Titel
Bayonne
1)
Arrondissement im franz. Depart.
Basses-Pyrénées, hat 1054,38 qkm, (1891) 107164 E., 53 Gemeinden und zerfällt in die 8 Kantone
Bayonne
(Nord-Est, 84,13 qkm, 22056 E.), Bayonne
(Nord-Ouest, 61,93 qkm, 27573 E.), Bidache
(161,30 qkm, 8797 E.), Espelette (180,47 qkm, 8427 E.), Hasparren (160,37 qkm, 9460 E.), Labastide-Clairence (114,92 qkm, 6215 E.),
St.
Jean-de-Luz (128,72 qkm, 15540 E.), Ustarits (162,54 qkm, 9087 E.). – 2) Hauptstadt des
Arrondissements Bayonne
im franz.
Depart.
Basses-Pyrénées, reiche
Hafen- und Handelsstadt und Festung
[* 2] ersten Ranges, am Zusammenflusse
der Nive und des
Adour, 5 km von der
Bai von
Biscaya, an den Linien
Bordeaux-Bayonne-Irun,
Toulouse-Bayonne und der Zweiglinie
Bayonne-Biarritz
der
Franz.
Südbahn, hat (1891) 22682, als Gemeinde 27192 E., und in Garnison das 48. Infanterieregiment und das 14. Festungsartilleriebataillon.
Durch Nive und
Adour wird die Stadt in drei
Teile geteilt: die große Stadt mit dem alten Schloß am linken
Ufer der Nive, die kleine Stadt mit dem neuen Schloß zwischen Nive und
Adour, und die seit 1851 durch eine schöne
Steinbrücke
von sieben
Bogen
[* 3] mit letzterer verbundene Vorstadt St.
Esprit, am rechten Ufer des
¶
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Adour, welche, meist von span. und port. Juden bewohnt, 1857 mit der Gemeinde Bayonne
vereinigt wurde. Eine Citadelle mit vier Bastionen,
von Vauban 1674 - 79 erbaut und seit 1814 noch verstärkt, auf einer Anhöhe der Vorstadt, bestreicht den durch zwei lange
Mauern vor Überschwemmung gesicherten Hafen und die Stadt und trägt, da sie niemals erobert worden ist,
am Eingänge die Inschrift: «Nunquam polluta» («niemals entehrt»). Die schönste Kirche, am Ende der Hauptverkehrsader (der
Rue Victor Hugo) gelegen, ist die 1213 angefangene Kathedrale, an deren Vollendung seit 1847 wieder gearbeitet wird.
Vor derselben steht eine kleine Fontäne. Bayonne
ist Sitz eines Bischofs, eines Handelsgerichts, einer Handelskammer,
des Stabes der 36. Infanteriedivision, einer Filiale der Bank von Frankreich, hat eins der schönsten Arsenale Frankreichs, das 50000 Gewehre
und 20000 Säbel aufnehmen kann, Militärhospital mit 800 Betten, Bibliothek von 10000 Bänden, theol. Seminar, Seemannsschule,
Cirkus
[* 5] für Stiergefechte, welche alljährlich im September abgehalten werden, ein Theater
[* 6] und zwei Zeitungen
sowie prachtvolle Quais und schöne Promenaden.
Der Hafen kann Schiffe
[* 7] von 4 bis 5 m Tiefgang aufnehmen, hat aber wegen der Barre des Adour und der starken Brandung einen äußerst
schwierigen Zugang, an dessen Verbesserung man lange Zeit vergeblich gearbeitet hat. Statt der alten,
vom Meere überall angegriffenen Steinmolen hat man jetzt Molen aus gegossenen Eisenröhren, die mit Mörtel gefüllt sind
und deren Zwischenräume mit beliebig fortzunehmenden Schützen geschlossen sind. In Tracht und Sitten erinnert die Bevölkerung
vielfach an das benachbarte Spanien,
[* 8] namentlich ist in der niedern Volksklasse das bask. Gepräge wie die bask.
Sprache
[* 9] vorherrschend. Bayonne
treibt beträchtlichen Handel mit Spanien und Portugal (mit welchen Ländern es in Dampfbootverbindung
steht) sowie mit Frankreich selbst.
Die Schiffahrt ist hauptsächlich auf Schellfisch- und Walfischfang gerichtet. Mastbäume und anderes Schiffbauholz aus den
Pyrenäen werden nach Brest und mehrern Häfen Frankreichs ausgeführt, vortreffliche Weine und Schokolade ins
westl. Europa.
[* 10] Berühmt sind die Bayonner Schinken. Außerdem wird betrieben Branntwein-, Weinstein-, Leder-, Leinwandfabrikation
und Zuckerraffinerie, Glasfabrikation,
[* 11] Ankerschmiederei und Schiffbau. Konsulate haben in Bayonne:
Belgien,
[* 12] Chile,
[* 13] Costa-Rica, Dänemark,
[* 14] Ecuador,
[* 15] Guatemala,
[* 16] Mexiko,
[* 17] Niederlande,
[* 18] Peru, Portugal, Spanien, San Salvador,
[* 19] Türkei
[* 20] und Venezuela.
Bayonne
, das alte Lapurdum im Lande der Tarbelli, war schon im 3. Jahrh. Festung und Handelsplatz,
seit dem 4. Jahrh. Bischofssitz und stand abwechselnd unter den Römern, Westgoten, Basken, Franken und Normannen. Die Herzöge
von Gascogne, durch die gegen Ende des 10. Jahrh. die Normannen vertrieben wurden, begünstigten den Ort durch Privilegien.
Bayonne
fiel 1153 nebst Guyenne an England, unter dessen Herrschaft sich seine Freiheiten und sein Wohlstand
außerordentlich mehrten.
Ein Matrosenstreit zu Bayonne
veranlaßte 1292 einen engl.-franz. Krieg. Seit der Eroberung durch Dunois blieb die Stadt
bei Frankreich. Hier fand 1565 die Bayonner Zusammenkunft (s. d.) statt. Seit 1674 wurde die Stadt, als Schlüssel zu den Pässen
der Westpyrenäen, nach Vaubans
Plan neu befestigt und völlig dem Militärgouvernement unterworfen. Wie schon am Ende des 15. Jahrh.,
trat auch 1684 eine Versandung der Adourmündung ein, die über 40 Jahre lang den Seeverkehr störte.
Indes verfielen Handel und Industrie immer mehr, und die Bevölkerung wanderte teilweise aus. Erst als 1784 Bayonne zum Freihafen erklärt und zum Handel nach Amerika [* 21] autorisiert worden, blühte es rasch wieder auf. Im April und Mai 1808 fanden im Schlosse Marrac zwischen Napoleon und der span. Königsfamilie jene Zusammenkünfte statt, in welchen letztere zur Verzichtleistung auf die span. Krone überredet und gezwungen wurde. Gleichzeitig ward hier die Bayonner Konvention zwischen dem Großherzogtum Warschau [* 22] und Frankreich unterzeichnet. 1814 wurde Bayonne nach dem Rückzuge Soults von den Engländern eingeschlossen, doch gelang es den Franzosen unter Thouvenot, in einem glücklichen Ausfall den General Hope gefangen zu nehmen. Während der span. Bürgerkriege war Bayonne seit 1833 der stete Zufluchtsort span. Emigranten. In Bayonne soll 1640 das nach der Stadt benannte Bajonett (s. d.) erfunden worden sein. -
Vgl. Balasque und Dulaurens, Études historiques sur la ville de Bayonne (3 Bde., Bayonne 1862 - 75).