ging die bedeutsame Manifestation des Königs für die deutsche Sache (21. März) aus. An demselben Tag trat er als Minister des Auswärtigen in das zuerst vom Grafen Arnim-Boitzenburg, dann von Camphausen geleitete neue Ministerium, welches jedoch bereits 20. Juni zurücktrat. Arnim lebte darauf eine Zeitlang als Privatmann zu Neuwied und bemühte sich, durch einige Flugschriften (»Frankfurt und Berlin«, Frankf. 1848; »Über die Mediatisationsfrage«, das. 1849) auf eine vermittelnde Lösung der deutschen Frage hinzuwirken.
Von 1849 bis 1851 Mitglied der Ersten Kammer, hielt er zur deutsch-konstitutionellen Partei und bekämpfte die innere wie die kraftlose auswärtige Politik der nunmehr siegreichen Reaktion in energischter Weise. Noch größern Eindruck als seine Reden und Anträge machte die Veröffentlichung einiger »ungehaltener« Reden (»Zur Politik der Epigonen in Preußen«, Berl. 1850; »Zur Politik der Konterrevolution in Preußen«, das. 1851). Wegen der letztern Flugschrift wurde Arnim auf Betreiben der Feudalpartei vor Gericht gestellt und trotz einer glänzenden, von ihm später veröffentlichten Verteidigung zu einer Geldstrafe verurteilt.
Seitdem lebte er fern vom politischen Schauplatz, bis er nach dem Sturz des Ministeriums Manteuffel 1858 von einem Berliner Wahlbezirk zum Landtagsabgeordneten gewählt ward. Doch war er durch Kränklichkeit verhindert, der damals anhebenden neuen Epoche des preußischen Staatslebens seine volle Kraft zu widmen. Er starb in Düsseldorf. Ausgebreitete Kenntnisse, Welterfahrung und Freimut verschafften ihm schon frühzeitig ein bedeutendes persönliches Ansehen.
6) Adolf Heinrich, Graf von Arnim-Boitzenburg, preuß. Staatsmann, geb. zu Berlin, trat, nachdem er seine akademischen Studien in Göttingen und Berlin vollendet, obwohl er Besitzer des großen Boitzenburger Majorats war, in den preußischen Staatsdienst, ward Landrat in der Ukermark und 1833 Regierungspräsident in Stralsund. Später ward er in gleicher Eigenschaft nach Aachen versetzt, wo es seiner Gewandtheit gelang, trotz der damals schwebenden Differenzen zwischen dem Staat und der katholischen Kirche ein wenigstens äußerlich befriedigendes Einvernehmen zwischen beiden Parteien zu erhalten. Im J. 1839 ward er als Regierungspräsident nach Merseburg versetzt, 1840 zum Oberpräsidenten der Provinz Posen und 1842 zum Minister des Innern ernannt.
Wenn er auch seine Amtsführung mit einer sehr bedeutenden Beschränkung der geheimen Polizei begann, so regierte er dem Wunsch des Königs gemäß doch streng absolutistisch. Dennoch stand er den liberalen Ideen keineswegs feindlich gegenüber, sondern wünschte vielmehr die Einführung einer Verfassung, in der er freilich dem aristokratischen Element einen hervorragenden Einfluß gesichert wissen wollte. Da es ihm nicht gelang, den König für seine Ansichten zu gewinnen, schied er 1845 aus dem Staatsdienst.
Seit 1847 Mitglied der Herrenkurie des vereinigten Landtags, ward er vom König an die Spitze eines neuen Kabinetts berufen, unterzeichnete zwar die königliche Proklamation vom 21. März, hielt aber den Eintritt liberaler Oppositionsführer in das Ministerium für notwendig und schied, um diesen zu ermöglichen, schon 29. März aus dem Ministerium wieder aus. Zum Mitglied der deutschen Nationalversammlung gewählt, legte er sein Mandat bald nieder, weil ihm der dort wehende Geist nicht behagte. Die Interessen des
Grundadels gegen die Steuerpläne des Ministers Hansemann vertretend, beteiligte er sich an dem in Berlin versammelten »Junkerparlament« und unterstützte die Reaktion sowohl durch seine Schrift »Die Verheißungen vom 21. März" (Berl. 1849) als durch sein Auftreten in der Zweiten Kammer, in der er sich zur äußersten Rechten hielt. Seit erbliches Mitglied des Herrenhauses, war er hier Führer der von ihm gebildeten gemäßigt konservativen Fraktion, unterstützte auch das Ministerium Manteuffel nicht unbedingt, sondern trat dem Büreaukratismus desselben mehrfach entgegen. Während der neuen Ära opponierte er entschieden gegen die Grundsteuervorlagen des Ministeriums und befürwortete während der Konfliktszeit im Herrenhaus die Annahme der vom Abgeordnetenhaus abgelehnten Budgetvorlage der Regierung en bloc. Dieses Verhalten suchte er zu rechtfertigen in der Schrift «Das Recht des Herrenhauses bei Festsetzung des Staatshaushalts« (Berl. 1863). Er starb nach längerer Krankheit auf Schloß Boitzenburg. Große Begabung und eine ehrenwerte Persönlichkeit erwarben ihm die Achtung auch seiner politischen Gegner.
7) Harry (Heinrich), Graf von, preuß. Diplomat, geb. zu Moitzelfitz in Pommern aus dem freiherrlichen Haus Arnim-Suckow, trat, nachdem er die Rechte studiert hatte, in den diplomatischen Dienst und ward 1864 preußischer, seit 1866 norddeutscher Gesandter beim päpstlichen Stuhl, spielte während des vatikanischen Konzils 1869-70 eine nicht unbedeutende Rolle, indem er die Opposition der deutschen Bischöfe gegen das Unfehlbarkeitsdogma unterstützte, und bemühte sich im September 1870 vergebens, zwischen der römischen Kurie und der Regierung des Königreichs Italien zu vermitteln. Am 28. Juli d. J. in den Grafenstand erhoben, wurde er während der Belagerung von Paris wiederholt nach Versailles berufen und mit speziellen Missionen betraut, im Februar 1871 aber von Rom abberufen, um die Friedenspräliminarien und dann auch den Definitivfrieden mit Frankreich zu Brüssel zu unterhandeln. Er setzte die darauf bezüglichen Verhandlungen gemeinsam mit dem Fürsten Bismarck zu Frankfurt a. M. und nach dem Abschluß des Friedens auch die das Detail betreffenden Verhandlungen fort, welche zu der Konvention vom führten. Am wurde er als Botschafter des Deutschen Reichs bei der französischen Republik beglaubigt.
Hier verhielt er sich aber nicht so, wie es der Reichskanzler im Interesse Deutschlands für geboten erachtete, mischte sich namentlich in die monarchischen Umtriebe gegen Thiers ein und bemühte sich wiederholt, durch direkte Vorstellungen beim Kaiser Bismarcks Politik zu durchkreuzen, bis dieser es durchsetzte, daß Arnim von Paris abberufen und nach Konstantinopel versetzt wurde. Da er nun durch Veröffentlichung von Aktenstücken in Zeitungen Bismarcks Kirchenpolitik angriff, ward er pensioniert und, als sich herausstellte, daß er eine Anzahl wichtiger Staatspapiere aus dem Botschaftsarchiv an sich genommen hatte, die er herauszugeben sich weigerte, auf seinem Gut Nasseheide bei Stettin verhaftet und in Berlin vor Gericht gestellt, das ihn 9. Dez. zu drei Monaten Gefängnis wegen Vergehens wider die öffentliche Ordnung verurteilte; das Kammergericht verschärfte diese Strafe auf neun Monate.
Auch wurde zur Verhütung ähnlicher Benutzung offizieller Aktenstücke ein besonderer Paragraph in das Strafgesetz aufgenommen (Arnim-Paragraph, näheres im Art. »Amtsverbrechen«). Arnim hatte sich der Verbüßung seiner Strafe durch die Reise ins Ausland entzogen, von wo er seine Angriffe gegen Bismarck in der von ihm unterstützten »Reichsglocke« und in einer besondern Broschüre: »Pro nihilo« (Zür. 1875), aufs heftigste fortsetzte. Der letztern Schrift wegen ward er vom Staatsgerichtshof zu fünf Jahren Zuchthaus in contumaciam verurteilt. Seit 1878 lebte in Österreich und veröffentlichte noch zwei sehr gemäßigte Broschüren zur Verteidigung seiner Ansichten über die Kirchenpolitik: »Der Nunzius kommt!« (Wien 1878) und »Quid faciamus nos?« (das. 1879). Er starb in Nizza.
8) Adolf, Graf von Arnim-Boitzenburg, ältester Sohn von Arnim 6), geb. zu Boitzenburg, studierte die Rechte in Göttingen, Bonn und Berlin, ward 1862 Regierungsassessor, 1864 Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern und 1868 Landrat des Kreises Templin, machte die Feldzüge 1864 und 1870 als Ordonnanzoffizier des 3. Armeekorps mit und ward im März 1873 Präsident des Bezirks Lothringen in Metz, im Dezember 1874 Oberpräsident von Schlesien. Nach der Verurteilung des Grafen Harry von (s. Arnim 7), der seit 1857 mit seiner Schwester Sophie vermählt war, nahm er 1877 seinen Abschied und zog sich nach Boitzenburg zurück. Seit 1874 Mitglied des Reichstags, schloß er sich der freikonservativen Partei an. Im November 1878 ward er zum ersten Vizepräsidenten des Herrenhauses erwählt und führte auch 1879 in der ersten ordentlichen Generalsynode Preußens den Vorsitz. 1880-81 war er Präsident des deutschen Reichstags. - Sein jüngerer Bruder, Hermann, Graf Arnim (geb. Legationsrat, zuletzt bei der Gesandtschaft in Lissabon, hatte bereits 1875 seinen Abschied genommen und sich an den Angriffen der Presse gegen Bismarck beteiligt, weswegen er 1877 zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wurde.