Bazaine
(spr. basähn), François Achille, franz. Marschall,
geb. zu Versailles,
[* 2] wo sein
Vater als pensionierter Offizier lebte, trat 1831 als Freiwilliger in das 37. Linienregiment,
kam zur Fremdenlegion nach
Algerien
[* 3] und wurde 1833
Unterlieutenant. 1835
Lieutenant, trat er mit der ganzen
franz. Fremdenlegion in den Dienst der Königin-Regentin von
Spanien,
[* 4] Christine, und kämpfte gegen die Karlisten. Nachdem die
Fremdenlegion in der
Schlacht von
Barbastro bei Pamplona fast vernichtet worden war, kehrte Bazaine
nach
Frankreich zurück und trat
als
Kapitän ins 4. Linienregiment, mit dem er sich auf den Expeditionen gegen Kabylien,
Marokko und vor
Milianah auszeichnete. Bazaine
wurde hierauf in den
Bureaux arabes verwendet, stieg 1844 zum
Stabsoffizier
auf und wurde 1850 Oberst. 1854 führte
er als Brigadegeneral die beiden
Fremdenregimenter vor Sewastopol
[* 5] und wurde nach dem Falle der Festung
[* 6] Platzkommandant
derselben. 1855 wurde er Divisionsgeneral und befehligte die Expedition gegen die Festung
Kinburn. Im
Italienischen
Kriege von 1859 nahm
Bazaine
hervorragenden Anteil am
Sturme auf Melegnano (8. Juni) und auf den Kirchhof von
Solferino
[* 7] (24. Juni).
¶
mehr
Die mexik. Expedition von 1862 bis 1864 verschaffte Bazaine
wirklichen militär. Ruf.
Anfänglich war er Kommandant von Veracruz, dann führte er die 1. Division unter General Forey. Am schlug er den
juaristischen General Comonfort bei San Lorenzo und bewirkte dadurch 18. Mai die Übergabe Pueblas. Nach der
Abberufung Foreys übernahm Bazaine
den Oberbefehl über die franz.
Armee in Mexiko.
[* 9] Zunächst suchte Bazaine
die Häupter der liberalen Partei, den General Donaldo und den Expräsidenten Comonfort,
an sich zu ziehen.
Später suchte er die Maßregeln des Kaisers Maximilian zu vereiteln (s. Mexiko). Auch vermählte sich Bazaine
mit
einer reichen Mexikanerin, deren Familie zu den entschiedensten Feinden des neuen Kaiserreichs gehörte. Sein Verhältnis
zum Kaiser Maximilian blieb bis zum Abzug der Franzosen ein sehr gespanntes, und dieser erbat deshalb wiederholt, jedoch erfolglos,
die Abberufung B.s. Anfang 1867 begann der Abzug der Franzosen; am 12. März schiffte sich Bazaine
mit dem Rest der
Truppen zu Veracruz ein.
Durch Dekret vom war Bazaine
zum Marschall von Frankreich erhoben worden. Nach Frankreich zurückgekehrt, befehligte er
das 3. Armeekorps (Nancy),
[* 10] bis er 1869 als Oberbefehlshaber der Kaisergarde nach Paris
[* 11] berufen wurde. 1870 übernahm Bazaine
das
Kommando des 3. Armeekorps der sog. Rheinarmee. Im August zum Oberbefehlshaber der Rheinarmee ernannt,
versammelte er alle Korps bei Metz,
[* 12] wohin er auch den größten Teil des 6. Korps (Marschall Canrobert) von Châlons her heranzog.
Bazaine
erkannte die Unmöglichkeit, die Mosellinie zu halten, und wollte das Heer hinter die Maas führen, um sich
bei Châlons mit der Armee des Marschalls Mac-Mahon zu vereinigen.
Durch die Schlachten
[* 13] bei Colombey-Nouilly (14. Aug.) und Mars-la-Tour-Vionville (16. Aug.) verzögerte sich jedoch der Abmarsch
seines Heers, das bei Gravelotte (18. Aug.) geschlagen und nach Metz hineingeworfen wurde. Ein Teil der deutschen Streitkräfte
schloß die Rheinarmee B.s im Lager
[* 14] von Metz ein. Bazaine
versuchte mehrmals, besonders am 31. Aug. und 1. Sept. (Schlacht
von Noisseville), den ihn umgebenden eisernen Ring zu durchbrechen. Die Nachricht vom Sturze Napoleons veranlaßte Bazaine
zunächst,
von größern Unternehmungen Abstand zu nehmen. Da jedoch seit der Kapitulation von Sedan
[* 15] die letzte Hoffnung auf Entsatz geschwunden
war, überdies Mangel an Lebensmitteln, Krankheiten und allgemeine Hilflosigkeit der Truppen die Lage zu
einer verzweifelten machten, so blieb Bazaine
nichts übrig, als sich mit 173000 Mann und dem gesamten
Kriegsmaterial dem Prinzen Friedrich Karl zu ergeben (s. Metz). Auf Grund der Kapitulation ging er mit seiner ganzen
Armee in Kriegsgefangenschaft nach Deutschland;
[* 16] er selbst wurde zu Cassel interniert.
Von franz.Seite wurde gegen Bazaine
der Vorwurf erhoben, er habe seine Ausfälle nicht mit gehöriger Energie ausgeführt, weil er
die Armee dem Napoleonischen Kaisertum in Hoffnung auf dessen Wiederherstellung habe erhalten wollen. Ein Manifest Gambettas
beschuldigte Bazaine
sogar offen des Verrats. Diese Anklagen aber waren nicht gerechtfertigt. Nach Abschluß
des Präliminarfriedens, der ihm seine Freiheit wiedergab, siedelte Bazaine
mit seiner Familie nach Genf
[* 17] über; später kehrte er nach
Frankreich zurück, wurde zunächst unbelästigt gelassen, im Mai 1872 aber des Verrats angeklagt und verhaftet. Am
begannen
die öffentlichen Verhandlungen des Kriegsgerichts unter Vorsitz des Herzogs von Aumale.
Lachaud, der berühmteste Advokat Frankreichs, führte mit Unterstützung seines Sohnes die Verteidigung. Es wurden 272 Zeugen vorgeladen, deren Aussagen indes den objektiven Thatbestand der Anklage nicht feststellten. Am 10. Dez. wurde Bazaine mit Stimmeneinhelligkeit zum Tode und zur Degradation u. s. w. verurteilt, indessen 12. Dez. vom Präsidenten der Republik, Mac-Mahon, unter Bestätigung der Degradation, zu 20jähriger Festungshaft begnadigt. Bazaine wurde in das Fort der Insel Ste. Marguerite bei Cannes gebracht, begleitet von seinem treu ergebenen Adjutanten, Oberst Villette; auch seine Gattin und sein Sohn erhielten die Erlaubnis, dort zu wohnen.
In der Nacht vom 9. zum gelang es jedoch der Gattin B.s, den Marschall aus der Haft zu befreien und an Bord eines genues. Dampfers zu bringen. Bazaine reiste durch die Schweiz [* 18] über Köln [* 19] nach Belgien, [* 20] wo er zunächst blieb. Anfang 1875 verlegte er seinen Wohnsitz nach Madrid [* 21] und hielt sich seitdem von jeder polit. Thätigkeit fern. Er starb verlassen von seiner Frau in ärmlichen Verhältnissen zu Madrid. Bazaine schrieb: «Rapport sommaire sur les opérations de l'armée du Rhin du 13 Août au 29 Octobre 1870» (Berl. und Genf 1871; deutsch von Mels, Berl. 1871),
«Bataille de Rezonville, le 16 Août 1870. Rapport du maréchal» (Brüss. 1870),
«L'armee du Rhin depuis le 12 Août jusqu'au 29 Octobre 1870» (Par. 1872; deutsch Lpz. 1872). In Madrid veröffentlichte er noch zu seiner Rechtfertigung: «Épisodes de la guerre de 1870 et le blocus de Metz» (Madrid 1883; deutsch von Wevers, Berl. 1884). –
Vgl. von Hanneken, Marschall und die Kapitulation von Metz (Darmst.und Lpz. 1873);
Lefaure, Procès du maréchal Bazaine. Audiences du premier conseil de guerre etc. (Par. 1874);
La Brugère, L'affaire Bazaine, compte-rendu officiel (ebd. 1874);
Der Prozeß Bazaine (Berl. 1874);
Der Neue Pitaval, Neue Serie, Bd. 9 (Lpz. 1874);
Marchi, La vérité sur l'évasion de Bazaine (Par. 1883);
Graf d'Hérisson, La Légende de Metz (ebd. 1888), eine Verteidigung B.s. ^[]