Bedenkzeit
(Deliberationsfrist,
Spatium deliberandi,
Beneficium deliberandi) heißt im
Erbrecht die
Frist, innerhalb welcher
der
Erbe zu erklären hat, ob er die ihm durch
Testament oder gesetzliche
Erbfolge zufallende
Erbschaft annehmen will oder nicht.
Da nämlich der
Erwerb einer
Erbschaft, wenn diese verschuldet oder sehr mit Vermächtnissen belastet ist,
dem
Erben leicht nachteilig werden kann, so ist ihm einmal das
Beneficium inventarii (s. d.) und sodann die
Rechtswohlthat der
Bedenkzeit
verstattet, innerhalb deren er Zeit hat, den Bestand der
Erbschaft zu untersuchen und zu überlegen, ob es ratsam sei,
die
Erbschaft anzunehmen oder sich davon loszusagen.
Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden: Wird der Erbe von andern Erben, z. B. Miterben, Substituten, nachstehenden Intestaterben, oder von Erbschaftsgläubigern oder auch Vermächtnisnehmern gedrängt, sich über Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft zu erklären, so wird ihm nach römischem Recht, wenn er sich nicht sofort erklären will, auf sein Nachsuchen eine Deliberationsfrist vom Regenten auf ein Jahr oder vom Richter auf neun Monate, vom Tag der Gestattung an, bewilligt.
Erklärt er sich vor Ablauf [* 2] dieser Frist nicht, so wird er, wenn andre Erben auf seine Erklärung gedrungen haben, als Ausschlagender, im andern Fall aber als Antretender behandelt. Nach preußischem Recht muß die Erklärung über Erbschaftsantritt oder Erbschaftsentsagung innerhalb sechs Wochen von erfolgter Wissenschaft an erfolgen, außer wenn der Aufenthalt des Erben über 40 Meilen von dem letzten Wohnort des Erblassers entfernt ist, in welchem Fall eine Frist von drei Monaten verstattet wird. Die Erklärung muß persönlich oder durch einen rekognoszierten schriftlichen Aufsatz bei Gericht abgegeben werden; erfolgt sie in dem gesetzten Zeitraum nicht, so wird angenommen, der Erbe habe mit dem Beneficium inventarii angetreten. Das österreichische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch bestimmt keine Frist der Erklärung über Erbschaftsantritt und Verzicht. Nach dem französischen Code civil (Art. 789) kann das Recht des Antritts und der Ausschlagung zwar innerhalb einer Frist von 30 Jahren geltend gemacht werden, jedoch dauert die eigentliche Deliberationsfrist nur 40 Tage, wenn von den Gläubigern ein Inventar ediert worden ist; indes kann diese Frist von dem Richter auf Ansuchen verlängert werden (Art. 795-800); sie beginnt mit Beendigung des Inventars oder dem Ablauf der zu dessen Fertigung gegebenen dreimonatigen Frist.