(spr. -tjē), 1) Alexandre, Fürst und Herzog von Neuchâtel und Valangin, Fürst von Wagram, franz. Marschall, geb. 20. Febr. 1753 zu
Versailles, Sohn eines angesehenen Ingenieuroffiziers, trat in das Geniekorps, ging dann mit Lafayette nach Nordamerika, wo er
gegen die Engländer focht, wurde nach seiner Rückkehr Oberst im französischen Generalstab und befehligte 1789 die
Nationalgarde von Versailles. 1792 wurde er Brigadegeneral in der Armee des Generals Luckner, 1795 Chef des Generalstabs in der
italienischen Armee.
Mit Bonaparte, der 1796 den Befehl in Italien erhielt, trat in ein sehr intimes Freundschaftsverhältnis, welches ungetrübt
bis zu seinem Tod fortdauerte. 1798 mit dem Oberbefehl in Italien betraut, rückte er 13. Febr. in Rom ein und
proklamierte daselbst die Republik. Den Zug
nach Ägypten machte er als Chef des Generalstabs mit. 1799 mit Bonaparte nach Frankreich
zurückgekehrt, wurde er nach dem 18. Brumaire Kriegsminister und nahm 1800 als Chef des Generalstabs am
Übergang über den St. Bernhard und am Sieg von Marengo hervorragenden Anteil.
Nach einer außerordentlichen Sendung nach Spanien übernahm er wieder das Kriegsministerium. Bei Napoleons I. Erhebung zum Kaiser
(1804) ward er zum Reichsmarschall und Großoffizier der Ehrenlegion ernannt.
An den Feldzügen von 1805 bis 1807 nahm Berthier wiederum
als Generalstabschef teil und ward 1807 zum souveränen Herrn der von Preußen abgetretenen Fürstentümer Neuchâtel und Valangin
erhoben und zum Vizeconnetable des Reichs sowie zum kaiserlichen Prinzen ernannt. Er vermählte sich 1808 mit der Prinzessin
Marie Elisabeth Amalie, Tochter des Herzogs Wilhelm von Bayern (Linie. Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld).
Obgleich seine Thätigkeit im österreichischen Krieg von 1809 scharfen Tadel erfuhr, wurde er doch von
Napoleon nach der Schlacht bei Wagram zum Fürsten von Wagram erhoben und bekleidete auch in den Feldzügen von 1812 bis 1814 seinen
alten Posten als Chef des Generalstabs, bei dem er allerdings bloß die Befehle des Kaisers auszuführen und
nicht selbständig anzuordnen hatte. Die unaufhörlichen Kriege billigte Berthier nicht, da er sich nach Frieden und ruhigem Genuß
seiner hohen Stellung und seines Reichtums sehnte.
Nach dem Sturz Napoleons huldigte er daher Ludwig XVIII., verlor zwar die Souveränität von Neuchâtel, behielt aber seine Würde
als Pair und Marschall von Frankreich. Als Napoleon 1815 von Elba zurückkehrte, begab sich Berthier, unentschlossen,
was er thun sollte, zu seinem Schwiegervater nach Bamberg, wo er in völlige Geisteszerrüttung verfiel, in der er sich 1. Juni 1815,
durch den Vorbeimarsch russischer Truppen in Aufregung versetzt, vom Balkon des Schlosses hinabstürzte. Er hinterließ aus
seiner Ehe drei Kinder. Seine Leiche wurde im Kloster Banz beigesetzt, von wo sie 1884 nach Tegernsee übergeführt
ward. Seine »Mémoires« erschienen 1826 zu Paris. - Sein Sohn Napoleon, Fürst und Herzog von Wagram, geb. 11. Sept. 1810, wurde 1852 von
Ludwig Napoleon zum Senator ernannt.
2) César, Bruder des vorigen, geb. 4. Mai 1765, wurde 1802 Brigadegeneral, später
Chef des Generalstabs der ersten Militärdivision, befehligte 1805 ein Observationskorps an der holländischen Küste, wurde 1811 Divisionsgeneral,
Graf des Kaiserreichs, Gouverneur von Tobago und dann von Corsica und trat 1814 auf die Seite Ludwigs XVIII. über; er starb 17. Aug. 1819 in
Grosbois.
3) Victor Leopold, Bruder der vorigen, geb. 12. Mai 1770 zu Versailles, ward 1785 Offizier, 1795 Generaladjutant, 1799 Chef des Generalstabs
der Armee von Neapel und Brigadegeneral, 1803 Chef des Generalstabs der Armee in Hannover, machte als Divisionsgeneral die Feldzüge
von 1805 und 1806 mit und zeichnete sich bei Austerlitz aus, indem er das Zentrum der Russen durchbrach.
Nach der Wegnahme Lübecks unterhandelte er mit Blücher wegen dessen Kapitulation. Er starb 1807 in Paris.
Napoleon, Fürst und Herzog von Wagram, Sohn des Marschalls Berthier, starb 10. Febr. 1887;
Erbe seines Titels wurde sein
Sohn Alexandre Berthier, geb. 24. März 1836, der mit einer Tochter des
Frankfurter Rothschild vermählt ist.
(spr. -tieh), Alexandre, Herzog von Neuchâtel und Balangin, Fürst von Wagram, franz. Marschall,
geb. 20. Febr. 1753 zu Versailles, erhielt frühzeitig von seinem Vater, Ingenieurgeographen des Kriegsministeriums, Anleitung
für topogr. Arbeiten und trat nach Besuch der Militärakademie in das Geniekorps. Durch seine Talente für topogr. Arbeiten
lenkte er die Aufmerksamkeit des Königs auf sich, der ihm besondere Aufträge zur Anfertigung von Karten
erteilte.
Auf Wunsch des Prinzen Lambesc wurde er in dessen Regiment Dragons de Lorraine versetzt, das durch seine vorzügliche Schulreiterei
berühmt war. Die hier erlangte Reitfertigkeit und sein topogr. Verständnis sind von großem Einfluß auf B.s spätere Laufbahn
gewesen. Berthier ging 1778 im Generalstab des Grafen Rochambeau nach Amerika, zeichnete sich dort aus, kehrte
als Oberst zurück und wurde als Generalstabsoffizier in verschiedenen Stellungen verwendet. Nachdem Berthier beim Ausbruch der Revolution
als Kommandant der Nationalgarde von Versailles durch Entschlossenheit und Königstreue sich hervorgethan, erhielt er den
Rang als Brigadegeneral und fand im Generalstabe verschiedener Korps Verwendung; 1795 wurde er als Divisionsgeneral
und Chef des Generalstabes zur Armee nach Italien geschickt und trat, nachdem Bonaparte 1796 den Oberbefehl daselbst übernommen
und ihn schätzen gelernt hatte, zu diesem in ein vertrautes Freundschaftsverhältnis, welches er 18 Jahre klug zu erhalten
wußte.
Als sich Napoleon 1797 nach Rastatt begab, übernahm Berthier wieder den Oberbefehl, rückte Jan. 1798 in
päpstl. Gebiet ein und verkündete die Republik. Er schloß sich der ägypt. Expedition an,
kehrte mit Bonaparte zurück und wurde 1799 Kriegsminister. Berthier leistete vorzüglich Bedeutendes als Generalstabschef
und bekleidete, mit kleinen Unterbrechungen, diese Stellung in den Feldzügen bis zu Napoleons Abdankung 1814. Napoleon
ernannte Berthier 1804 zum Marschall, 1806 zum Fürsten von Neuchâtel (Berthier unterschrieb von da ab nur
mit seinem Vornamen), 1807 zum Viceconnétable des Reichs, verheiratete ihn 1808 mit der Prinzeß Marie Elisabeth Amalie von
Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld und machte ihn 1809 zum Fürsten von Wagram. Beim ersten Sturz Napoleons schloß
sich Berthier den Bourbonen an, verlor Neuchâtel, blieb aber Marschall und Pair.
Die ihm von Elba
mehr
gemachten Eröffnungen Napoleons beantwortete er weder, noch machte er Ludwig XVIII. davon Anzeige, wodurch er beiden Parteien
verdächtig wurde. Er ging, durch die Ereignisse von 1815 in geistige Verwirrung gebracht, zu seinem Schwiegervater nach
Bamberg, woselbst er sich vom Balkon des Schlosses, als russ. Truppen vorbeizogen, 1. Juni 1815 herabstürzte und
tötete. hat zwei Werke verfaßt: «Relation des campagnes du général Bonaparte en Ègypte et en Syrie» (Par. 1800) und die
unter Napoleons Einfluß entstandene «Relation de la bataille de Marengo »
(ebd. 1806). 182? erschienen zu Paris seine «Mémoires» (2 Bde.).
Von seinen Brüdern wurde Cesar, geb. 1765, 1802 Brigadegeneral, 1811 Divisionsgeneral,
später Gouverneur von Tabago und dann von Corsica. Er starb 1819. Ein anderer Bruder, Victor Leopold, geb. 12. Mai 1770, wurde 1785 Offizier, 1795 Generaladjutant, 1799 Chef
des Generalstabs und Brigadegeneral, 1805 Divisionsgeneral; er zeichnete sich bei Austerlitz und Lübeck aus und starb 21. März 1807 in
Paris.
Napoleon Alexander, Sohn des Marschalls, Fürst von Wagram, geb. 11. Sept. 1810, wurde 1852 Senator, war eifriger Anhänger Napoleons
III. und starb 10. Febr. 1887 in Paris. Ihm folgte als Fürst von Wagram sein Sohn Alexander, geb. 24. März 1836.