Beruhigende Mittel
220 Wörter, 1'847 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Beruhigende
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Beruhigende
Mittel (Sedativa), diejenigen Heilmittel
, welche krankhafte Erregungszustände des Nervensystems herabstimmen
oder ganz beseitigen. Man nennt diese Mittel auch besänftigende, kalmierende, lindernde. Die Mittel wirken
bald vorzugsweise auf die Gefühlsnerven als schmerzstillende (Anodyna) oder empfindungslähmende (anästhetische Mittel),
bald auf die Bewegungsnerven als krampfstillende (Antispasmodika), bald auf das Gehirn
[* 2] als schlafmachende (Hypnotika) und betäubende
(Narkotika) oder berauschende (Inebriantia). Es gehören hierher teils chemisch und physikalisch, teils psychisch wirkende
Mittel. Zu den chemisch-wirkenden zählt man eine große Anzahl narkotischer Arzneien (besonders
Belladonna, Bilsenkraut, Cocaïn, Opium und Morphium), dann die ätherartigen oder anästhetischen Mittel (Schwefeläther und Chloroform,
Chloralhydrat und Crotonchloral), die spirituösen, berauschenden Mittel, einzelne alkalische Mittel (Bromkali), gewisse ätherisch-ölige
Substanzen (Kamille, Baldrian, Asa foetida, Moschus).
Als physikalisch wirkende dienen teils die Kälte, insofern durch sie die entzündliche Spannung der Gewebe
[* 3] und die hierdurch bedingten Schmerzen vermindert werden, teils die Wärme
[* 4] in der Form feuchtwarmer Umschläge, welche einen
regern Blutumlauf und eine wirksame reflektorische Ableitung zur Folge haben. Von den mannigfachen psychischen Beruhigungsmitteln
sind zu nennen die methodische Entziehung des Lichts, die Anwendung geistiger und geselliger Unterhaltung, die
zerstreuende Beschäftigung mit Arbeit zur Beruhigung eines krankhaft aufgeregten Gemüts (vgl. Kant, Von der Macht des
Gemüts, durch den bloßen Vorsatz seiner krankhaften Gefühle Meister zu werden. Mit Anmerkungen von Hufeland, 21. Aufl., Lpz.
1881), endlich der sog. Hypnotismus (s. d.).