Begehrungs
vermögen,
Bezeichnung desjenigen Vermögens der Seele, worin das Wünschen und Verabscheuen, Streben und Widerstreben des Menschen seinen Grund hat. Ist das Streben daraufhin gerichtet, einen zukünftigen Zustand herzustellen, und ist dieser erstrebte Zustand deshalb anziehend, so heißt das Streben ein Begehren im engern Sinn; ist dagegen das Streben gegen den gegenwärtigen Zustand, der also abstoßend erscheint, berechnet, so bezeichnen wir dasselbe als ein Verabscheuen.
Jenes ist ein Aufstreben einer
Vorstellung ins
Bewußtsein gegen Hindernisse mit Unterstützung durch verbundene
Vorstellungen,
dieses kann als Niedergedrücktwerden einer
Vorstellung durch entgegengesetzte mächtigere bezeichnet werden. Während die
ältere
Psychologie von einem obern und niedern Begehrungs
vermögen sprach, erkennt die neuere nur eine
Einteilung der Begehrungen in
sinnliche oder materielle und geistige oder intellektuelle an. In die erste
Klasse gehört vor allen der sinnliche oder
Naturtrieb,
und diese Art der sinnlichen Begehrung prägt sich wieder am bestimmtesten aus im Nahrungstrieb, Bewegungstrieb,
Geschlechtstrieb.
Die zweite Unterabteilung der sinnlichen Begehrungen bilden die sinnliche
Begierde und ihr Gegenteil (Abscheu). Zu
der
Klasse der geistigen Begehrungen rechnet man
Neigungen und Abneigungen, Sehnsucht,
Wünsche, geistiges
Interesse, herrschend
gewordene
Begierden oder
Leidenschaften, endlich diejenige Begehrung, welche von der
Vorstellung der Erreichbarkeit des Begehrten
begleitet wird, d. h. den
Willen (s. d.), das
Wollen.