1) Wilhelm, Selenograph, Bruder des Komponisten Meyerbeer (Jakob Beer), geb. 4. Jan. 1797 zu Berlin,
kämpfte 1813-15 in den Reihen der Freiwilligen und widmete sich dann dem Handelsstand, um die Leitung der bedeutenden Fabrik- und
sonstigen Geschäfte seines Vaters zu übernehmen. Mit den Elementen der höhern Mathematik und Astronomie vertraut, legte er
sich auf seiner Villa im Tiergarten eine kleine Sternwarte an und beobachtete mit Mädler den Mars in seinen
Oppositionen.
Als Resultat derselben erschienen »Physische Beobachtungen des Mars in der Erdnähe« (Berl. 1830). Wichtiger und umfangreicher
waren die wiederum mit Mädler angestellten Aufnahmen der Mondoberfläche, welche die erste vollständige und genaue Generalkarte
des sichtbaren Teils der Mondscheibe lieferten. Sie erschien unter dem Titel: »Mappa selenographica« (Berl.
1834-36, 4 Blätter) und ward von der französischen Akademie mit dem Lalandeschen Preis gekrönt. Später erschienen von und
Mädler noch einzelne Abhandlungen über verschiedene Körper des Sonnensystems und »Der Mond nach seinen kosmischen und individuellen
Verhältnissen, oder allgemeine vergleichende Selenographie« (Berl. 1837, 2 Bde.
mit Karte). Beer starb 27. März 1850 in Berlin.
2) Michael, dramat. Dichter, Bruder des vorigen, geb. 19. Aug. 1800 zu Berlin, betrieb auf der Universität daselbst und zu Bonn
philologische und historische sowie philosophische und naturwissenschaftliche Studien und wurde im Verkehr mit Gelehrten und
Künstlern frühzeitig zu dichterischen Versuchen angeregt. Schon als 19jähriger Jüngling trat er mit
seiner Tragödie »Klytämnestra« hervor, welche auf dem Berliner Hoftheater zur Aufführung kam. Ihr folgte das Trauerspiel »Die
Bräute von Aragonien«, worin er jedoch in eine übertriebene Romantik verfiel.
Wirklich poetischen Wert hat erst sein »Paria«, ein einaktiges Trauerspiel (Leipz. 1823), weil nicht nur
seine Sprache schwungvoll und kernhaft, sondern seine Idee groß und bedeutend ist: es ist die ideal gehaltene Tragik des Proletariats,
dessen Darstellung schon durch die Verlegung in weite Ferne gleichsam verklärt wird. Beers glückliche äußere Verhältnisse
waren der Entwickelung seines Dichtertalents höchst günstig; er besuchte Italien und Frankreich und nahm
dann seinen Aufenthalt abwechselnd in München, Bonn, Düsseldorf und Paris; nur zuweilen und auf kurze Zeit kehrte er in seine
Vaterstadt zurück. Auf seiner dritten
mehr
italienischen Reise 1826 dichtete er die »Elegien aus Genua«, die ausgezeichnetsten unter seinen lyrischen Poesien. Das Jahr 1827 verlebte
er größtenteils in München, wo er seine Tragödie »Struensee« (Stuttg. 1827; neue Ausg., Leipz.
1871), seine formell vollendetste dramatische Arbeit, verfaßte, zu der sein Bruder Jakob (der bekannte Komponist Meyerbeer) eine
vorzügliche Musik schrieb. Die Tragödie steht in der Mitte zwischen den Iambentrauerspielen der 20er Jahre und den spätern
charakteristisch-realistischen dramatischen Anläufen, enthält auch einzelne große Momente und Züge, vermag aber für den
Helden nicht zu gewinnen.
Beers letzte Tragödie: »Schwert und Hand« (1831),
ist in Bezug auf Charakterzeichnung und dramatisches
Interesse weit schwächer und fand so wenig Beifall wie sein Lustspiel »Nenner und Zähler«. Beer starb 22. März 1833 in München.
Seine »Sämtlichen Werke« gab Eduard v. Schenk mit einer Biographie heraus (Leipz. 1835). Von dem bescheiden-liebenswürdigen
Wesen des Dichters zeugt sein »Briefwechsel mit Immermann und Schenk« (hrsg. von letzterm, Leipz.
1837).
3) Adolf, österreich. Geschichtschreiber, geb. 27. Febr. 1831 zu
Proßnitz in Mähren, studierte 1849-51 zu Berlin, dann zu Heidelberg, Prag und Wien, war 1853-57 Gymnasiallehrer in Czernowitz,
Wien und Prag, 1857 Professor der österreichischen Geschichte an der Rechtsakademie zu Großwardein, 1858-68 Professor an der
Handelsakademie zu Wien und ist seit 1868 ordentlicher Professor an der technischen Hochschule in Wien. Bei
den organisatorischen Arbeiten im Unterrichtsrat, bei dem Volksschulgesetz vom Jahr 1869, der Reorganisation der Realschulen
beteiligt, trat Beer als Hofrat unter Hasner und Stremayr ins Unterrichtsministerium, legte diese Stelle aber nach dem Sturz des
Bürgerministeriums 1870 nieder und ließ sich 1873 zum Mitglied des Abgeordnetenhauses des Reichsrats
wählen, in dem er der Verfassungspartei angehört.
Seit Mai 1873 ist Beer korrespondierendes Mitglied der Wiener, seit 1871 auswärtiges Mitglied der Leidener Akademie. Ausgebreitete
Reisen durch die Hauptländer Europas dienten historischen Studien und der Kenntnisnahme des Unterrichtswesens. Als Geschichtschreiber
hat sich Beer namentlich um die Zeit Maria Theresias und Josephs II. verdient gemacht. Außer mehreren Abhandlungen
in dem »Archiv für österreichische Geschichte« und in Sybels »Historischer Zeitschrift« veröffentlichte Beer: »Geschichte des
Welthandels« (Wien 1860-84, 3 Abtlgn. in 4 Bdn.);
»Die Fortschritte des Unterrichtswesens in den Kulturstaaten Europas« (mit Hochegger, das. 1867-68, 2 Bde.);
»Aufzeichnungen des Grafen W. Bentinck über Maria Theresia« (das. 1871);
»Die erste Teilung Polens« (das. 1873, 3 Bde.);
»Joseph II., Leopold II. und Kaunitz; ihre Briefwechsel etc.« (das. 1873);
»Friedrich II. und van Swieten« (Leipz. 1873);
»Leopold
II., Franz II. und Katharina von Rußland. Ihre Korrespondenz etc.« (das. 1873);
»Die Finanzen Österreichs im 19. Jahrhundert« (Prag 1877);
»Zehn Jahre österreichischer Politik 1801-1810« (Leipz. 1877);
»Der
Staatshaushalt Österreich-Ungarns seit 1868« (Prag 1881);
»Die orientalische Politik Österreichs seit 1774« (das. 1883).
4) August, Mathematiker und Physiker, geb. 31. Juli 1825 zu Trier, studierte in Bonn, habilitierte sich 1850, wurde 1855 außerordentlicher
und 1857 ordentlicher Professor der Mathematik in Bonn und starb 18. Nov. 1863. Beers Hauptthätigkeit war der Theorie des Lichts
gewidmet, welche er in seinem damals epochemachenden Werk »Einleitung
in die höhere Optik« (Braunschw. 1853; 2. Aufl., bearbeitet
von V. v. Lang, 1882) im Zusammenhang darlegte. Er schrieb noch: »Einleitung in die Elektrostatik, die Lehre
vom Magnetismus und der Elektrodynamik« (Braunschw. 1865);
»Einleitung in die mathematische Theorie der Elastizität und Kapillarität«
(Leipz. 1869).
*, 5) Max Joseph, Komponist, geb. 1851 zu Wien, Schüler von Dessoff in Wien, wo er als Komponist lebt. Er schrieb viele
lyrische Klavierstücke zu 2 und 4 Händen (»Eichendorffiana«, »Spielmannsweisen«,
»Abendfeier«, »Heidebilder«,
»Was sich der Wald erzählt«) und Lieder, auch eine Suite für Klavier (Op. 9): »Der wilde Jäger« (Soli, Chor
und Orchester),
eine parodistische Operette: »Das Stelldichein auf der Pfahlbrücke« (preisgekrönt und gedruckt),
und im Manuskript
die Opern: »Otto der Schütz« und »Der Pfeiferkönig«.
Taco Hajo de, niederländ. Schriftsteller, geb. 18. Nov. 1838 zu
Maarsen in der Provinz Utrecht, wandte sich an verschiedenen Orten dem Lehrerberuf zu und lebt seit 1877 als
Lehrer der deutschen Sprache und Litteratur an der Realschule 1. Ordnung in Amsterdam. Nachdem er sich schon früher an der Herausgabe
verschiedener Zeitschriften beteiligt hatte, begründete er hier 1878 die dem Studium der niederländischen Sprache und Litteratur
gewidmete Zeitschrift »Noord en Zuid«, die er noch gegenwärtig redigiert, und 1879 das belletristische
Wochenblatt »De Portefeuille«, dessen Leitung er bis 1889 führte. 1879-85 redigierte er auch »Het
Nederlandsch Tooneel«, Organ des Vereins zur Hebung des niederländischen Theaters.
Außerdem schrieb er Novellen, Gedichte und kleinere Dramen und gab verschiedene Sammelwerke, wie die »Bibliotheek
van buitenlandsche schrijvers«, zahlreiche Übersetzungen aus dem Deutschen und Englischen, eine »Musterlese aus der poetischen
Litteratur der Deutschen« (2. Aufl. 1887),
eine zweibändige Geschichte der englischen Litteratur mit Proben: »The literary
reader« (2. Aufl. 1884),
und die »Letterkundige geschiedenis van Duitschland« (1879)
heraus. 1883 begründete er die dialektische Zeitschrift »Onze Volkstaal«.
Wilhelm Amandus, Genremaler, geb. 9. Aug. 1837 zu Frankfurt a. M.,
erhielt den ersten Unterricht von seinem Großonkel, dem Landschaftsmaler Radl, widmete sich auf dem
Städelschen Institut unter Steinle der Historienmalerei
mehr
und debütierte erfolgreich mit dem Bilde: Thomas von Bologna besucht Albrecht Dürer, dem dann zunächst eine heil. Cäcilia,
die Meistersinger und Gastmahl bei einem Nürnberger Patricier folgten. Eine Studienreise im bayrischen Gebirge führte ihn
mehr dem Genrebild und insbesondere der Darstellung des Bauernlebens zu, z. B.: Ankunft einer
Glocke in einem Dorf des bayrischen Hochlands und der vom Schützenfest in Tirol heimkehrende Sieger.
Nach wiederholtem längern Aufenthalt in Rußland, namentlich im Gouvernement Ssmolensk, dessen Gegenden und Volksleben ihn
ungemein anzogen, brachte er von dort eine Reihe trefflicher Genrebilder, die großen Beifall fanden. Dahin gehören: die
ersten gefangenen Türken in einer russischen Kreisstadt, Bauernbelustigung auf dem Kirchenfest des heil.
Nikolaus, russisches Zigeunerlager, am Flußufer einer kleinen russischen Stadt, die ersten gefangenen Türken in Dorogobush
u. a. Von jenen Ausflügen nach Rußland kehrte er 1870 zurück und ließ sich in seiner Vaterstadt
nieder.
Adolf, österr. Historiker, geb. 27. Febr. 1831 zu Proßnitz in Mähren, studierte in Berlin, Heidelberg, Prag und Wien
Geschichte, Philologie und Volkswirtschaft und wurde 1853 Gymnasiallehrer in Czernowitz, dann in Wien, später in Prag, 1856 außerord.
Professor der österr. Geschichte an der Rechtsakademie zu Großwardein, 1857 Professor der allgemeinen
und der Handelsgeschichte an der Handelsakademie zu Wien und 1868 in gleicher Eigenschaft an die Technische Hochschule zu Wien
berufen.
Als Mitglied des Unterrichtsrats beteiligte sich an der Reform der Volks- und Realschulen wie der technischen Hochschulen Österreichs
in hervorragender Weise. Nachdem er 1870 zur außerordentlichen Dienstleistung ins Ministerium für Kultus
und Unterricht berufen worden war, verließ er mit dem Sturze des Bürgerministeriums diesen Posten, um sich ganz der wissenschaftlichen
und schriftstellerischen Thätigkeit zu widmen. 1873 wurde Beer zum Reichsratsabgeordneten gewählt und verteidigte
mit Erfolg die Neuschule gegen die Klerikalen.
Unter seinen hervorragenden histor. Werken sind zu nennen: «Geschichte des Welthandels» (5 Bde.,
Wien 1860‒84; 3. Bd., 2. Abteil, auch u. d. T.
«Geschichte des Welthandels im 19. Jahrh.», 2 Tle., ebd. 1884),
«Aufzeichnungen des Grafen Bentinck über Maria Theresia» (ebd.
1871),
«Holland und der Österreichische Erbfolgekrieg» (ebd. 1871),
«Die erste Teilung Polens» (3 Bde.,
ebd. 1873‒74),
«Joseph Ⅱ., Leopold Ⅱ. und Kaunitz. Ihr Briefwechsel» (ebd. 1873),
«Friedrich Ⅱ. und van Swieten» (Lpz.
1874),
«Leopold Ⅱ., Franz Ⅱ. und Katharina. Ihre Korrespondenz. Nebst einer Einleitung: Zur Geschichte der Politik Leopolds
Ⅱ.» (ebd. 1874),
«Zehn Jahre österr. Politik 1801‒10» (ebd. 1877),
«Die Finanzen Österreichs im 19. Jahrh.»
(Prag 1877),
«Der Staatshaushalt Österreich-Ungarns seit 1868» (ebd. 1881),
«Die orient. Politik Österreichs seit 1774» (ebd.
1883),
«Aus Wilhelm von Tegetthoffs Nachlaß» (ebd. 1882),
«Die österr. Handelspolitik im 19. Jahrh.»
(ebd. 1891); mit Hochegger: «Fortschritte des Unterrichtswesens in den Kulturstaaten Europas», Bd. 1 u. 2 (ebd. 1867‒68).
Michael, Trauerspieldichter, Bruder Meyerbeers, geb. 19. Aug. 1800 zu Berlin, von jüd. Abkunft, widmete sich auf den
Universitäten zu Berlin und Bonn geschichtlichen, philos. und naturwissenschaftlichen Studien und erweiterte seine Bildung durch
Reisen in Frankreich und Italien. Später lebte er gewöhnlich in München, am Rhein oder in Paris, seltener
in Berlin und starb in München 22. März 1833. Im J. 1819 kam sein Trauerspiel «Klytämnestra» in Berlin zur Aufführung und fand
günstige Aufnahme. Es folgten die Trauerspiele «Die Bräute von Aragonien» und «Der Paria» (1823), B.s bedeutendstes Werk, das,
ein Schmerzensschrei über die Stellung des Judentums, den Kampf einer edlen Natur gegen erniedrigende
Kulturzustände behandelt und von Goethe günstig beurteilt wurde. In Italien schrieb Beer 1826 seine genuesischen Elegien, in
München das Trauerspiel «Struensee» (Stuttg. 1829 u. 1847; Lpz. 1871; Neudruck mit Einleitung in Kürschners «Deutscher Nationallitteratur»,
Bd. 136, 1889). B.s «Sämtliche
Werke» (Lpz. 1835) begleitete der Dichter und bayr.
Minister E. von Schenk, der auch B.s
mehr
«Briefwechsel» mit Immermann und Schenk (ebd. 1837) herausgab, mit einer
biogr. Einleitung.
Wilh., Bankier zu Berlin und Astronom, Bruder des vorigen, geb. 4. Jan. 1797, kämpfte 1813-15 in den Reihen der Freiwilligen,
vertauschte dann den Militärdienst mit dem Handelsstande, benutzte aber seine Mußestunden, um mit seinem Freunde Mädler
Astronomie zu treiben. Zu diesem Zwecke erbaute er sich eine kleine Sternwarte im Tiergarten bei Berlin und
beobachtete namentlich den Mars und den Mond. Er starb 27. März 1850 zu Berlin. Die Abhandlung, in der die Beobachtungen des Mars
niedergelegt waren, erschien 1830 und erregte Interesse, in noch höherm Grade aber die 1836 vollendete
Mondkarte. Ihr folgte «Der Mond nach seinen kosmischen und individuellen Verhältnissen,
oder allgemeine vergleichende Selenographie» (Berl. 1837). Als Mitglied der preuß.
Ersten Kammer von 1849 schrieb Beer:. «Die Dreikönigsverfassung in ihrer
Gefahr für Preußen» (Berl. 1849).