Behörde
,
das öffentliche
Amt,
d. i. ein bestimmt abgegrenzter Zweig staatlicher
Geschäfte, als dauernde Einrichtung;
mit dem
Amt ist
an sich der
Begriff des Dauernden nicht notwendig verbunden, z. B. bei Schöffen,
Geschworenen. Behörde
bestehen für alle Zweige der staatlichen Thätigkeit: Justiz-,
Verwaltungs-, Militär-, Post-, Eisenbahn-
u. s. w.
Behörden. Der
Begriff ist sodann zutreffend auf die Einrichtungen der Selbstverwaltung übertragen: städtische,
Kreis-, Provinzialbehörden.
Dagegen tragen die geschäftlichen Einrichtungen von Privatpersonen und Privatgesellschaften niemals den Charakter von Behörde.
Die
Behörde
sind entweder nach dem
Kollegialsystem (s.
Bureau) oder nach dem Personalsystem eingerichtet, ihre Organisation
kann auf Gesetz beruhen, doch ist dies nicht als notwendiges Erfordernis des konstitutionellen Staatssystems anzuerkennen.
(Vgl. besonders Gneist,
Budget und
Gesetz, Berl. 1879.) Allerdings wird, da für die Einrichtung von Behörde
regelmäßig
Geldmittel erforderlich sind, von dieser Seite her ein Einfluß der
Volksvertretung auf die Organisation
der in den meisten Fällen geübt werden können, principiell aber ist die Organisation der Behörde
ebenso wie die
Ernennung der
Beamten als monarchische Prärogative zu betrachten.
Die Organisation der Gerichte beruht im ganzen
Deutschen
Reiche auf den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes vom und
ist eine einheitliche mit nur geringen partikularrechtlichen Modifikationen (z. B. das preuß.
Kammergericht, die bayr. Oberamtsrichter als aufsichtsführende
Richter bei den
Amtsgerichten). Einheitlich sind ferner geordnet:
durch
völkerrechtliche Verträge
(Wiener
Reglement von 1815,
Aachener
Protokoll von 1818) die Organisation der diplomatischen
Behörde;
ferner für das
Deutsche Reich:
[* 3] die Militär-, Marine-, Post- und Telegraphenbehörden
, die konsularischen
Behörde;
auf
Grund der
Entwicklung des Preuß.-Deutschen Zollvereins die
Zoll- und indirekten Steuerbehörden.
Im übrigen besteht
eine bunte Mannigfaltigkeit der Behörde
norganisation in den deutschen Einzelstaaten, insbesondere für das Gebiet der innern
Verwaltung und der Polizei: die Oberpräsidien sind eine ausschließlich preuß. Einrichtung,
wogegen die Einrichtung der Bezirksregierungen allen größern deutschen Einzelstaaten gemeinsam ist,
wenn auch im einzelnen mit weitgehenden Verschiedenheiten;
auch die Einrichtung der Kreisbehörden
ist in ihren Grundlagen
gemeinsam, die Bezeichnungen aber sehr verschieden
(Landrat, Bezirksamtmann, Amtshauptmann, Oberamtmann, Kreisdirektor u. s. w.).
Die Behörde
der einzelnen Verwaltungszweige haben ihre
Spitze in dem betreffenden Ressortministerium, fürs
Reich im Reichskanzler, welchem die obersten
Reichsämter
(Auswärtiges Amt,
Reichsamt des Innern,
Reichsmarineamt, Reichsjustizamt,
Reichspostamt,
Reichsamt für die
Verwaltung der Reichseisenbahnen, Reichsschatzamt) untergeordnet sind; die preuß. Ministerien
stehen selbständig nebeneinander, der Ministerpräsident ist ihnen nur formell übergeordnet und das Ministerium als Kollegium
hat nur einzelne ihm besonders zugewiesene Funktionen.
Die Gerichte sind in ihrer Rechtsprechung ganz selbständig, eine
Aufsicht der vorgesetzten Behörde
besteht nur in äußern Dingen
und für die persönliche Haltung der Mitglieder. Die Verwaltungsbehörden
aller Zweige dagegen stehen in einem strengen
hierarchischen Zusammenhang, kraft dessen jede vorgesetzte Behörde
als
Aufsichtsbehörde der ihr untergeordneten Behörde
erscheint und
in deren Thätigkeit abändernd, ergänzend eingreifen kann.
Analog wird von Staatsbehörden die
Aufsicht
über alle Behörde der Selbstverwaltung gehandhabt.
Vielfach sind jedoch hierüber neuere, diese Aufsicht in bestimmte Grenzen [* 4] und Formen einschränkende gesetzliche Vorschriften ergangen, und die besonders in Preußen [* 5] erfolgte sorgfältige Ausbildung der Verwaltungsgerichtsbarkeit hat in weitem Umfange an Stelle des administrativen Beliebens der Aufsicht die strengen Garantien des gerichtlichen Verfahrens gesetzt. Ausschließlich als Aufsichtsbehörde wurde 1875 das Reichseisenbahnamt errichtet; doch hat die mangelhafte Entwicklung dieses Amtes gezeigt, daß eine Aufsicht ohne Verwaltung in oberster Instanz nicht mit durchgreifendem Erfolg möglich ist. Eine den Gerichten analoge, von jedem administrativen Eingreifen ¶
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vorgesetzter Behörde unabhängige Stellung nehmen mehrfach solche oberste Finanzbehörden ein, welche zur Kontrolle der gesamten Finanzwirtschaft des Staates in rechnerischer und sachlicher Beziehung berufen sind; Muster und Vorbild hierfür ist die von Friedrich Wilhelm Ⅰ. 1717 eingesetzte preuß. Oberrechnungskammer (Reichsrechnungshof) geworden.