Titel
Bertin
(spr. -täng), 1)
Antoine, genannt
Chevalier Bertin
, franz. Dichter, geb. auf
Ile
Bourbon, wurde in
Paris
[* 2] erzogen, betrat die militärische Laufbahn und brachte es bis zum
Grad eines
Kapitäns der
Reiterei,
beschäftigte sich aber dabei eifrig mit
Poesie und Litteratur und starb, ein
Opfer seiner
Ausschweifungen, bereits 1790 auf
Santo Domingo.
[* 3] Einer der sinnlichsten
Erotiker
Frankreichs, erhielt
er den Beinamen des »französischen Properz«;
doch gehen ihm die Mannigfaltigkeit, Lebendigkeit und der lyrische Schwung des römischen Dichters ab. Seine durch
Geist und
Geschmack ausgezeichneten
Dichtungen erschienen zuerst unter dem
Titel: »Les Amours« (1780),
in neuerer Ausgabe als »Œuvres complètes« (1824) und als »Poésies et œuvres diverses« (1879).
2)
Louis
François, genannt Bertin
der ältere (l'aîné) zum Unterschied von Bertin 3) u.
4), franz. Journalist, geb. zu
Paris, Sohn eines
Sekretärs des
Herzogs von
Choiseul, wollte sich dem geistlichen
Stand widmen, als die
Revolution ihn nötigte, eine andre Laufbahn einzuschlagen. Er entfaltete nun seit 1793 eine
große journalistische Thätigkeit, gab den »Eclair« heraus, arbeitete
am »Courrier Universel« und gründete 1799 mit seinem
Bruder das
»Journal des Débats«, welches bald das bedeutendste
Organ
der monarchisch gesinnten
Partei wurde.
Royalistischer Tendenzen verdächtig, ward er 1802, nachdem er schon 1800 beinahe ein ganzes Jahr im Gefängnis gesessen, von neuem verhaftet und nach Elba verwiesen und erhielt nur mit Mühe die Erlaubnis, den Aufenthalt auf der Insel mit dem in Italien [* 4] zu vertauschen. 1805 nach Paris zurückgekehrt, übernahm er wieder die Redaktion seines Blattes, welches aber auf kaiserlichen Befehl den Titel: »Journal de l'Empire« führen mußte und unter der Leitung des der Redaktion aufgedrängten Fiévée eine fast ganz offizielle Farbe erhielt.
Mit
Chateaubriand, den Bertin
schon in
Italien kennen gelernt hatte, redigierte er damals auch den »Mercure de
France«, verlor aber 1811 durch
einen
Akt des brutalsten
Napoleonischen
Despotismus sein Eigentumsrecht am
»Journal de l'Empire«. Erst nach
der Rückkehr der
Bourbonen erschien das
»Journal des Débates« wieder, das die legitime
Monarchie mit
Eifer verteidigte. Während
der
Hundert Tage nahm in
Gent
[* 5] an der Redaktion des
»Moniteur de
Gand« teil; die zweite
Restauration rief ihn nach
Paris zu seinem
Blatt
[* 6] zurück.
Seit dem Regierungsantritt
Karls X., auf dessen Befehl
Chateaubriand aus der
Administration des
Journals
austreten mußte, wandte sich Bertin
von der
Sache der
Bourbonen ab und trat für die konstitutionellen
Grundsätze der
Doktrinäre
ein. Im Juni 1830 hatte sich das
Blatt wegen eines
Aufsatzes zu verteidigen, der mit den
Worten endigte: »Malheureuse
France,
malheureux roi!« Nach dem
Sieg der
Julirevolution erklärte sich Bertin
, obgleich er anfangs den
Beitritt zur
Opposition der liberalen
Journale gegen die
Ordonnanzen verweigert hatte, für die Julimonarchie und war bis zu seinem
Tod
eine der wichtigsten
Stützen derselben.
3) (Bertin
de Vaux)
Pierre
Louis,
Bruder des vorigen, geb. 1771 zu
Paris, gründete 1801 ein Bankgeschäft daselbst
und nahm an der Redaktion des von seinem
Bruder gegründeten
»Journal des Débats« teil, wurde bald darauf
Richter und
Präsident
beim
Handelsgericht, 1825 Deputierter, dann
Unterstaatssekretär im Polizeiministerium unter
Decazes, 1827
Staatsrat, nahm aber
1829, als
Polignac
Minister wurde, seine Entlassung und ward nach der
Julirevolution Gesandter im
Haag,
[* 7] nach
seiner Rückkehr Pair.
Nach dem
Tod seines ältern
Bruders beteiligte er sich an der Redaktion des
»Journal des Débats«, starb aber schon
4)
Louis
Maria
Armand, Sohn von Bertin
2),
geb. zu
Paris, genoß eine gelehrte
Bildung und versah nach
der
Restauration den
Dienst eines
Sekretärs bei
Chateaubriand während dessen Gesandtschaft zu
London.
[* 8] 1820 einer der
Redakteure
des
»Journal des Débats«, übernahm er nach seines
Vaters
Tode dessen Hauptleitung. Dem Julikönigtum gegenüber wußte er
seinem
Blatt eine gewisse Unabhängigkeit zu wahren. So wies er, als ihm
Ludwig
Philipp einen die Waffenthaten
des
Herzogs von
Aumale in
Algerien
[* 9] ungebührlich erhebenden
Artikel zum
Abdruck übersandte, das
Manuskript mit einer beißenden
Bemerkung zurück. Auch nach der
Revolution von 1848, wo man die
Existenz des
»Journal des Débats« bedroht glaubte, wußte
Bertin
dessen Fortbestehen zu sichern, indem er mit vielem
Takt seinen ursprünglich liberal-konservativen
Standpunkt festhielt. Er starb -
Sein älterer
Bruder, Edouard, geb. 1797 zu
Paris, gest. daselbst, widmete
sich unter Girodets und Bidaults Leitung der
Landschaftsmalerei historischen
Stils und war unter
Ludwig
Philipp Inspektor der
¶
mehr
schönen Künste, bis er nach seines Bruders Tod (1854) die Leitung des »Journal des Débats« übernahm. - Seine Schwester Louise Angélique, geb. zu Les Roches bei Bièvres, widmete sich anfangs ebenfalls der Malerei, dann unter Fétis' und Reichas Leitung der Musik und komponierte verschiedene Opern: »Guy Mannering«, »Le [* 11] Loup-garou« (1827),
»Fausto« (1834) und »Esmeralda« (Text von V. Hugo, 1836). Auch gab sie eine Sammlung von Gedichten: »Les Glanes« (Par. 1842), heraus, die von der Akademie gekrönt wurden. Sie starb in Paris.