Benediktiner
,
im allgemeinen alle diejenigen Mönche, welche die Regel des heil. Benedikt von Nursia beobachten. Um 480 zu Nursia unweit Spoleto als Sprößling einer edlen Familie geboren, entfloh derselbe schon als 14jähriger Knabe aus Rom und [* 2] dem Elternhaus und lebte als Einsiedler drei Jahre lang in einer Höhle bei Subiaco. Bald Gegenstand der Verehrung, ward er von den Mönchen zu Vicovaro zu ihrem Abt gewählt. Seine Strenge aber erkennend, suchten sie ihn zu vergiften, worauf Benedikt in die Einöde zurückkehrte. - Da viele Asketen sich um ihn sammelten, organisierte er sie in kleine Gemeinschaften von je zwölf unter einem Abt. 528 nahm er seinen Wohnsitz auf dem Berg Casinus, zwischen Subiaco und Neapel, [* 3] gründete hier das Kloster Monte Cassino und gab der neuen Mönchsgemeinde eine von ihm verfaßte Lebensregel. Er starb 21. März 543.
Die Ordensregel Benedikts (hrsg. von Martène, 1690) ward die Grundlage einer durchgreifenden Reformation des abendländischen Mönchslebens. Ihr Grundgedanke ist, daß nur im Kloster das rechte asketische Leben zu führen sei, und daß notwendige und nützliche Arbeiten mit asketischen Übungen abwechseln müssen. Das nach einem Probejahr abgelegte Gelübde ist unwiderruflich und umfaßt die Gelübde der Conversio (der Dürftigkeit und Keuschheit), der Obedientia (des unbedingten Gehorsams) und der Stabilitas (des Verbleibens im Kloster).
Die ganze Leitung des Klosters hat der Abt, dem der Prior und die Dekane zur Seite stehen; an wissenschaftliche Beschäftigung dachte Benedikt noch nicht. Seine Erlaubnis, Knaben aufzunehmen, wurde jedoch die Veranlassung zur Anlegung von Klosterschulen. Benedikts Regel verbreitete sich bald im ganzen Abendland; schon 534 brachte sie Placidus nach Sizilien, [* 4] Augustinus 597 nach England. Im 7. Jahrh. verbreitete sie sich in Spanien [* 5] und im 8. durch die Wirksamkeit des Bonifacius im Frankenreich und in Deutschland. [* 6] In dieser Periode der höchsten Blüte [* 7] erwarb sich der Orden [* 8] große Verdienste um die Christianisierung und Zivilisierung Deutschlands; [* 9] eine große Anzahl berühmter Klöster und Abteien wurden die Ausgangspunkte der Bodenkultur wie der Wissenschaft.
Der zunehmende Reichtum und große Grundbesitz der Klöster lockerte aber die Zucht und Sittenstrenge und führte die Karolinger schon zu der verderblichen Gewohnheit, die Abteien als bloße Kommenden an Laienäbte zu vergeben, daher die Folgezeit eine Menge neuer Bildungen verschiedener Art brachte, in welchen sich eine Läuterung des Ordens von eingeschlichenen Mißbräuchen vollzog. Der erste Reformversuch war der des Benedikt von Aniane (s. d.). Einen neuen Aufschwung des Ordens aber brachte die Kongregation von Clugny (s. d.). Dagegen trieb das Erwachen des alten Asketengeistes zu neuen Bildungen, die, wenn sie sich auch an die Regel Benedikts anschlossen, zu besondern Gemeinschaften unter eignen Obern erwuchsen. So entstanden die Kamaldulenser, die Orden von Fonte Avellana (s. d.), Fontevraud (s. d.), von Grandmonte (s. d.) und Septfonds (s. Beaufort, Eustache de), die Kartäuser, die Cistercienser, die Trappisten, die Feuillanten, die Humiliaten, die Cölestiner, die Olivetaner und der in Schweden [* 10] errichtete Brigittenorden etc.
Die Ausbreitung der neuen
Orden, vornehmlich der
Cistercienser, und die Entstehung der Bettelorden im 13. Jahrh.,
neben denen
die Benediktiner
eben nur als ein andrer
Mönchsorden erschienen, thaten dem Einfluß des
Ordens noch größern Abbruch,
und er verweltlichte um so mehr bei dem wachsenden
Reichtum. Vergebens waren die
Verordnungen der
Synoden zu
Vienne 1311 und
zu
Valencia
[* 11] 1322, und selbst die neue
Konstitution
Benedikts XII. (1336), die Benedictina, konnte nicht
durchgeführt werden.
Eingreifender waren die Beschlüsse von Kostnitz, die neben der Schärfung der Disziplin die alte Sitte aufhoben, nur adlige Novizen aufzunehmen. Aber eine wirkliche Reform brachte in Deutschland erst die Stiftung der Bursfelder Kongregation (s. d.), deren Klöster in der Folge freilich durch die Reformation verschwanden. Auch in Italien, [* 12] Spanien, Portugal etc. bildeten sich zur gegenseitigen Unterstützung in der Aufrechthaltung der Regel solche Kongregationen.
Endlich gebot das Tridentiner Konzil die Vereinigung aller noch vereinzelten Klöster, und es entstanden auch in Deutschland und Flandern noch mehrere kleinere Kongregationen. In Deutschland und Frankreich wirkte die Reformation wohlthätig auf den Orden ein, indem sie ihn zu einer erneuten Thätigkeit auf dem Gebiet der Wissenschaft aufrief. Einen unsterblichen Ruhm hat nach dieser Seite hin sich die Kongregation von St. Maurus erworben. Stifter der Kongregation von St. Maurus war 1618 Lorenz Benard, Mönch zu St.-Vannes. Von Gregor XV. (1621) und Urban VIII. (1627) bestätigt, breitete sich die Kongregation schnell aus und zählte schon zu Anfang des 18. Jahrh. 180 Klöster in 6 Provinzen.
Eine wissenschaftliche Tendenz erhielt sie durch den ersten General, Gregor Tariffe (1638-48). Ernste Studien wurden jedem Konventualen zur Pflicht gemacht und durch mildere Klosterzucht erleichtert und begünstigt; in den mit den Klöstern verbundenen Lehranstalten erhielten die Novizen eine gelehrte Vorbildung, und die Arbeiten der Einzelnen wurden nach einem auf das Ganze gerichteten Plan geleitet. Der Reichtum des Ordens gewährte alle Hilfsmittel der Forschung; die Klöster besaßen kostbare Bibliotheken, unter denen sich die des Hauptklosters St.-Germain des Prés bei Paris [* 13] durch einen Reichtum an alten Handschriften auszeichnete.
Reisen der hervorragendsten Ordensglieder und ausgedehnte
Verbindungen dienten dazu, immer neue
Quellen wissenschaftlicher Forschung
zu öffnen. Die
Mauriner zählen zu den
Ihren
Namen wie die eines
Mabillon, Ducange,
Montfaucon,
Martène, d'Achery etc., denen
wir Sammlungen von
Urkunden und
Quellen zur allgemeinen und lokalen
Kirchengeschichte, die zur Geschichtsforschung
unentbehrlichen
Anweisungen zum
Gebrauch der
Urkunden (»L'art de vérifier les dates«, die
»Acta sanctorum Ordinis S. Benedicti«,
die »Annales Ordinis S. Benedicti«, das »Glossarium
med. et infim. latinitatis«) und zahllose andre theologische und historische
Schriften, wie die trefflichen
Ausgaben der
Kirchenväter, verdanken. Die
französische Revolution hat auch diese
Kongregation
zerstreut, manche ihrer unvollendet gebliebenen
Arbeiten hat die Académie des inscriptions wieder aufgenommen. 1880 wurden 239 Benediktiner
aus
Frankreich vertrieben.
Nach
Feßlers Berechnung zählten die Benediktiner
während der 13
Jahrhunderte ihrer Dauer 15,700 Schriftsteller, 4000
Bischöfe, 1600
Erzbischöfe, 200
Kardinäle, 24
Päpste, 1560 kanonisierte
und 5000 der
Kanonisation würdig erklärte
Heilige sowie 43 kaiserliche und 44 königliche
Personen.
Endlich
muß dem ganzen
Orden das
Zeugnis gegeben werden, daß er sich der
Welt nur durch
Gelehrsamkeit und
Seelsorge
¶
mehr
genähert, nie aber seine Hand [* 15] bei politischen Händeln im Spiel gehabt, auch nie sich an die Höfe gedrängt hat.
Vgl. Mabillon, Annales ordinis S. Benedicti (Par. 1703-1739, 6 Bde.);
Ziegelbauer, Historia rei litterariae ordinis S. Benedicti (Augsb. 1754, 4 Bde.);
Krätzinger, Der Benediktin
erorden und die Kultur (Heidelb. 1876);
S. Brunner, Ein Benediktiner
buch; Geschichte
und Beschreibung der Benediktiner
stifte in Österreich-Ungarn,
[* 16] Deutschland und der Schweiz
[* 17] (Wien
[* 18] 1880).