Blau, Name mehrerer tiefblauer Substanzen, welche auf verschiedene Weise, am häufigsten durch Fällung von Eisenoxydulsalzen
mit rotem oder durch Fällung von Eisenoxydsalzen mit gelbem Blutlaugensalz, erhalten werden, früher
allgemein
als Verbindungen von Eisencyanür (FeCy2 ) mit Eisencyanid (Fe2Cy6 ) betrachtet wurden,
nach neuern Forschungen aber komplizierter zusammengesetzt sind. Gießt man in eine Lösung von gelbem Blutlaugensalz eine zur
Zersetzung desselben nicht hinreichende Menge von Eisenchloridlösung oder umgekehrt eine Eisenoxydulsalzlösung in überschüssige
Lösung von rotem Blutlaugensalz, so entsteht ein tiefblauer Niederschlag (Fe2K2[Fe2Cy12] ^[Fe2K2[Fe2Cy12]]),
welcher sich beim Auswaschen, sobald die Salze entfernt sind, plötzlich in Wasser löst (lösliches Berliner). Er ist tiefblau, amorph,
verliert seine Löslichkeit bei 100°, wird aus den Lösungen durch Salze und Alkohol gefällt und gibt mit Alkalien Eisenhydroxyd
und Kaliumeisencyanür; Eisenvitriollösung fällt aus seiner Lösung Turnbulls Blau (Ferroferricyanid)
2Fe5Cy12 . Dies wird aus Eisenoxydulsalzlösung durch rotes Blutlaugensalz gefällt, ist tiefblau,
aber etwas heller als das folgende, löst sich in Oxalsäure mit rein blauer Farbe, nicht in Wasser, gibt beim Erhitzen Blausäure
und Eisenoxyd und beim Kochen mit Kalilauge gelbes Blutlaugensalz und Eisenhydroxyd.
Wird Turnbulls Blau mit Salpetersäure oder wässerigem Chlor behandelt, so entsteht Williamsons Blau 2Fe9Cy18
, welches auch aus Eisenoxydsalzlösungen durch gelbes Blutlaugensalz und aus der Lösung von löslichem Berliner durch
Eisenoxydsalzlösung gefällt wird. Es ist tiefblau, geruch- und geschmacklos, nimmt beim Reiben starken Kupferglanz an, löst
sich nicht in Wasser, gibt beim Erhitzen Eisenoxyd und Blausäure und verbrennt bei starkem Erhitzen an der
Luft wie Zunder.
Beim Kochen mit Ätzlauge gibt es gelbes Blutlaugensalz und Eisenhydroxyd. Es löst sich in Oxalsäure mit rein blauer, in weinsaurem
Ammoniak mit violetter Farbe. Alle Sorten von Berliner enthalten Wasser und sind hygroskopisch, ein Teil des Wassers
entweicht erst bei vollständiger Zersetzung. In der Technik wird ein im wesentlichen aus Turnbulls Blau bestehendes Präparat
dargestellt, indem man eine Lösung von gelbem Blutlaugensalz mit Eisenvitriollösung fällt, den entstehenden weißen Niederschlag
durch Kochen mit Salpetersäure und Schwefelsäure bläut, auswäscht, preßt und trocknet.
Dies Pariser Blau ist sehr leicht, tiefblau, kupferglänzend, in Wasser unlöslich. Ein helles Stahlblau
mit wenig Kupferglanz (Miloriblau) wird durch Oxydation des weißen Niederschlags mit Chromsäure erhalten. Auch aus der Mutterlauge
von der Darstellung des roten Blutlaugensalzes, aus Gaskalk und Lamingscher Masse (der Gasanstalten) wird Berliner dargestellt. Im
Handel versteht man unter Pariser Blau stets die reine Verbindung, unter Berliner dagegen Mischungen derselben
mit Stärke, Schwerspat, Gips, Thon etc.; hellere Nüancen bilden das Mineralblau (Hamburger, Fingerhutblau), und eine Mischung von
Pariser Blau mit viel Stärke zum Bläuen der Wäsche ist das Waschblau (Neublau).
Pariser Blau ist recht luft- und lichtbeständig, bleicht aber doch nach und nach aus. Es besitzt
sehr große Deckkraft und kann als Wasser- und Ölfarbe, aber nicht als Kalkfarbe benutzt werden, da es von Ätzkalk zersetzt
wird. Säuren widersteht es recht gut, durch Schwefelwasserstoff aber wird es schmutzig. Mit rein gelber Farbe gibt es ein schönes
Grün. Man benutzt es auch in der Buntpapierfabrikation, zum Buch- und Tapetendruck. Mit Leinöl gekocht,
gibt es einen sehr schönen schwarzen, elastischen Lederlack (Blaulack), wobei es aber selbst ganz unverändert bleibt und
aus dem Bodensatz wiedergewonnen werden kann. Lösungen von Berliner benutzt man
mehr
als blaue Tinte, zur Aquarellmalerei, zum Illuminieren von Landkarten und zum Ausspritzen der Gefäße bei anatomischen Präparaten.
In der Zeugdruckerei befestigt man bisweilen das fertige Berliner mit Eiweiß auf den Geweben, meist erzeugt man es aus diesen selbst,
indem man sie mit Eisenoxydlösung tränkt und dann durch eine Mischung von gelbem Blutlaugensalz mit
Mineralsäure passiert. Wird gleichzeitig Zinnchlorür angewendet, so erhält das Blau eine prächtige Purpurnüance (Raymonds
Blau, Napoleons Blau, Kaliblau). Das auf Seide hervorgebrachte Bleu de France wird nur mit Blutlaugensalz versetzt, indem man die
Lösung mit Schwefelsäure versetzt und das Gewebe in der Flüssigkeit bei Luftzutritt erhitzt. Berliner wurde 1704 von
Diesbach in Berlin entdeckt und die Fabrikation bis 1724 geheim gehalten. Später wurde es der Ausgangspunkt für zahlreiche
Untersuchungen, und erst in neuester Zeit erkannte man die wahre Zusammensetzung.
(Preußischblau, Coeruleum berolinense). - Unter diesem Namen faßt man gewöhnlich alle diejenigen blauen
Farben zusammen, die aus Eisencyanürcyanid in mehr oder weniger reinem Zustande bestehen. Das reine Eisencyanürcyanid ist
tief dunkelblau und kann in zwei verschiedenen Arten erhalten werden, die das Eisencyanid und Eisencyanür
in zwei verschiedenen Mengen Verhältnissen enthalten und sich auch in der Farbennüance unterscheiden. Das Material zur
Bereitung liefern die beiden Blutlaugensalze (s. d.). Wenn man eine Lösung von rotem Blutlaugensalz mit einer Lösung von
Eisenvitriol vermischt, so erhält man einen dunkelblauen Niederschlag, der nach dem Trocknen aus
prachtvoll tiefblauen Stücken mit einem Stiche ins Violette besteht; dieses Eisencyanürcyanid führt den besonderen Namen
Turnbull's Blau, ist aber teurer und weniger im Handel, als das aus gelbem Blutlaugensalze bereitete.
Setzt man zu dessen Lösung eine Eisenvitriollösung, so erhält man einen hellblauen (bei vollständigem Luftabschluß weißen)
Niederschlag, der an der Luft - nach und nach, schneller durch Zusatz von etwas Chlorkalklösung, dunkelblau
wird. Dieser Niederschlag getrocknet ist das gewöhnliche B. des Handels. Durch Zusatz von indifferenten weißen Körpern,
wie Thon, Gips, Schwerspat u. s. w. erhält man die helleren und billigeren Sorten, die wieder
besondere Namen führen, so z. B. Louisenblau, Zwickauerblau, Ölblau,
Antwerpenerblau, Mineralblau, Sächsisches Blau, Hortensienblau. - Wendet man zur Fällung des gelben Blutlaugensalzes, anstatt
Eisenvitriol,
mehr
48 eine schwefelsaure Eisenoxydlösung oder eine Eisenchloridlösung an, so erhält man sofort einen dunkelblauen Niederschlag,
braucht also in diesem Falle keine Chlorkalklösung hinzuzusetzen. Der Niederschlag hält aber auch nach dem Auswaschen immer
noch eine gewisse Menge Kali zurück; wird dieses durch Behandlung mit einer Mineralsäure entfernt, so erhält man ein
reineres und intensiver gefärbtes Eisencyanürcyanid, welches man Pariserblau oder auch Miloriblau nennt; man erhält es
in dunkelblauen Stücken, welche auf dem Bruche einen kupferroten Metallglanz zeigen, ähnlich dem Indigo. Eine Lösung dieses
Pariserblau in wässriger Oxalsäure wird als blaue Tinte verwendet. Es läßt sich auch durch sorgfältiges Auswaschen aller
beigemengten Salze ein Blau herstellen, welches sich in destilliertem Wasser auflöst und lösliches Berlinerblau
genannt wird; durch Zusatz von etwas Alkohol kann es ausgefällt werden; man verkauft es in Form kleiner Täfelchen. - Neublau
oder Waschblau ist Stärkemehl, welches durch einige Prozente B. hellblau gefärbt ist und zum Bläuen der Wäsche
benutzt wird. Die aufgeführten blauen Farben (Mineralblau) sind wie auch das mit Stärke versetzte Waschblau zollfrei. -
Zu vergl. Anilinfarben.
Blau, ein wichtiges Farbmaterial, das eine leichte dunkelblaue, auf dem Bruche kupferglänzende
Masse darstellt. Es wird durch Wärme sowie durch Alkalien und konzentrierte Säuren zerstört. Es bildet sich immer, wenn
Lösungen von gelbem Blutlaugensalz und von Eisenoxydsalzen zusammenkommen. Der entstehende blaue Niederschlag hat die chem.
Zusammensetzung Fe7(CN)18 und kann als Eisenoxydsalz der Ferrocyanwasserstoffsäure betrachtet werden.
Bei der technischen Darstellung fällt man gelbes Blutlaugensalz mit Eisenvitriollösung, wodurch zuerst
ein weißer Niederschlag von Ferro-Ferrocyanür, Fe3(CN)6, gebildet wird, der durch oxydierende Mittel, wie Chlor, nachträglich
in Blau verwandelt wird. Hierbei entsteht das eisenoxydhaltige basische Berliner, das demnach immer im gewöhnlichen
Handelsprodukte neben neutralem Berliner vorhanden ist. Erfunden wurde es 1704, nach andern 1707,
von dem Farbenfabrikanten Diesbach in Dippels Laboratorium zu Berlin und die Bereitung bis 1724 als Geheimnis bewahrt.
Das an sich unlösliche Berliner löst sich in verdünnter Oxalsäure leicht auf (blaue Tinte). In der Aquarellmalerei verwendet man
eine in Wasser lösliche Modifikation, deren Darstellung etwas abweichend ist. Das gewöhnliche Berliner gebraucht
man als Leimfarbe, seltener in der Ölmalerei. Die vorzüglichste Anwendung findet es aber in der Färberei für Wolle und
Baumwolle und in der Zeugdruckerei. Das nach einem bestimmten Verfahren auf Seide hervorgebrachte Blau heißt Bleu Raymond oder
Bleu de France. Das Berliner, dessen verschiedene Sorten auch unter den Namen Pariser Blau, Miloriblau, Erlanger
Blau, Preußischblau, Hamburger Blau im Handel vorkommen, enthält oft Thonerde oder Schwerspat. Die hellern so gemischten Sorten
nennt man Mineralblau. Ein ähnliches Blau ist auch das Turnbullblau (s. d.).
Das Verfahren des Färbens mit Berliner ist etwas
verschieden, je nachdem man Baumwolle oder Wolle zu färben hat.
Für Baumwolle fällt man das Berliner unmittelbar auf der Faser, indem man die Stoffe zuerst durch eine Lösung eines Eisensalzes
nimmt, sie gut auswringt und dann in eine angesäuerte Lösung von Blutlaugensalz eintaucht. Für 10 kg Baumwolle z. B. bereitet
man das Eisenbad aus 1400 g Eisenbeize von 40° B. (salpetersaures Eisen) und 130 g Zinnsalz, das zweite
Bad enthält 260 g gelbes Blutlaugensalz und 240 g Schwefelsäure.
Wollene Stoffe färbt man mit rotem Blutlaugensalz in saurer Lösung heiß aus, wobei die frei werdende Ferricyanwasserstoffsäure
sich beim Erhitzen zersetzt und Berliner ausscheidet, das von der Wolle fixiert wird. Zum Färben von 10 kg Wolle
z. B. löst man im kupfernen Kessel 500 g rotes Blutlaugensalz, fügt 500 g Schwefelsäure hinzu, bringt die Wolle hinein und
erhitzt hierauf ganz langsam zum Kochen; sobald die Flüssigkeit kocht, nimmt man die Wolle heraus, fügt noch 500 g Schwefelsäure
zu, bringt die Wolle wieder hinein und kocht von neuem.