Begierde
(lat.
Cupido),
Richtung des
Strebens auf einen als begehrenswert vorgestellten Gegenstand.
Durch diese Art ihrer Entstehung aus einer
Vorstellung unterscheidet sich die Begierde
von dem
Trieb, einem
Begehren, welches zu äußern
Handlungen drängt, dem aber keine Kenntnis des Gegenstandes, welcher ihm zur Befriedigung dient, vorausgeht, welches
vielmehr als ein in den Einrichtungen des leiblichen
Organismus unmittelbar begründetes (sinnlicher
Trieb)
oder unter bildenden Umständen und geistigen Einflüssen gewordenes (geistiger
Trieb)
Streben zu betrachten ist.
Von dem
Wollen (s. d.), das aus der
Vorstellung der Erreichbarkeit des Begehrten entspringt, wie von dem
Wunsch, welcher trotz
der
Gewißheit der Unerreichbarkeit desselben fortbesteht, unterscheidet sich die Begierde
dadurch,
daß sie über Erreichbarkeit oder Unerreichbarkeit ihres Begehrten gar nicht reflektiert. Unter den verschiedenen
Einteilungen
der Begierden
ist die wichtigste die in sinnliche und geistige Begierden, von denen die letztern wieder in unmittelbare und
mittelbare zerfallen.
Die sinnliche hat zum Gegenteil den Abscheu
(Antipathie, Widerwille); beiden geht eine
Vorstellung des
Objekts voraus, das im erstern
Fall als angenehm, im letztern als unangenehm gedacht wird. Äußere
Wahrnehmungen sowohl als
reproduzierte
Vorstellungen eines sinnlich angenehmen Gegenstandes erregen die Begierde
nach seinem
Genuß. Mit der äußern oder
innern
Wahrnehmung des Gegenstandes ist seine Bedeutung, ist die
Vorstellung von dem
Genuß, den er gewährt,
und somit ein vorläufiges
Gefühl seiner Annehmlichkeit verbunden, welches erregend auf das entsprechende
Organ wirkt.
Der ganze Vorgang des sinnlichen Begehrens und Verabscheuens ist leiblicher und geistiger Natur zugleich. Die leiblichen Organe spielen einerseits dabei eine wesentliche Rolle, anderseits geht nicht bloß der ganze Prozeß von der Vorstellung des Begehrten oder einer solchen Wahrnehmung aus, die den sinnlichen Genuß von fern zeigt, sondern wir sind uns auch dieses Vorganges bewußt, woraus zu schließen ist, daß auch dem, was daran leibliches Geschehen ist, ein geistiges Geschehen innerhalb des Bewußtseins entspricht.