Bertha
(althochd. Berchta, Perahta, die »Glänzende«), Name mehrerer in das Gebiet der Sage gezogener berühmter Frauen des Mittelalters:
1) Bertha, die Heilige, auch Edithberga, eine fränkische Prinzessin, wurde 560 mit dem König Ethelbert von Kent vermählt, den sie zur Annahme des Christentums bewog, worin ihm seine Unterthanen folgten. Ihr Gedächtnis feiert die katholische Kirche 4. Juli.
2) Bertha (Bertrada) »mit dem großen Fuß« (Berthe au grand pié, auch »Bertha die Spinnerin« genannt), Tochter des Grafen Charibert von Laon, Gemahlin Pippins des Kurzen, gest. 783. Auf der Reise zu diesem wurde die Braut, deren wunderbare Schönheit nur durch einen großen Fuß verunstaltet war, von der Hofmeisterin, die sie geleitete, bestochenen Knechten zur Ermordung übergeben und ihre häßliche Tochter an die Stelle des Königskindes gesetzt. Der getäuschte Pippin trifft und erkennt aber später Bertha, die dem Tod entgangen ist, in einer Waldmühle an ihrem Fuß und vermählt sich nun mit ihr; die Frucht der Ehe war Karl d. Gr. Die ganze Persönlichkeit der Bertha ist mythischer Natur, ein Anklang an die Göttin Berchta (s. d.), an welche vor allem der »große Fuß« (der Fuß einer Schwanenjungfrau, den sie als Zeichen ihres höhern Wesens nicht ablegen kann) erinnert. An alten französischen und burgundischen Kirchen findet sich noch jetzt das Bild der »Reine Pédauque« (Regina pede aucae) mit dem Schwanen- oder auch Gänsefuß in Stein gehauen. Bertha ist es auch, auf welche sich das ursprünglich italienische Wort: »Die Zeit ist hin, wo Bertha spann« (Klage über das verschwundene goldene Zeitalter) bezieht. Vgl. Simrock, Bertha, die Spinnerin (Frankf. 1855).
3) Bertha, im Sagenkreis der Tafelrunde die Schwester Karls d. Gr., Mutter Rolands von Milo d'Angleris.
4) Tochter Karls d. Gr. von seiner Gemahlin Hildegard, Angilberts heimliche Gemahlin und des Geschichtschreibers Nithard Mutter, gest. 814.
5) Tochter des Herzogs Burkhard von Alemannien, Gemahlin Rudolfs II., Königs vom transjuranischen Burgund, führte nach dessen Tod (937) die Regentschaft für ihren unmündigen Sohn Konrad, Mutter der nachmaligen Kaiserin Adelheid, heiratete später den König Hugo von Italien, bekam 953 von Otto I. die Abtei Ehrenstein und starb gegen Ende des 10. Jahrh. Sie war eine sehr sorgsame Hausfrau und wird auf Siegeln etc. auf dem Thron spinnend dargestellt, daher irrtümlich von manchen das oben erwähnte Sprichwort aus diese Bertha bezogen wird.