Berzelĭus,
Johann
Jakob,
Freiherr von, Chemiker, geb. zu Väfversunda Sorgård im schwedischen
Stift
Linköping,
wo sein
Vater
Samuel Berzelius
Kaplan war, studierte seit 1796
Medizin in
Upsala,
[* 2] widmete sich jedoch bald vorzugsweise der
Chemie, untersuchte 1799 das
Wasser der
Heilquellen von Medevi und schrieb darüber:
»Nova analysis aquarum Medeviensium«
(Upsala 1800).
Nachdem er eine neue
Dissertation:
»De electricitatis galvanicae in corpora organica effectu«
(Upsala 1802), herausgegeben,
wurde er 1802 zum
Adjunkten der
Medizin und
Pharmazie in
Stockholm
[* 3] ernannt, welches
Amt das Sanitätskollegium eigens für ihn
errichtet hatte. Er gab nun Privatunterricht in der pharmazeutischen
Chemie, hielt aber auch öffentliche
Vorträge in der Experimentalchemie. Im J. 1806 wurde er
Lehrer der
Chemie an der
Kriegsakademie zu Karlberg, 1807
Professor der
Medizin und
Pharmazie in
Stockholm, 1808 Mitglied der königlichen
Akademie der
Wissenschaften in
Stockholm, 1810 deren Vorstand
und 1818 deren beständiger
Sekretär.
[* 4] 1815 erhielt er die Professur der
Chemie an dem medikochirurgischen
Institut zu
Stockholm. 1818 ward in den Adelstand und 1835 in den Freiherrenstand erhoben. Im J. 1832 übergab er seine
Professur
an seinen
Schüler Mosander, um sich ganz seinen Untersuchungen widmen zu können.
Als
Abgeordneter in der
Ständeversammlung sowie seit 1838 als
Reichsrat hat er keine bedeutende Thätigkeit
entwickelt. Er starb in
Stockholm, wo ihm 1855 ein ehernes Standbild errichtet wurde. Berzelius'
zahlreiche
Arbeiten waren
epochemachend und für lange Zeit maßgebend auf dem gesamten Gebiet der
Chemie. Er schuf das elektrochemische
System, untersuchte
die
Atomgewichte der einfachen
Körper mit großer Sorgfalt und entdeckte
Selen,
Thorium und
Cerium.
Calcium, Baryum, Strontium, Tantal, Silicium und Zirkonium hat er zuerst in metallischem Zustand dargestellt, und ganze Klassen von Verbindungen, wie die der Flußsäure, der Platinmetalle, des Tantals, Molybdäns, Vanadins, Tellurs, die Schwefelsalze u. a., hat er entdeckt oder untersucht. Die Mineralien, [* 5] welche vorher nach äußern Eigenschaften eingeteilt waren, hat er nach ihrer chemischen Zusammensetzung klassifiziert. Nicht weniger hat er sich durch seine Untersuchungen in der organischen Chemie ausgezeichnet.
Ganz besondere Verdienste hat er sich auch um die chemische Analyse, die Nomenklatur und die Klassifikation der chemischen Verbindungen erworben. Besonders hervorzuheben ist, daß er es nicht bei der Aufstellung vereinzelter Untersuchungen bewenden ließ, sondern immer die durchgreifendsten Erörterungen über größere Gebiete gab, wodurch die chemische Wissenschaft als Ganzes außerordentlich gewann. Chemiker aller Länder haben seinen Unterricht gesucht.
Gmelin, Magnus, Mitscherlich, Osann, G. Rose, H. Rose, Wöhler, Naumann waren seine Schüler. Er schrieb: »Afhandlingar om nyttan af artificiella mineralvatten« (Stockh. 1803);
die in Gemeinschaft mit mehreren andern Gelehrten herausgegebenen »Afhandlingar i fysik, kemi och mineralogi« (das. 1806-18, 6 Bde.);
die »Föreläsningar i djurkemien« (das. 1806-1808, 2 Bde.),
an welche sich die »Öfversigt om djurkemiens framsteg« (das. 1812; deutsch von Siegwart, Nürnb. 1815) anschließt;
»Försök att genom anvendandet af den elektro-kemiska theorien, samt läran om de kemiska proportionerna, grundlägga ett rent vetenskapligt system for mineralogien« (Upsala 1814; 2. Aufl., deutsch von Rammelsberg u. d. T.: »Versuch, durch Anwendung der elektrochemischen Theorie ein System der Mineralogie zu begründen«, Nürnb. 1847);
»Nouveau système de minéralogie« (Par. 1819);
»Essai sur la cause des proportions chimiques et sur l'influence chimique de l'électricité« (das. 1819, 2. Aufl. 1835; deutsch von Blöde, Dresd. 1820);
»Om blåsrörets användande i kemien och mineralogien« (Stockh. 1820; deutsch von Rose u. d. T.: »Von der Anwendung des Lötrohrs in der Chemie und Mineralogie«, Nürnb. 1821, 4. Aufl. 1844);
»Über die Zusammensetzung der Schwefelalkalien« (deutsch von Palmstedt, das. 1822);
»Untersuchung der
Mineralwässer von
Karlsbad,
Teplitz und
Königswart« (deutsch von
Rose, Leipz. 1823-1825) u. a.
Sein
Hauptwerk ist aber das »Lärebok i kemien« (Stockh.
1808-18, 3 Bde.; 2. Aufl. 1817-1830, 6 Bde.,
deutsch von
Wöhler; 3. und 4. Aufl. nur deutsch von
Wöhler; die 5. Aufl. deutsch von Berzelius
, Leipz.
1843-48, 5 Bde.; in fast alle lebenden
Sprachen übersetzt).
Als
Sekretär der
Akademie der
Wissenschaften gab Berzelius
die
»Ars berättelser
om framstegen i fysik och kemie« (Stockh. 1820-47, 27 Jahrg.)
heraus, die von
Gmelin,
Wöhler u. a. als »Jahresberichte über die
Fortschritte der
Chemie und
¶
mehr
Mineralogie« (Bd. 1-27, Tübing. 1821-48) ins Deutsche [* 7] übersetzt wurden.
Vgl. H. Roses »Gedächtnisrede« in den Verhandlungen der Berliner [* 8] Akademie 1851.