Berryer
(spr. berrjē), Pierre Antoine, berühmter franz. Advokat und Redner, geb. zu Paris, [* 2] unterstützte, seit 1814 Advokat, bereits seinen Vater (1757-1841), der, ebenfalls Advokat, mit Dupin den Marschall Ney verteidigte. Er trat später noch in mehreren berühmten politischen Prozessen als Verteidiger auf, so 1826 für Lamennais, 1833 für Chateaubriand, 1840 für den Prinzen Ludwig Napoleon und 1858 für Montalembert; ebenso anerkannt war seine Thätigkeit in Zivil- und Kriminalprozessen.
Seine Beredsamkeit, welche durch eine vornehme, edle Erscheinung und eine prachtvolle Stimme noch gehoben wurde, trat noch mehr in seiner politischen Thätigkeit hervor. Obgleich aufrichtiger Anhänger der Bourbonen, hielt er doch an freisinnigen Grundsätzen fest, besonders als Verteidiger der Presse, [* 3] daher er 1829 für das Departement der obern Loire in die Kammer gewählt wurde. Nach der Julirevolution leistete er dem König Ludwig Philipp den Eid, ohne die Partei der Legitimisten zu verlassen. 1832 ward er beschuldigt, mit der Herzogin von Berri die Unruhen in der Vendée veranlaßt zu haben, aber von den Assisen zu Blois freigesprochen.
Wegen seines Besuchs 1843 in London [* 4] bei dem Herzog von Bordeaux [* 5] trat er infolge einer in der Deputiertenkammer ihm zu teil gewordenen Rüge aus der Kammer, wurde jedoch von Marseille [* 6] wieder gewählt. Nach dem Rücktritt des Ministeriums Thiers war er ein einflußreicher Gegner des Ministeriums Soult-Guizot. Nach der Februarrevolution in die Nationalversammlung gewählt, zählte er zu den Führern der aus der Vereinigung der frühern monarchischen Parteien bestehenden Majorität, hielt aber konsequent am Legitimitätsprinzip fest.
Beim
Staatsstreich im
Dezember 1851 wurde er,
weil er in der Versammlung auf der
Mairie für Absetzung des
Präsidenten
Ludwig
Napoleon gestimmt, verhaftet, doch bald wieder entlassen. Im
Februar 1852 lehnte er jede Kandidatur zum
Gesetzgebenden
Körper ab und wurde Mitglied des Orléansschen
Familienrats, in
dem er besonders eine Vereinigung der beiden bourbonischen
Linien zu stande zu bringen suchte. 1852 ward er Vorsteher des
Pariser Advokatenstandes und 1854 Mitglied
der
Akademie, wobei er dem
Kaiser die übliche Aufwartung verweigerte. 1863 nahm er wieder ein
Mandat als
Abgeordneter zum
Gesetzgebenden
Körper an, wo übrigens seine
Beredsamkeit nicht mehr ganz den alten
Eindruck machte. Er starb auf seinem
Landsitz La Brosse bei
Paris. Berryers
Reden erschienen gesammelt als
»Discours parlementaires« (Par. 1872-74, 5 Bde.)
und »Plaidoyers« (1875-78, 4 Bde.). 1879 ward
sein Standbild im Justizpalast in
Paris aufgestellt.
Vgl. Janzé,
Erinnerungen an Berryer
(deutsch,
Dresd. 1885).