Besessene
(daemóniaci, obsessi, oder wegen des für einflußreich gehaltenen Mondes [luna] auch lunatici), die von einem bösen Geiste in Besitz Genommenen. In der Bibel [* 2] werden die epileptisch Kranken, die von gewaltsamer Verkrümmung, Taubheit, Blindheit, Wahnsinn, Tobsucht und Melancholie Heimgesuchten, so bezeichnet. Die Ansicht, daß außerordentliche Zustände und Thätigkeiten des Menschen, die auf die gewöhnlich zur Erscheinung kommenden Kräfte nicht zurückgeführt werden können, auf der Einwirkung mächtiger Geister beruhen, findet sich überall im Altertum.
Das Gute, das außerhalb der Schranken gewöhnlicher Kraft
[* 3] geleistet wurde, galt als unmittelbare Wirksamkeit der
Götter,
oder wie im
Judentum und
Christentum des
Geistes
Gottes; krankhafte Zufälle, denen keine Willenskraft und kein
Mittel der Heilkunst
zu widerstehen vermochte, wurden auf böse
Geister zurückgeführt. Zauberformeln,
Beschwörungen traten
daher an die
Stelle der Heilkunst. Die neutestamentlichen Schriftsteller teilen die
Ansicht, daß die bösen
Geister, als deren
eigentliche Heimstätte bald die Wüste
(Matth. 4,1; 12,43),. bald die Luftregion
(Eph.
2,2; 6,12). vorgestellt wird, in die
Menschen fahren und Wohnung in ihnen nehmen
(Matth. 12,44.
fg.), sie mit Plagen belasten (vgl. z. B.
Mark.
9,14. fg.), aus ihnen herausreden
(Mark. 3,11; 5,7. fg.) und sich ihrer als Werkzeuge
[* 4] bedienen. Die
Heilung solcher Besessene
durch
Austreibung der
bösen
Geister
(Dämonen) war nach der
Darstellung der synoptischen
Evangelien Jesu tägliches
Geschäft. Aber
Jesus greift nicht zu magischen
Beschwörungen, sondern übt durch die Macht seiner Persönlichkeit
einen psychisch vermittelten Einfluß auf das leibliche Leben der
Kranken aus. -
Vgl. Delitzsch, [* 5] Biblische Psychologie (2. Aufl., Lpz. 1861).