Titel
Bergrecht,
der Inbegriff der auf den Bergbau bezüglichen Rechtsnormen. Solche eigentümliche Rechtsregeln, durch welche der Bergbau von den übrigen Bodennutzungen gesondert wird, haben sich zuerst in Deutschland gebildet und sind von hier über die meisten Länder des europäischen und des amerikanischen Kontinents verbreitet worden. Die Grundlage des deutschen Bergrechts besteht in einer Einschränkung des Grundeigentums, vermöge deren die Lagerstätten gewisser Mineralien der Disposition des Grundeigentümers entzogen und als herrenlose Sachen der Okkupation preisgegeben sind. Dieses Rechtsinstitut führt den Namen der Bergbaufreiheit.
Geschichte des Bergrechts.
Die Bergbaufreiheit ist deutschen Ursprungs. Im griechischen und römischen Altertum war das Recht zum Bergbau mit dem Grundeigentum da, wo dieses zu vollen Rechten besessen wurde, verbunden. In den eroberten Ländern, wo der Staat kraft des Rechts der Eroberung als der alleinige Grundeigentümer galt und den Privaten nur Besitzrechte am Grund und Boden zugeschrieben wurden, war die Nutzung des Bergbaues häufig dem Staat vorbehalten. Die Silbergruben von Laurion und die thrakischen Goldbergwerke, welche eine reiche Finanzquelle des athenischen Staats bildeten, waren an Private gegen einen Anteil am Rohertrag (1/24) in Erbpacht gegeben.
Eine flüchtige Ähnlichkeit zwischen diesem Pachtverhältnis und der mit dem Zehnten belasteten Bergwerksverleihung des deutschen Rechts hat zu der ganz unbegründeten Vermutung Veranlassung gegeben, daß das deutsche Bergrecht aus einer wie immer vermittelten Aneignung des griechischen oder des thrakischen Bergrechts hervorgegangen sei. Die Grundsätze der Bergbaufreiheit sind deutschen Ursprungs. Sie entwickelten sich zuerst an den ältesten Pflanzstätten des deutschen Bergbaues, der seit dem 10. Jahrh. in Sachsen und Thüringen aufzublühen begann; vielleicht schon mit den Anfängen dieses Bergbaues, denn sie treten uns in den ersten Aufzeichnungen des 13. Jahrh. bereits in einer sehr entwickelten Form entgegen, die auf ein hohes Alter schließen läßt.
Nach diesen Normen, wie sie uns in der ältesten vollständigen Aufzeichnung des deutschen Bergrechts, in dem Iglauer Bergrecht, vorliegen, war jeder Bürger der Gemeinde zum Bergbau berechtigt. Der erste Finder war befugt, die Zumessung eines bestimmten Distrikts zum Bergwerksbetrieb zu verlangen. Es ist nicht zu verkennen, daß diese ältesten Normen des deutschen Bergrechts eine nahe Verwandtschaft mit der ältesten Form des deutschen Grundbesitzes, der Markgenossenschaft, zeigen.
Auch nach den Regeln dieses Rechtsinstituts war die Mark allen Mitgliedern der Gemeinde gemeinsam; es existierte daran kein gesondertes Privateigentum, sondern dem einzelnen Bürger wurde jährlich von der Genossenschaft ein Stück zur Kultur überwiesen, von welchem er einen Teil des Ertrags an die Gemeinde abgeben mußte. Beim Bergbau mußte natürlich der jährliche Wechsel der Kultur und die gleiche Verteilung an alle Genossen wegfallen; es trat dafür das Recht des ersten Finders ein.
Dieses Gewohnheitsrecht fand mit den deutschen Bergleuten aus Sachsen und Meißen in Böhmen, Mähren und Ungarn, in Tirol und Italien Eingang. Die deutschen Bergleute nahmen ihre Gemeindeverfassung und ihr Bergrecht mit in die Kolonien, welche sie mitten unter einer romanischen und slawischen Bevölkerung gründeten. Sie zeichneten ihre Gewohnheiten dort, wo die Berührung mit fremdem Recht, mit fremder Sitte und Sprache dies notwendig erscheinen ließ, in deutscher oder lateinischer Sprache auf und zwar in der Regel die Stadtrechte mit dem in einer und derselben Urkunde. Unter diesen Aufzeichnungen sind besonders die Bergrechte von Trient (1185), Iglau (1250), Schemnitz (vor 1275) und Schladming in Steiermark (1307) zu erwähnen. Das Freiberger Bergrecht, welches als
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die Quelle dieser Aufzeichnungen gelten darf, wird schon in der kulmischen Handfeste 1232 erwähnt, ist aber erst später niedergeschrieben. So verbreitete sich das ursprünglich lokale Bergrecht mit dem Bergbau allmählich über das ganze deutsche Land und die Grenzländer, ebenso wie fast um dieselbe Zeit das lübische Recht, entstanden aus den ursprünglich ganz lokalen Willküren der Kaufleute, sich aus den Städten der Hansa über ganz Norddeutschland und die Ostseeländer verbreitete und das alte deutsche Recht der Gewere durch das moderne Recht der Mobilien und des Erwerbs verdrängte.
Beinahe gleichzeitig mit der allgemeinen Anerkennung der Bergbaufreiheit tritt der Anspruch der deutschen Kaiser auf das Bergregal auf. In dem roncalischen Reichstagsbeschluß (1158) werden die Silberbergwerke (argentariae) neben den Einkünften von den Salinen als Gegenstände des Regals aufgeführt. Man pflegte jenen Reichstagsbeschluß bis in die neuere Zeit als das erste Reichsgesetz über das Bergregal zu bezeichnen, wobei indes übersehen wurde, daß derselbe kein deutsches Reichsgesetz ist, sondern ein Gesetz des lombardischen Königreichs, welches nichts andres bezweckte, als die Rechte des Kaisers gegenüber den lombardischen Freistädten festzusetzen.
Gleichwohl ist es eine geschichtlich beglaubigte Thatsache, daß Friedrich I. im Anschluß an den roncalischen Reichstagsbeschluß auch in Deutschland das Bergregal in Anspruch nahm. Allein dieser Anspruch ist in Deutschland weder durch einen Akt der Reichsgesetzgebung bestätigt worden, noch zur allgemeinen thatsächlichen Geltung gelangt. Das Bergrecht befand sich im 13. Jahrh. in einer Fermentation, indem die Bergbaufreiheit, das Regal und das Recht des Grundeigentümers, welcher insbesondere noch im »Sachsenspiegel« (1230) und in dem Löwenberger Goldrecht (1270) als berechtigt zum Bergbau anerkannt wird, um die Herrschaft kämpften.
Dieser Kampf entgegengesetzter Prinzipien erhielt einen vorläufigen Abschluß durch die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. 1356, welche (Kap. IX) den Kurfürsten das Bergregal auf alle Metalle und auf das Salz zuspricht und damit sowohl das kaiserliche Regal als auch das Recht des Grundeigentümers zum Bergbau beseitigt. Die Bergbaufreiheit blieb zwar neben dem landesherrlichen Bergregal bestehen; allein es bildete sich nun die Auffassung aus, daß die Erze ursprünglich ein Eigentum des Landesherrn seien, und daß nur durch die von diesem ausgegangene sogen. Freierklärung ein Recht für den Finder und den Muter auf die Erwerbung des Bergwerkseigentums begründet werde.
Eine weitere Konsequenz jener Regalitätstheorie war die Folgerung, daß das Bergregal als ein niederes Regal mit Inbegriff aller dem Staat in Bezug auf den Bergbau zustehenden Rechte auch von Privatpersonen besessen werden könne. Es entstand so das dem ältern Recht fremde Institut des Privatregalbesitzes. Die neuere deutsche Berggesetzgebung hat den Begriff der Regalität ausgeschlossen und die Bergbaufreiheit in ihrer ursprünglichen Uneingeschränktheit wiederhergestellt.
Das gemeine deutsche Bergrecht enthält das allen deutschen Stämmen gemeinsame Recht. Deutschland hat zwar niemals eine allgemeine, für das ganze Reich gültige Bergordnung besessen, und es ist seit der Goldenen Bulle überhaupt kein Reichsgesetz über den Bergbau zu stande gekommen. Die deutsche Berggesetzgebung besteht vielmehr in lauter partikularen Bergordnungen. Allein in diesen Bergordnungen begegnet man überall denselben Rechtsgrundsätzen und Regeln. Sie enthalten gemeines, nicht partikulares Recht (Brassert).
Die Reihe der landesherrlichen Bergordnungen wird im 16. Jahrh. durch die Annaberger Bergordnung Herzog Georgs von Sachsen (1509) und die Joachimsthaler Bergordnung Kaiser Ferdinands I. (1548) eröffnet. Aus beiden ging die kursächsische Bergordnung des Kurfürsten Christian (1589) hervor, in welcher sich bereits das deutsche in derjenigen Gestalt entwickelt findet, welche dasselbe bis in die Mitte des gegenwärtigen Jahrhunderts behauptet hat. Die übrigen Bergordnungen des 16.-18. Jahrh. sind bei ihrer übergroßen Zahl dennoch von geringem Belang für die materielle Entwickelung des deutschen Bergrechts.
Als besonders wichtig ist die im allgemeinen preußischen Landrecht (1794), Teil II, Tit. 16,. enthaltene Bergordnung zu erwähnen. Die Geschichte des gemeinen deutschen Bergrechts schließt mit der Auflösung des Deutschen Reichs ab, nicht bloß, weil mit demselben das formale Band der Rechtseinheit aufgelöst wurde, welches bis dahin die deutschen Stämme verknüpft hatte, sondern noch mehr deshalb, weil die neuere Berggesetzgebung in den deutschen Staaten sich zum Teil sehr weit von den Grundlagen des deutschen Bergrechts entfernt hat.
Das österreichische Berggesetz von 1854, das königlich sächsische Berggesetz von 1868, das großherzoglich sächsische Berggesetz von 1857 enthalten nicht wie die ältern Bergordnungen gemeines Recht, sondern jedes dieser Gesetze hat ein neues, eigentümliches Landesrecht geschaffen, und es ist nicht mehr möglich, aus diesen Gesetzen ein den verschiedenen Staaten gemeinsames Recht abzuleiten. Dies gilt auch von dem allgemeinen Berggesetz für die preußischen Staaten vom obgleich dasselbe strenger an den überlieferten Grundsätzen und Formen des deutschen Bergrechts festhält als seine oben genannten Vorgänger. Es bildet deshalb den geeigneten Ausgangspunkt für die Wiederherstellung der deutschen Rechtseinheit auf dem Gebiet des Bergrechts, möge dieselbe nun in der Gestalt eines allgemeinen deutschen Berggesetzes oder auch nur dadurch erreicht werden, daß die einzelnen deutschen Staaten bei der Erneuerung ihrer Berggesetze auf die thunlichste Übereinstimmmung ^[richtig: Übereinstimmung] mit den in dem preußischen Berggesetz angenommenen Grundsätzen Bedacht nehmen.
Dies ist bereits in verschiedenen deutschen Staaten geschehen, so in den Berggesetzen für Bayern vom Braunschweig vom Elsaß-Lothringen vom Württemberg vom Hessen vom ferner in Sachsen-Meiningen, -Gotha und -Altenburg, Anhalt, Reuß j. L. und Waldeck. In allen diesen Ländern ist das preußische Berggesetz nach dem größten Teil seines Inhalts unverändert angenommen und nur in denjenigen Abschnitten modifiziert worden, welche, wie die Verfassung der Bergbehörden und die Bergpolizei, in naher Beziehung zu der in den verschiedenen Staaten abweichend gestalteten Gesetzgebung des öffentlichen Rechts stehen. Wo im folgenden auf das preußische Berggesetz verwiesen wird, gilt diese Hinweisung zugleich für die in Bayern, Württemberg, Hessen etc. geltenden konformen Gesetze.
Aus der Litteratur des Bergrechts sind folgende Schriften hervorzuheben: Gmelin, Beiträge zur Geschichte des deutschen Bergbaues (Halle 1783);
Th. Wagner, Corpus juris metallici recentissimi et antiquioris, Sammlung der neuesten und ältern Berggesetze (Leipz. 1791);
Brassert, Bergordnungen der preußischen Lande, Sammlung der in Preußen gültigen Bergordnungen nebst Ergänzungen und Erläuterungen (Köln 1858);
Hake, Kommentar über
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das Bergrecht (Sulzbach 1823);
Karsten, Grundriß der deutschen Bergrechtslehre mit Rücksicht auf die französische Berggesetzgebung (Berl. 1828);
die Kommentare zum allgemeinen Berggesetz für die preußischen Staaten von Klostermann (4. Aufl., das. 1885) und Huyssen (2. Aufl., Essen 1867);
Klostermann, Lehrbuch des preußischen Bergrechts mit Berücksichtigung der übrigen deutschen Bergrechte (Berl. 1870);
Achenbach, Lehrbuch des gemeinen deutschen Bergrechts, Bd. 1 (Bonn 1870);
»Zeitschrift für Bergrecht« (hrsg. von Brassert, Bonn, seit 1860).
Inhalt des Bergrechts.
Als Gegenstände des Bergwerkseigentums werden in der Goldenen Bulle von 1356 die Metalle und das Salz namhaft gemacht. Auf diese Gegenstände blieben auch nach gemeinem deutschen Bergrecht das Bergwerkseigentum und das frühere Bergregal beschränkt. Partikularrechtlich wurden beide jedoch noch auf andre Mineralien ausgedehnt, und es wurden mit der weitern Entwickelung des Bergbaues allmählich in dem größten Teil von Deutschland auch Schwefel, Alaun- und Vitriolerze, Salpeter, Graphit und vor allem Stein- und Braunkohlen dem Bergregal unterworfen.
Die Metalle kommen in der Natur selten rein, sondern meist in Verbindungen mit andern Stoffen vor. Diese Verbindungen führen den Namen Erze. Unter den Erzen aber werden nicht alle natürlich vorkommenden Verbindungen der Metalle mit andern Stoffen verstanden, sondern das Mineral muß, um als ein Erz im Sinn des Bergrechts und als ein Objekt der Bergbaufreiheit zu gelten, zur Darstellung des Metalles technisch verwendet werden können. Das Vorkommen einzelner Metalle, z. B. des Eisens, ist so verbreitet, daß es sich in der Mehrzahl der Mineralien, welche Gegenstand der ökonomischen Nutzung sind, als Bestandteil vorfindet, ohne daß jedoch diese Mineralien zur Eisenproduktion verwendet werden können.
Solche Mineralien werden nicht zu den Erzen im technischen Sinn und im Sinn des Gesetzes gerechnet und bilden keinen Gegenstand des Bergwerkseigentums, sondern einen Bestandteil des Grundeigentums. Raseneisenerze sind nach dem preußischen Berggesetz der Verfügung des Grundeigentümers überlassen, ebenso die nicht auf natürlicher Lagerstätte vorkommenden losen Findlinge. Auch das Waschgold ist nach dem bayrischen Berggesetz von den Gegenständen der Verleihung ausgenommen.
Stein- und Braunkohlen gehören dem Grundeigentümer im Königreich Sachsen und in Teilen der preußischen Provinzen Sachsen, Preußen und Hannover, ebenso Eisenerze in Schlesien, Steinsalz und Solquellen in Hannover. Solquellen sind die kochsalzhaltigen Quellen, aus denen durch Gradierung und Siedung das Siedesalz dargestellt wird. Die übrigen Mineralquellen fallen nicht unter die Bestimmungen des Berggesetzes. Unter den Gegenständen des Bergwerkseigentums ist der Bernstein nicht mit inbegriffen. In Pommern ist die Bernsteingewinnung dem Grundeigentümer überlassen. In Westpreußen ist der Bernstein, soweit er in der Ostsee gefischt oder am Strande derselben gefunden wird, ein Vorbehalt des Staats. In Ostpreußen ist er gänzlich dem Rechte des Grundeigentümers sowie der Okkupation durch Private entzogen und dem Staat vorbehalten.
Die Erwerbung des Bergwerkseigentums erfolgt durch das Finden, die Mutung und die Verleihung. Nach den ältesten deutschen Gewohnheitsrechten genügte das Finden allein, um das Eigentum an der gefundenen Lagerstätte innerhalb der gesetzlichen Grenzen der Fundgrube zu erwerben. Die spätern Berggesetze lassen das Recht des Finders auf die Fundgrube zwar bestehen, allein sie verlangen zur Erwerbung des Bergwerkseigentums die Mutung und geben dem Finder nur ein Vorrecht zum Muten.
Dieses Vorrecht des Finders ist auch in dem preußischen Gesetz beibehalten, jedoch nur zu gunsten desjenigen, welcher auf eignem Grund und Boden oder im eignen Bergwerk oder durch zu diesem Zweck unternommene Schurfarbeit findet; auch muß dasselbe binnen einer Woche geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist kann der Fund von jedem Dritten gemutet werden. Das sächsische Berggesetz macht das Vorrecht des Finders von dem Besitz eines Schurfscheins, d. h. einer amtlichen Ermächtigung zum Aufsuchen der Mineralien, abhängig, ebenso das österreichische Gesetz, welches zwischen allgemeinen Schürfbewilligungen und Freischürfen unterscheidet.
Letztere gewähren das Vorrecht zur Verleihung innerhalb des Schurfkreises nicht erst vom Zeitpunkt des Fundes, sondern schon von der Anmeldung und Setzung des Schurfzeichens an. Das gemeine deutsche Bergrecht kannte überhaupt keinen Schurfschein, sondern gestattete, beliebig auf fremdem Grund und Boden einzuschlagen und nach Mineralien zu suchen. Nach den neuen Gesetzen ist hierzu die Einwilligung des Grundbesitzers erforderlich, welche im Fall der Weigerung durch die Bergbehörde unter Festsetzung einer Entschädigung ergänzt werden kann.
Die Mutung ist die förmliche Handlung, durch welche das Bergwerkseigentum an seiner gefundenen Lagerstätte in Anspruch genommen wird. Sie muß bei der kompetenten Behörde in Form einer schriftlichen oder protokollarischen Erklärung angebracht werden. Zu dem wesentlichen Inhalt dieser Erklärung gehört die Bezeichnung des Fundorts und des gemuteten Minerals. Die Gültigkeit der Mutung ist durch die Voraussetzung bedingt, daß vor Einlegung der Mutung das gemutete Mineral an dem angegebenen Fundpunkt entdeckt war.
Die Feldesstreckung kann in der Mutung enthalten sein oder in einer besondern Erklärung nachfolgen, nach preußischem Recht binnen sechs Wochen. Wenn mehrere Mutungen kollidieren, so entscheidet das Alter, d. h. der Zeitpunkt der Einlegung der Mutung, oder, wenn ein Finderrecht geltend gemacht wird, der Zeitpunkt des Fundes. Die Kollision ist entweder eine totale, wenn beide Mutungen auf denselben Fund gerichtet sind, oder eine partielle, wenn die Felder sich nur zum Teil überdecken.
Über das Vorrecht zur Verleihung entscheidet die Bergbehörde mit Vorbehalt des Rechtswegs. Nach Erledigung der vorliegenden Kollision wird die Verleihungsurkunde ausgefertigt und auf Verlangen des Bergwerksbesitzers das verliehene Feld vermessen und durch Lochsteine bezeichnet. Das Grubenfeld wird nach den neuern Berggesetzen durch gerade Linien an der Oberfläche und durch senkrechte Ebenen in die ewige Teufe begrenzt. Das Bergwerkseigentum hat also wie das Grundeigentum, räumlich betrachtet, ein Stück des Erdkörpers zum Gegenstand, welches an der Oberfläche linear begrenzt ist und von da sich senkrecht bis zum Mittelpunkt der Erde erstreckt.
Das frühere Bergrecht ließ verschiedene Arten der Feldesbegrenzung zu, nämlich die Längenvermessung auf Gängen und die gevierte Vermessung auf Flözen und Lagern. Beide sind für die unter der ältern Gesetzgebung verliehenen Bergwerke noch maßgebend. Die Längenvermessung schließt sich an das Verhalten der Fundlagerstätte an, indem das Längenfeld oder das gestreckte Feld nicht ein willkürlich abgegrenztes Stück des Erdkörpers, sondern ein Stück des Ganges darstellt, so daß die Feldesgrenzen zum
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Teil durch die natürlichen Grenzen der Lagerstätte (Ausgehendes und ewige Teufe, Hangendes und Liegendes) und nur zum Teil durch künstliche Grenzen gebildet werden. Die Gänge sind nämlich plattenförmige Lagerstätten von geringer Mächtigkeit, dagegen meist von großer Ausdehnung in die Länge (vgl. Bergbau, S. 722). Die künstliche Begrenzung der Längenausdehnung wird durch zwei Endpunkte gegeben, welche sich in der Streichungslinie auf beiden Seiten des Fundpunktes befinden, und deren Abstand von dem Fundpunkt in Längenmaßen ausgedrückt wird.
Eine weitere künstliche Begrenzung des Längenfeldes ist in der Vierung gegeben, durch welche das Feld über den Körper der Lagerstätte hinaus in die Breite erweitert wird. Nach gemeinem Recht beträgt die Feldesgröße eine Fundgrube zu 42 Lachtern und zwei Maßen von je 28 Lachtern Länge mit einer Vierung von 3½ Lachtern ins Hangende und ebensoviel ins Liegende, zusammen 7 Lachtern. Das Längenfeld ist nur relativ bestimmt, und seine Lage ist abhängig von dem ungewissen Verhalten der Lagerstätte.
Wenn zwei Bergwerksbesitzer an einem Punkt mit ihren Bauen zusammentreffen, so läßt sich die Frage, in welchem Feld sich der streitige Punkt befindet, erst durch die Ausmittelung des Verhaltens der beiderseitigen Lagerstätten entscheiden. Hierzu kommt, daß die Gänge sich vielfach durchkreuzen, sowohl in der Richtung ihres Streichens als auch ihres Einfallens. Auf alle diese Fälle beziehen sich die Regeln des ältern Bergrechts vom Alter im Feld, welches sich nach dem Tag der Verleihung oder, weiter zurückgreifend, nach dem Alter der Mutung oder des Fundes bestimmt.
Die ältere Geviertvermessung schloß sich, wie die Längenvermessung, dem Körper der Lagerstätte an. Eine Dimension des Feldes wurde durch die Mächtigkeit des Flözes gebildet, welche durch die hinzutretende Vierung ins Hangende und Liegende erweitert wurde. Die beiden andern Dimensionen wurden künstlich begrenzt, da sowohl die Fundgrube als die Maßen ins Gevierte vermessen wurden. Das ganze Feld stellte daher eine auf dem Flöz abgemessene Fläche dar, welche einen durch die Mächtigkeit des Flözes und die hinzutretende Vierung gebildeten Feldeskörper abgrenzte.
Eine besondere Art der Feldesbegrenzung bildete endlich nach älterm Rechte die Distriktsverleihung, welche auf die zerstreuten Lagerstätten, insbesondere auf das Raseneisenerz, angewendet zu werden pflegte und einen größern, nicht nach Maßen, sondern nach Gemeinde- und Kreisgrenzen bezeichneten Distrikt umfaßte. Das preußische Berggesetz gestattet den Besitzern der nach älterer Vermessung verliehenen Bergwerke die Umwandlung und Erweiterung ihrer Felder nach den Vorschriften des neuen Gesetzes. Außerdem können einzeln verliehene Grubenfelder durch Konsolidation zu einem Ganzen vereinigt und durch Feldesteilung in mehrere selbständige Bergwerke zerlegt werden.
Die Aufhebung des Bergwerkseigentums erfolgte nach dem gemeinen deutschen Bergrecht sowohl auf den Antrag des Beliehenen (Auflassung) als auch ohne solchen Antrag wegen unterlassenen Betriebes, wegen Nichtzahlung der Rezeßgelder, wegen wiederholten Raubbaues etc. durch Freierklärung seitens des Bergamtes. Der wichtigste Fall des unfreiwilligen Verlustes war die Freifahrung wegen Nichtbetriebes, welche erfolgte, sobald das Bergwerk eine Woche hindurch nicht betrieben wurde.
Der Bergwerksbesitzer konnte sich gegen dieselbe dadurch schützen, daß er aus genügenden Gründen Fristung beim Bergamt nachsuchte. Die neuern Berggesetze gestatten nur ausnahmsweise einen Zwang zum Betrieb des Bergwerks, wenn dieser im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Leistet der Besitzer der Aufforderung nicht Folge, so erfolgt die Entziehung im Weg der Zwangsversteigerung, und erst, wenn diese ohne Resultat bleibt, tritt die Aufhebung des Bergwerkseigentums ein.
Der Bergbau kann sowohl von einzelnen Personen als von Gesellschaften betrieben werden. Die Mitbeteiligten eines Bergwerks bilden eine Gewerkschaft. Dieses Rechtsverhältnis erhielt schon im ältern deutschen Bergrecht eine bestimmt ausgeprägte, von der zivilrechtlichen Erwerbsgesellschaft in wesentlichen Stücken verschiedene Gestalt. Seine Entstehung hat nicht einen Vertrag zur Voraussetzung; es tritt vielmehr kraft des Gesetzes ein, so oft ein Bergwerk in das gemeinschaftliche Eigentum mehrerer Personen übergeht.
Die Aufhebung der Gemeinschaft kann nur durch den einstimmigen Beschluß sämtlicher Teilnehmer herbeigeführt werden. Dagegen ist jeder Gewerke befugt, seinen Anteil zu veräußern, und der neueintretende Teilnehmer tritt der Gewerkschaft gegenüber in alle Rechte und Verbindlichkeiten der frühern Gewerken ein. Die Verwaltung der Gemeinschaft erfolgt durch eine gesetzlich geordnete Repräsentation, nämlich:
1) durch die beschlußfähige Gewerkenversammlung, deren Berufung durch den Repräsentanten oder durch die Bergbehörde erfolgt, und deren Beschlüsse nach der Mehrheit der Anteile unter den anwesenden Gewerken gefaßt werden, und 2) durch den Repräsentanten (Direktor) oder den Grubenvorstand, welcher von der beschlußfähigen Gewerkenversammlung gewählt wird und die Gewerkschaft nach außen als Generalbevollmächtigter vertritt. Die Idealteilung des gewerkschaftlichen Vermögens erfolgt nach Kuxen, welche nach gemeinem Bergrecht einerseits ideelle Teile des Bergwerks, anderseits Anteile an dem gesamten gewerkschaftlichen Vermögen darstellen.
Der Kux entspricht der Aktie, drückt jedoch nicht wie diese eine bestimmte Kapitalanlage aus, sondern eine bestimmte Quote des Beteiligungsverhältnisses und zwar nach älterm Recht 1/128, nach neuerm Recht 1/100 und, wenn das Statut die weitere Teilung zuläßt, 1/1000 oder 1/10,000. (Nach dem österreichischen und sächsischen Bergrecht ist die Bestimmung der Zahl der Kuxe der Gewerkschaft überlassen, ohne Beschränkung auf die Dezimalteilung.) Die Kuxe werden nach dem ältern Recht zu den unbeweglichen Sachen gerechnet und können als solche hypothekarisch belastet werden.
Die Besitzer der Kuxe werden als Miteigentümer des Bergwerks in dem Grundbuch oder in einem besondern Berggegenbuch eingetragen. Für die Veräußerung der Kuxe gelten die Formen und Regeln der mittelbaren Erwerbung des Grundeigentums. An die Stelle des im ältern Recht angenommenen Miteigentums oder Gesamteigentums der Gewerken setzen die neuern Berggesetze in Preußen, Sachsen und Österreich die juristische Persönlichkeit der Gewerkschaft. Der wichtigste Unterschied zwischen der Auffassung des ältern und des neuern Rechts tritt aber in der rechtlichen Natur des gewerkschaftlichen Anteilrechts oder des Kuxes hervor. Nach dem neuen Recht wird das Bergwerk im Hypothekenbuch auf den Namen der Gewerkschaft eingetragen und kann nur von ihr mit Hypotheken beschwert werden. Der Kux stellt dann nicht mehr einen ideellen Anteil am Bergwerk vor, sondern einen Anteil an dem Inbegriff des gewerkschaftlichen Vermögens, in welchen das Bergwerk eingeschlossen ist. Er zählt zu den beweglichen Sachen und wird durch einen der Aktie analogen Kuxschein für den Verkehr
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verkörpert, welcher durch Zession veräußert und durch Übergabe verpfändet wird. Die Führung des Gewerkenbuchs und die Ausfertigung der Kuxscheine erfolgen durch den Repräsentanten. Neben der gewerkschaftlichen Verfassung ist auch das zivilrechtliche Miteigentum sowie jede andre Form der Gewerkschaft zugelassen, wenn die Mitbeteiligten des Bergwerks sie durch Vertrag annehmen. Einige neuere Berggesetze lassen erst bei einer größern Zahl von Teilnehmern das gewerkschaftliche Verhältnis eintreten; sonst gilt die Regel des zivilrechtlichen Miteigentums und zwar in Österreich, solange das Bergwerk nicht weiter als bis zum 16. Teil des Ganzen geteilt ist, in Sachsen bis zu 8 Teilnehmern.
Nach den Übergangsbestimmungen des preußischen Berggesetzes finden die Vorschriften über die Personifikation der Gewerkschaft und die Mobilisierung der Kuxe auf die schon vor dem gebildeten Gewerkschaften nicht Anwendung. Dieselben können die im 4. Titel enthaltene gewerkschaftliche Verfassung nur durch einen Mehrheitsbeschluß von drei Vierteln der Anteile annehmen. Es bleibt also neben dem hundertteiligen mobilen Kux des neuen Rechts der immobile Kux zu 1/128 und zwar für die größere und wichtigere Zahl der Gewerkschaften in Anwendung.
Die gewerkschaftliche Verfassung ist übrigens auch nach preußischem Rechte dieselbe für die Gewerkschaften des alten und des neuen Rechts. Die Gewerkschaft bedarf nicht wie die Aktiengesellschaft notwendig eines Statuts. Der Gesellschaftsvertrag wird vielmehr da, wo ein Statut nicht errichtet ist, durch die Vorschriften des Gesetzes ersetzt, welches alle wesentlichen Teile des Rechtsverhältnisses bestimmt. Die Gewerkschaft äußert ihren Willen durch die Gewerkenbeschlüsse, welche von der Gesamtheit der Teilnehmer in den Gewerkenversammlungen gefaßt werden.
Sie wird nach außen durch den Repräsentanten oder Grubenvorstand vertreten, dessen Bestellung durch Wahl in der beschlußfähigen Gewerkenversammlung erfolgt. Die mehreren Mitglieder des Grubenvorstandes müssen bei der Ausübung ihrer Befugnisse in der Regel samt und sonders handeln; doch können dieselben auch mit der Klausel »samt oder sonders« bestellt werden, so daß jedes Mitglied für sich allein zu handeln befugt ist. Zwischen den einzelnen Gewerken und der Gewerkschaft besteht ein obligatorisches Verhältnis, dessen Gegenstand in dem Ertrag des Bergwerksbetriebs, der Ausbeute, und in den Beiträgen zu den Kosten des Bergbaues, der Zubuße, besteht.
Die Grundsätze, nach welchen die gegenseitigen Forderungen der Ausbeute und der Zubuße im B. geregelt sind, sind aus dem praktischen Bedürfnis des Bergbaues hervorgegangen, und in der Eigentümlichkeit dieser Grundsätze besteht der wesentliche Unterschied zwischen der Gewerkschaft und der Aktiengesellschaft. Das Betriebskapital besteht bei der Aktiengesellschaft in einem zum voraus festgesetzten Grundkapital, bei der Gewerkschaft dagegen in laufenden Zubußen.
Der zu verteilende Ertrag wird bei der Aktiengesellschaft durch die eintretende Vermehrung des Grundkapitals bestimmt, bei der Gewerkschaft durch den disponibeln Erlös der Produkte. Die Leistung des Aktionärs ist daher eine einmalige und genau begrenzte. Sein Forderungsrecht ist relativ ebenso bestimmt, indem es sich auf den ratierlichen Anteil an der eintretenden Vermögensvermehrung erstreckt. Der Gewerke ist dagegen zu fortlaufenden Beiträgen nach Maßgabe des Bedürfnisses verpflichtet; ebenso ist die Verteilung der Ausbeute nicht von einer Bilanz, von dem Nachweis einer Vermögensvermehrung abhängig, sondern davon, daß ein disponibler Kassenbestand vorhanden ist, welcher die mutmaßlichen Betriebskosten des nächsten Jahrs übersteigt.
Nach dem ältern Recht wurde die Zubuße von dem Bergamt festgesetzt und mußte binnen vier Wochen vom Tag des Ausschreibens erlegt werden. Nach Ablauf einer weitern Retardatfrist wurde der Kux auf Anzeige des Schichtmeisters kaduziert, d. h. der Gewerke wurde seines Anteils verlustig, und dieser fiel den übrigen Mitgliedern der Gewerkschaft gegen Entrichtung der rückständigen Zubuße zu. Die Vorschriften des ältern Rechts über die Kaduzierung enthielten indes eine unverkennbare Härte.
Das österreichische Berggesetz vom setzte daher an die Stelle der Kaduzierung den Zwangsverkauf des Bergwerksanteils. Nach dem preußischen Berggesetz erfolgt die Beitreibung der Zubuße im Weg der gerichtlichen Klage gegen den Gewerken. Das Verfahren richtet sich nach den für schleunige Sachen bestehenden Vorschriften. Der Gewerke kann jedoch seine Verurteilung und die Exekution dadurch abwenden, daß er unter Überreichung des Kuxscheins den Verkauf seines Anteils behufs Befriedigung der Gewerkschaft anheimstellt.
Was die Rechte des Grundeigentümers anlangt, so hat das Zusammentreffen des Grundeigentums mit dem Bergwerkseigentum in denselben räumlichen Grenzen eine Einschränkung des erstern Rechts zur Folge, indem der Bergwerkseigentümer zu jeder Einwirkung auf das Grundstück befugt ist, welche zur Gewinnung der verliehenen Mineralien notwendig wird, wogegen er verpflichtet ist, den Grundeigentümer für jede solche Einwirkung, welche sich über die Grenzen der verliehenen Lagerstätten hinaus erstreckt, schadlos zu halten.
Will der Bergwerksbesitzer die Oberfläche des Grundstücks zu seinen Anlagen benutzen, so bedarf er eines besondern Rechtstitels: der Grundabtretung. Zu Anlagen unter Tage ist er dagegen innerhalb seines Feldes ohne weiteres ermächtigt. Die Grundabtretung erfolgt entweder durch Vertrag oder im Weg der Expropriation durch die Entscheidung der Verwaltungsbehörden, welche den Umfang und die Dauer der Abtretung und die Schadloshaltung, letztere unter Vorbehalt des Rechtswegs, regelt.
Für die zufälligen Grundschäden, d. h. für die Beschädigungen an der Oberfläche, welche durch die unterirdischen Bergwerksanlagen entstehen, muß der Bergwerksbesitzer vollständige Entschädigung gewähren. Dahin gehören besonders die Wasserentziehung, die Beschädigung von Gebäuden u. dgl. Der große Umfang der Zerstörungen, welche der Steinkohlenbergbau an Gebäuden in den Städten Essen, Iserlohn und Oberhausen verursachte, rief im preußischen Landtag lebhafte Beschwerden und Anträge auf Sicherung der Entschädigungsansprüche hervor.
Diesen Anträgen wurde durch die Einrichtung der Regulierungskommissionen genügt, durch welche im außergerichtlichen Verfahren die Ersatzansprüche für Bergschäden im Weg des Schiedsspruches festgestellt werden. Der Anspruch auf Grundentschädigung wird ausgeschlossen durch das grobe Versehen des Grundbesitzers, wenn dieser Gebäude oder andre Anlagen zu einer Zeit errichtet hat, wo ihm bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit die durch den Bergbau drohende Gefahr nicht unbekannt bleiben konnte. Muß aber wegen einer derartigen Gefahr die Errichtung der beabsichtigten Anlagen unterbleiben, hat der Grundbesitzer Anspruch auf die Vergütung der Wertsverminderung, welche sein Grundstück dadurch erleidet. Nach dem sächsischen, österreichischen und englischen Bergrecht entscheidet die Regel der Prävention. Die
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Grundentschädigung fällt weg, wenn Gebäude oder andre Anlagen durch Grubenbaue beschädigt werden, welche schon vor ihrer Errichtung vorhanden waren. Das frühere deutsche Bergrecht räumte dem Grundeigentümer noch den Grundkux oder Erbkux ein, d. h. einen Anteil an der Ausbeute, welcher dem auf einen Kux fallenden Anteil gleich ist. Diese Berechtigung ist an den unter dem frühern Bergrecht verliehenen Bergwerken bestehen geblieben.
Dem frühern Bergrecht gehört ferner die Erbstollen-Gerechtigkeit an; sie besteht in der Befugnis, einen Stollen von einem bestimmten Punkt aus in das vorliegende Gebirge in beliebiger Richtung zu treiben, um teils fremde verliehene Bergwerke zu lösen, teils unverliehene Lagerstätten aufzusuchen. Die Erwerbung des Erbstollens geschah, wie die des Grubenfeldes, durch Mutung und Verleihung. Dem Erbstöllner steht im verliehenen fremden Felde der Stollenhieb zu, statt dessen er auch den »vierten Pfenning«, d. h. die Erstattung des vierten Teils der Kosten, welche er vom ersten Durchschlag in das Grubenfeld auf den Forttrieb des Stollens durch dasselbe verwendet, fordern kann. Nach erfolgter Wasser- und Wetterlösung gebührt dem Stöllner ferner, sofern er die Erbteufe (10¼ Lachter) einbringt, das Neunte von den im Grubenfeld gewonnenen Mineralien, nach Abzug des frühern landesherrlichen Zehnten, also 1/10 der Förderung.
Die Verwaltung der Bergwerksangelegenheiten erfolgt durch besondere Bergbehörden, welche in Preußen durch die Revierbeamten, Oberbergämter und den Minister der öffentlichen Arbeiten, in Österreich durch die Revierbeamten, Berghauptmannschaften und den Ackerbauminister gebildet werden. In Bayern und Sachsen wird die erste Instanz von den Bergämtern gebildet. Die Berggerichte, welche als Spezialgerichte für Bergwerkssachen früher bestanden, sind durch die neuere Gesetzgebung, außer in Österreich, überall aufgehoben worden.
Die Markscheider, welche die Messungen besonders unter Tage ausführen, sind nicht Staatsbeamte, sondern, wie die Feldmesser, Gewerbtreibende, auf welche die Vorschriften der Gewerbeordnung Anwendung finden. Den Bergbehörden steht die polizeiliche Aufsicht über den Betrieb zu, welche mit Rücksicht auf die Gefährlichkeit des Betriebes sorgfältig geregelt ist. Der Bergwerksbesitzer muß den Betriebsplan dem Revierbeamten einreichen und den Betriebsführer zur Prüfung seiner Qualifikation namhaft machen. Der Revierbeamte kann nötigen Falls den Betrieb einstellen.
Was die Besteuerung des Bergbaues betrifft, so wurde nach dem ältern Bergrecht von allen Bergwerksprodukten der Zehnte erhoben und zwar entweder in Natur oder von dem beim Verkauf gelösten Gelde. Die Gewinnungskosten wurden dabei nicht in Abzug gebracht. Außerdem mußten die Quatember- oder Rezeßgelder vierteljährlich sowohl von den betriebenen als auch von den fristenden Gruben entrichtet werden, letztere sind aufgehoben. Der frühere Zehnte ist in Preußen, sofern er nicht einem Privatregalbesitzer zusteht, seit 1865 auf eine Bruttoabgabe von 2 Proz. ermäßigt. In Sachsen, Bayern, Württemberg, Elsaß-Lothringen und Österreich ist dagegen der Grundsatz der Bruttobesteuerung gänzlich verlassen und statt derselben die Besteuerung des Reinertrags entweder in der Form der Gewerbesteuer oder der Einkommensteuer angenommen, neben welcher noch eine geringe Feldessteuer von dem Umfang des verliehenen Feldes erhoben wird.
Die Knappschaftsvereine haben die gegenseitige Unterstützung der Bergleute, insbesondere die Versicherung gegen die Gefahren des bergmännischen Berufs, zum Zweck. Solche Vereine haben unter verschiedenen Namen (Knappschaftskassen, Gnadengroschenkassen, Bruderladen) schon in frühster Zeit bestanden; doch war die Bildung derselben der freien Vereinigung der Beteiligten überlassen. Durch die neuere Gesetzgebung wurde in Preußen, Bayern und Österreich die Errichtung von Knappschaftsvereinen für alle Bergleute gesetzlich vorgeschrieben.
Die Knappschaftsvereine sind Korporationen, welchen die Bergwerksbesitzer und die Bergleute eines bestimmten Bezirks als Mitglieder angehören. Die zu dem Verein gehörigen Werksbesitzer einerseits und die Arbeiter anderseits bilden innerhalb des Vereins zwei geschlossene Verbände, welche an der Verwaltung und an den Lasten des Vereins gleichmäßig teilnehmen, wogegen nur die Bergleute an den Leistungen des Vereins Anteil haben. Die Leistungen der Knappschaftsvereine umfassen die freie Kur in Krankheitsfällen, einen Krankenlohn, ferner eine lebenslängliche Invalidenunterstützung sowie die Versorgung der Witwen und Waisen.
Durch die soziale Reichsgesetzgebung über die Krankenversicherung und die Unfallversicherung sind entsprechende Einrichtungen für die übrigen Gewerbszweige getroffen. Auch ist ein allgemeines Gesetz über die Altersversorgung der Arbeiter noch zu erwarten. Die Knappschaftskassen sind jedoch in ihrer besondern Organisation bestehen geblieben und vermitteln nicht bloß, wie bisher, die Krankenversicherung der Bergarbeiter, sondern auch die Vereinigung der Bergwerksbesitzer zu einer gemeinsamen Berufsgenossenschaft für die Unfallversicherung.
Von den fremden Bergrechten hat besonders das französische Berggesetz vom für uns Bedeutung, insofern dasselbe 50 Jahre lang auch in den deutschen Landesteilen links des Rheins Geltung gehabt hat. Es weicht von dem deutschen Bergrecht darin ab, daß es ein Recht des ersten Finders und Muters nicht kennt, sondern der Verwaltung gestattet, nach ihrem Ermessen unter den Bewerbern um die Konzession zu wählen. Der Grundeigentümer erhält eine nach der Feldesgröße bemessene Abgabe, das Grundrecht. Die Besteuerung erfolgt teils nach der Feldesgröße, teils nach dem Reinertrag. - Das österreichische Berggesetz vom beruht auf der Grundlage des deutschen Bergrechts, weicht jedoch von demselben und von den neuern deutschen Berggesetzen durch verschiedene Neuerungen ab, welche sich nicht sämtlich bewährt haben. (Vgl. Haberer und Lechner, Handbuch des österreichischen Bergbaues, Wien 1884.) In England hatte die Bergbaufreiheit im Mittelalter vorübergehend durch deutsche Bergleute Eingang gefunden; sie ist jedoch bald dem Rechte des Grundeigentümers gewichen. Die Gesetzgebung erstreckt sich daher nur auf die Bergpolizei, welche durch zwei getrennte Parlamentsakten vom (35 und 36, Viktoria, Kap. 76 und 77) für den Steinkohlen- und für den Erzbergbau geregelt ist. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist durch Gesetz vom die Bergbaufreiheit bezüglich der in den Staatsländereien enthaltenen Mineralablagerungen eingeführt. - Bergrecht ist auch s. v. w. Ausbeute (s. d.).