Befruchtung
[* 3] der
Pflanzen *. Nach der
Annahme
Nägelis beruhen die erblichen Eigentümlichkeiten der
Pflanzen
arten wie überhaupt aller organischen
Wesen auf einer Verschiedenheit ihrer bei der
Befruchtung aufeinander
wirkender
Plasmamassen, des sogen.
Idioplasmas, welches er in
Gegensatz zu dem die vegetativen Vorgänge bedingenden Ernährungsplasma
stellt. Besonders
die
Spermatozoiden bestehen vorwiegend aus
Idioplasma, während dem letztern in den
Eizellen größere
Mengen
von Ernährungsplasma beigemengt sind.
Der Befruchtun
gsakt besteht in der Vereinigung fester Idioplasmakörper, weshalb die frühere
Annahme einer Befruchtung
der
höhern
Pflanzen auf diosmotischem Weg unmöglich erscheint. Nach
Strasburger findet bei der Befruchtung
eine Verschmelzung von
Zellkernen
ohne Beteiligung des übrigen
Plasmas statt, weshalb er in den
Kernen selbst die
Träger
[* 4] spezifischer, von
Nägeli dem
Idioplasma zugeschriebener
Eigenschaften vermutet. Die Kernfäden verschmelzen bei der
Befruchtung nicht, sondern
legen sich nur aneinander; bei der
Teilung des Keimkerns erhalten die beiden Tochterkerne zu gleichen Teilen je eine Hälfte
der väterlichen und mütterlichen Kernfadenstücke, und dasselbe wiederholt sich beständig bei jeder darauf folgenden
Teilung.
Jeder Kern besteht daher aus Stücken, die von vorausgehenden Generationen sowohl väterlicher als mütterlicher Art auf ihn direkt übergegangen sind, wodurch sich die bekannten Rückschlagserscheinungen erklären lassen, bei welchen ein Organismus mit den Merkmalen der Voreltern auftritt (Atavismus). Jedoch hört die Vererbung auf, wenn die den frühern Generationen ungehörigen Kernfadenstücke zu klein werden, um noch einen Einfluß auszuüben. Da allgemein bei der Ausbildung der geschlechtlichen Fortpflanzungskörper oder auch während der Befruchtung gewisse, zum Eintritt in das neu zu zeugende Individuum untaugliche Substanzen ausgeschieden werden, so ist nach Dodel-Port zu vermuten, daß alle geschlechtlichen Vorgänge darauf hinauslaufen, aus dem Idioplasma jene schädlichen Molekülgruppen hinauszuschaffen und durch fremde Idioplasmastränge zu ersetzen.
Für die Befruchtung
der
Gymnospermen hat
Strasburger festgestellt, daß der
Zellkern der generativen
Zelle
[* 5] des Pollenkorns in
den
Pollenschlauch einwandert und sich daselbst teilt. Bei den
Angiospermen wandern sowohl der vegetative als der generative
Zellkern unter Vortritt des erstern in den
Pollenschlauch ein, worauf der generative eine einmalige
Teilung
erfährt, aber die beiden Tochterkerne niemals aufgelöst werden, während der vegetative
Kern (wenigstens bei den Dikotylen)
schwindet. Bei einer
Gruppe der
Koniferen
[* 6] dringen die generativen
Zellkerne zu je einem in die Archegonien ein, um mit dem Eikern
derselben zu kopulieren. Bei den
Orchideen
[* 7] und andern
Angiospermen dringt durch die sehr weiche
Haut
[* 8] der
Pollenschlauchspitze
Protoplasma zwischen die
Synergiden und von da in die
Eizelle ein; der vorausgehende der beiden in diesem
Fall vorhandenen generativen
Zellkerne kopuliert auch hier mit dem
Eitern, während der andre in dem
¶
mehr
Pollenschlauchplasma zurückbleibt und später aufgelöst wird.
Vgl. Nägeli, Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre (München [* 10] 1883);
Strasburger, Neue Untersuchungen über den Befruchtun
gsvorgang bei den Phanerogamen (Jena
[* 11] 1884);
Dodel-Port, Die Exkretion der sexuellen Plasmamassen (»Biologische Fragmente«, Teil 2, Kassel [* 12] 1885).