Begeisterung
,
Begga - Beghinen

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Seite 2.613.im allgemeinen jede über das Gewöhnliche erhöhte Stimmung des geistigen Lebens, dieselbe werde nun, wie es z. B. bei dem Champagnerrausch der Fall ist, durch physische oder, wie es z. B. im Liebesrausch, in der Entzückung über eine wissenschaftliche Entdeckung, über ein hinreißendes Kunstwerk, eine edle That, über die wahre oder vermeintliche Gegenwart der Gottheit geschieht, durch den lebhaften Eindruck gewisser Vorstellungen, d. h. durch psychische Reizmittel, erzeugt. Folge derselben ist, daß der Begeisterte andern (oder auch sich selbst) unter dem Einfluß eines »Geistes« (des Weins im ersten, eines höhern Geistes, Genius, Dämons, ja der Gottheit selbst im zweiten Fall) zu stehen und nicht sowohl selbst zu reden und zu handeln, als »den Geist« durch und aus sich reden und handeln zu lassen den Anschein hat. Doch pflegt der Ausdruck ¶
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»Begeisterung«
nur für die letztere Form, die »Geistestrunkenheit«, für die Trunkenheit vom Wein höchstens der Name »Begeistung«
gebraucht zu werden. Beide Formen der Begeisterung
jedoch haben das gemein, daß der »Geistes«- (wie der Weines-) Trunkene den umgebenden
»Nüchternen« zu »schwärmen«
scheint, die erhöhte Geistesstimmung bald für Entrückung des Geistes in höhere Sphären (Geistesverzückung,
Sehertum),
bald für Verrückung desselben (Wahnwitz, Geistesabwesenheit) gilt, der Schwärmer daher bald als höherer Weisheit
teilhaftig gepriesen, bald nach Luthers kräftigem Ausdruck als »Schwarmgeist« gemieden wird. Nur die erhöhte Geistesstimmung
jener erstern Art, deren Aussprüchen und Handlungen mustergültiger Wert beigelegt wird, pflegt im engsten Sinn des Worts
Begeisterung
zu heißen. In diesem Sinn bedient man sich der Bezeichnung, wenn von den Schöpfungen künstlerischer, den Entdeckungen
wissenschaftlicher, den Thaten und Aufopferungen sittlicher, politischer und religiöser Begeisterung
die Rede ist.
Legt man dabei auf den Umstand Gewicht, daß der Geist, unter dessen Einfluß der Begeisterte steht, ein von seinem
eignen verschiedener, die Begeisterung
daher durch ein andres Geistwesen verursacht sei, so heißt sie Inspiration, wenn dieser Geist
der göttliche selbst ist, Theopneustie. Im andern Fall, wenn der Begeisterte unter der Herrschaft seines eignen, aus dem Alltagsschlummer
erwachten Geistes (seines Genius) stehend gedacht wird, erscheint die Begeisterung
als Genialität, Enthusiasmus.
Stärke (natürliches Vo

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Stärke.
Wird auf den Inhalt der die Begeisterung
erweckenden Ideen geachtet, die teils dem Gebiet der Erkenntnis (des Wahren), teils jenem der
Kunst (des Schönen), teils jenem des sittlichen Handelns (des Guten) angehören, so läßt sich eine logische, ästhetische
und moralische Begeisterung
unterscheiden, von welch letztern beiden die religiöse als Begeisterung
für
das Heilige und Vollkommene nur eine Abart ist. Obwohl nun jeder Mensch der Begeisterung
fähig ist und in eine höhere Stimmung gesetzt
zu werden pflegt, sobald eine Idee ihm näher tritt, so setzt doch die in höherm Sinn immer ein eminenteres Maß geistiger,
leicht in Bewegung zu setzender Kräfte, besonders eine lebhafte Einbildungskraft und ein leicht erregbares
Gemüt, gleichzeitig aber auch gleichmäßige Stärke
[* 3] der Reflexion
[* 4] und des Willens voraus, um Maß zu halten und selbst über
die kühnsten Aufschwünge der Seele freithätig zu gebieten, um nicht, wie diesem Geschick schwache, mit einer großen Reizbarkeit
und lebendiger Phantasie begabte Gemüter immer unterliegen, in Schwärmerei und selbst in Wahnsinn zu verfallen.
Die Begeisterung
wirkt nicht minder auf das Vorstellungs- als auf das Begehrungsvermögen. Indem der Gegenstand die ganze Seele erfüllt,
so daß dieselbe nur mit ihm sich beschäftigt, gegen alles andre gleichsam blind und taub ist, richtet sich ihr Blick
ausschließlich nur auf ihn mit einer Schärfe, daß sie ihn klarer schaut als alles andre. Die Begeisterung
überschaut Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft gleichsam mit Einem Blick, erkennt Schwierigkeiten nicht nur schnell, sondern entdeckt auch leicht die
Mittel, dieselben zu überwinden, und wendet dieselben mit einer Entschiedenheit oder Beharrlichkeit an, daß
der ruhige Beobachter über die Erfolge staunt. Je klarer aber die Vorstellungen sind, auf welchen die Begeisterung
ruht, desto mächtiger
wirken sie auch auf Gemüt, Willen und Begehrungsvermögen, reißen dieselben mit sich fort und spornen sie an, die Idee so schnell
wie möglich zu realisieren. So wirkt die Begeisterung
bei dem Dichter, Redner, Maler, Musiker, Baumeister etc., so
daß das Schaffen ein wunderhaft schnelles aus Einem großartigen Guß
wird. Mit Recht unterscheidet man noch eine wahre (d. h.
wirkliche) und falsche (d. h. bloß eingebildete) und versteht unter der erstern jene reine,
tiefe, durch Ideen verursachte und auf solche gerichtete Erregtheit des Gemüts, unter letzterer dagegen
die affektierte Geistesstimmung, die nüchtern bleibt, aber berauscht scheinen will.