Bergsöe
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Wilhelm, dän. Novellist und Naturforscher, geb. zu Kopenhagen [* 2] als Sohn des Administrators der königlichen Porzellanfabrik, studierte auf der dortigen Universität seit 1854 erst zwei Jahre Medizin, dann Naturwissenschaften, besonders Zoologie, und ging 1862 nach Italien, [* 3] wo er namentlich in Messina [* 4] die Fauna des Mittelmeers [* 5] erforschte und interessante Beobachtungen über die Parasiten des Schwertfisches machte. Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er über die letztern die Monographie »Philichthys Xiphiae« (1864),
sodann ein umfangreiches Werk: »Über die italienische Tarantel und den Tarantismus im Mittelalter und in neuerer Zeit« (Kopenh. 1865). Durch den anhaltenden Gebrauch des Mikroskops zog er sich eine heftige Augenentzündung zu, infolge deren er für einige Zeit völlig erblindete und sich genötigt sah, seine Laufbahn als Naturforscher aufzugeben. Mit verdoppeltem Eifer wandte er sich nun der litterarischen Thätigkeit zu, diktierte zunächst den Novellencyklus »Fra Piazza del Popolo« (1866, 4. Aufl. 1880; deutsch von Strodtmann, Berl. 1870),
der große Sensation erregte, und ließ demselben seine erste Gedichtsammlung: »I Ny og Nä« (»Dann und wann«, das. 1867),
nachfolgen. Während eines zweiten Aufenthalts in Rom [* 6] (1868),
wo er teilweise Heilung seines Augenleidens fand, schrieb er den Roman »Fra den gamle Fabrik« (»Aus der alten Fabrik«, 3. Aufl. 1879; deutsch, 2. Aufl., Leipz. 1874),
Erinnerungen aus seiner Jugendzeit, die zwar nicht an phantastischer Kraft [* 7] dem vorhergehenden gleichkamen, aber in Form und Inhalt reifer sind. Der etwas breite Roman »I Sabinerbjergene« (1871; deutsch: »Im Sabinergebirge«, Brem. 1872) setzte die Reihe fort;
dann folgten: »Bruden fra Rörvig« (1872; deutsch: »Die Braut von Rörvig«, Berl. 1872);
»Gjengangerfortällinger« (1873; deutsch: »Gespensternovellen«, das. 1873);
»Italienske Noveller« (1874; deutsch, Leipz. 1876) und die letzte novellistische Arbeit: »Hvem var han?« (»Wer war er?«),
die einzige, die er selbst niederschrieb, und die deshalb auch die feinste und ausgearbeitete ist.
Reiche Phantasie, feine Beobachtung und glänzende Darstellung zeichnen diese Romane aus und lassen auch an Originalität seine lyrischen Dichtungen weit hinter sich. Von letztern erschienen noch zwei Sammlungen: »Hjemvee« (»Heimweh«, 1872) und »Blomstervignetter« (»Blumenvignetten«). In dem Werk »Rom under Pius den Niende« (1874-1879),
zu welchem er während eines dritten Aufenthalts in Rom 1872 seine Studien machte, schildert er zu Bildern französischer Künstler das päpstliche Rom als den Herd des Ultramontanismus; in »Fra Mark og Skow« (»Aus Feldand Welt«, 1880, 3 Tle.), einer Sammlung früherer naturhistorischer Schilderungen, gibt er populäre Darstellungen aus dem Leben der Insekten. [* 8]