Beisitz
,
in sehr zahlreichen Rechten die Rechtsstellung des Überlebenden der Ehegatten, welche ihm dahin gewährt ist, daß er außer seinem Bruchteile an dem gemeinschaftlich gewesenen Vermögen noch ein lebenslängliches oder zeitlich begrenztes Nutzungsrecht an den Bruchteilen der Kinder oder sonstigen Erben des verstorbenen Ehegatten und zugleich die Verwaltung der den Miterben gehörenden Bruchteile hat. Die Rechtsbildung findet sich sowohl bei Rechten mit dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft als bei Rechten mit Errungenschaftsgemeinschaft.
Vgl. z. B. Roth, Bayrisches Civilrecht, Bd. 2 (Tüb. 1872), §. 158, Nr. 2, aber auch Motive zum Bürgerl.
Gesetzbuch-Entwurf Ⅳ, 425 fg. 539‒541;
Preuß. Allg.
Landr.
Ⅱ, 1 §§. 645 fg.; Gesetz vom für Westfalen,
[* 2] §. 7;
Rechte von
Bremen
[* 3] und Lübeck.
[* 4]
Alles, was der ungeteilten
Masse zuwächst oder von derselben verloren geht, trifft sämtliche Eigentümer nach Verhältnis ihrer Anteile. – Nach
der Mehrzahl der in Betracht kommenden
Rechte kann der überlebende Gatte freiwillig abteilen; nach vielen
Rechten muß er teilen, wenn die in Gemeinschaft mit ihm lebenden
Kinder sich verheiraten oder volljährig werden oder einen
eigenen Hausstand beginnen, nach andern auch, wenn er schlecht wirtschaftet oder in Vermögensverfall gerät, nach fast allen,
wenn er wieder heiratet. – Dem
Code civil ist der Beisitz
als solcher nicht bekannt, vgl. jedoch
Art. 384, dagegen kennt ihn das
Badische
Landrecht,
Satz 738 a für den Fall, daß der Verstorbene
Kinder nicht hinterläßt
(erfordert wird nur, daß der
Erblasser mit dem Überlebenden in Ehegemeinschaft lebte).
Neben dem vorbezeichneten Beisitz
kommt in einer größern Anzahl von
Rechten ein Beisitz
beider Eltern an dem ganzen
Kindesvermögen, also auch dem den
Kindern von andern Seiten zufallenden Vermögen, als
Ausfluß
[* 5] der (elterlichen) Gewalt (s.
Eltern) vor. Ein solcher elterlicher Beisitz
findet sich insbesondere in einigen
Teilen von
Schleswig-Holstein.
[* 6] Die Sonderung erfolgt
im Falle der Wiederheirat oder auf Verlangen der
Kinder mit deren
Volljährigkeit oder Heirat, von seiten
des
Vaters durch sog. Aussage, von seiten der
Mutter durch sog.
Abteilung. Nach einer nassauischen Verordnung vom steht
ferner der
Mutter nach dem
Tode des
Vaters ein Beisitz
genanntes Verwaltungsrecht und Nießbrauchsrecht an dem Sondervermögen der
Kinder zu. In ähnlicher
Weise kennen mehrere bayr.
Rechte (von
Kempten,
[* 7]
Augsburg
[* 8] u. s. w.) ein Beisitz
genanntes
Nutzungsrecht an dem Vermögen der
Kinder. –
Vgl. Roth, System des Deutschen Privatrechts (3 Bde., Tüb. 1880‒86), §§. 110, 162. ^[]