Titel
Bernhardi
,
1) August Ferdinand, Sprachforscher und Schriftsteller, geb. zu Berlin, [* 2] studierte in Halle [* 3] unter Wolf, wurde. 1791 Lehrer am Friedrichswerderschen Gymnasium in Berlin, 1808 Direktor desselben, 1815 Mitglied des Konsistoriums und der wissenschaftlichen Prüfungskommission und starb nachdem er kurz vorher zum Direktor des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums ernannt war. Er war seit 1799 mit Sophie, einer Schwester Tiecks, verheiratet, von der er sich jedoch 1805 scheiden ließ.
Wir besitzen von ihm: »Vollständige lateinische Grammatik« (Berl. 1795-97, 2 Bde.);
»Vollständige griechische Grammatik« (das. 1797);
»Sprachlehre« (das. 1801-1803, 2 Bde.) und »Anfangsgründe der Sprachwissenschaft« (das. 1805), die letzten beiden Schriften von Bedeutung für die neuere Sprachwissenschaft. Am bekanntesten ist er durch seine Verbindung mit den Häuptern der romantischen Schule.
Daraus sind seine Theaterkritiken etc., besonders aber seine »Bambocciaden« (Berl. 1797-1800, 3 Bde.),
satirische Schnurren über das Berliner [* 4] Gesellschafts- und Litteraturleben, hervorgegangen. In den »Ansichten über die Organisation der gelehrten Schulen« (Jena [* 5] 1818) zeigte er sich als erfahrener Schulmann. Aus seinem und seiner Gattin Nachlaß gab sein Sohn Wilhelm ein seiner Zeit bekannter Journalist und Theaterkritiker, Erzählungen unter dem Titel: »Reliquien« (Altenb. 1847, 3 Bde.) heraus.
2) Karl, Schriftsteller, geb. zu Ottau in Kurhessen, studierte zu Marburg [* 6] Theologie und Philologie, erhielt 1826 die Stelle eines Universitätsbibliothekars in Löwen, [* 7] wo er seine Studien fortgesetzt hatte, und wurde 1829 als erster Bibliothekar an die kurhessische Landesbibliothek in Kassel [* 8] berufen. Die hessische Bewegung von 1830 fand in ihm einen ihrer rüstigsten Vorkämpfer. 1848 trat er für den Wahlbezirk Eschwege in die Nationalversammlung, wo er zu der Partei Gagern gehörte.
Nach der Auflösung der Nationalversammlung hielt er sich zur Partei der Gothaer. 1867-70 war er Mitglied des norddeutschen Reichstags sowie des preußischen Abgeordnetenhauses und schloß sich hier der nationalliberalen Partei an. Er starb Außer vielen zerstreuten Aufsätzen, Flugschriften und der gekrönten Preisschrift »De excidio regni judaici« (Löwen 1824) veröffentlichte er eine Übersetzung von Degérandos »Fortschritte des Gewerbfleißes« (Kassel 1842),
»K. Schomburgs Nachlaß und Briefwechsel« (das. 1843),
»Wegweiser durch die Volks- und Jugendschichten« (Leipz. 1852),
»Die Sprachgrenze zwischen Deutschland [* 9] und Frankreich« (Kassel 1871),
eine »Sprachkarte von Deutschland« u. a.
3) Theodor von, deutscher Diplomat und Geschichtschreiber, geb. zu Berlin, verlebte seine Jugend in Rußland, studierte 1820-23 in Heidelberg, [* 10] besonders durch Schlosser beeinflußt, siedelte nach längern Reisen im Ausland nach Deutschland über und kaufte sich in Schlesien, [* 11] zu Kunnersdorf bei Hirschberg, [* 12] an. 1865 zum preußischen Legationsrat ernannt, ward er als preußischer Militärbevollmächtigter nach Florenz [* 13] gesandt, suchte jedoch 1866 vergeblich Lamarmora zu einer erfolgreichern, den preußischen Interessen ernstlich dienenden Kriegführung zu bestimmen. 1867-71 war in diplomatischen Aufträgen in Italien, [* 14] Spanien [* 15] und Portugal thätig.
Von seinen Schriften verdienen hervorgehoben zu werden: »Versuch einer Kritik der Gründe, die für großes und kleines Grundeigentum angeführt werden« (Petersb. 1849);
das für die Geschichte der Freiheitskriege höchst wichtige Werk »Denkwürdigkeiten aus dem Leben des russischen Generals Karl Friedrich v. Toll« (2. Aufl., Leipz. 1865-66, 4 Bde.);
»Geschichte Rußlands und der europäischen Politik in den Jahren 1814-31« (das. 1863-77, Bd. 1-3);
»Vermischte Schriften« (Berl. 1879, 2 Bde.) und »Friedrich d. Gr. als Feldherr« (das. 1881, 2 Bde.).