Bauhütten
,
Steinmetzhütten,
Baulogen,
Name der Körperschaften der
Steinmetzen im Mittelalter. Die
Baukunst,
[* 2] die während
der ersten Hälfte des Mittelalters in den
Händen der Geistlichen und
Laienbrüder war, ging seit dem 13. Jahrh.
in die
Hände weltlicher
Meister über, teils infolge des wachsenden
Umfangs der
Arbeiten, teils infolge der erwachenden Selbständigkeit
der Stadtgemeinden. Diese weltlichen
Meister organisierten sich in den Bauhütten
, deren
Namen sie von den an großen Bauten eingerichteten
Werkstätten (Hütten)
[* 3] entlehnten.
Zweck der Bauhütten
war die Verteidigung der
Sonderrechte und die Stärkung des
Standes durch Belehrung der Mitglieder,
durch Fürsorge für deren Ausbildung und Sittlichkeit, durch Ausübung von
Verbietungsrechten gegen Nichtmitglieder. Im frühern
Mittelalter haben die Hütten sich als lokale oder wandernde freie Gemeinschaften ausgebildet, später sich zünftig abgeschlossen.
Seit 1459 beginnen die Bestrebungen, eine alle deutschen Bauhütten
vereinigende Gemeinschaft
zu gründen. In
Regensburg
[* 4] wurde eine Ordnung (Steinmetzordnung) ausgearbeitet, die 1498
Kaiser Maximilian nach einigen Abänderungen
bestätigte. 1501 that dies auch der Papst.
Als Hauptorte wurden Straßburg, [* 5] Köln, [* 6] Wien [* 7] und Bern [* 8] bezeichnet. Doch haben sich die mitteldeutschen Hütten der Ordnung wohl nie unterworfen, ja es entstanden getrennte, der Straßburger Haupthütte feindliche Hüttenvereine (1464 in Torgau). [* 9] Zahlreiche Streitigkeiten riefen die lokalen Verschiedenheiten im Lehrlingswesen und die Beteiligung von Bildhauern an Bauten (1518 Annaberger Hüttenstreit) hervor, welche zeigen, daß die Bestrebungen zur Einigung nicht überall Anklang fanden.
Mehr Gewalt als die Ordnungen übte dauernd das Herkömmliche.
Meister, Polier,
Geselle und Lehrling hatten
ihre bestimmten
Rechte und Pflichten und ein besonderes Zeremoniell. 1563 wurde zu
Straßburg eine neue Redaktion der Ordnung
beraten, die als Steinmetzrecht oder Bruderbuch gedruckt ward; doch fand diese
Widerspruch bei den Reichsfürsten. Kurfürst
August von
Sachsen
[* 10] verbot damals den
Bauhandwerkern in seinen
Landen, den von
Straßburg an sie ergehenden
Aufforderungen Folge zu leisten, da nur ihm allein die Gerichtsbarkeit im Kurfürstentum zustehe.
Straßburgs Losreißung vom
Deutschen
Reich hatte 1707 einen Reichstagsbeschluß zur Folge, der die deutschen Bauleute von dieser Haupthütte trennte.
Noch bis ins 19. Jahrh. bestanden aber zu Köln, Basel,
[* 11] Zürich,
[* 12]
Hamburg
[* 13] und
Danzig
[* 14] Steinmetzbrüderschaften, welche die
Ordnung von 1563 aufrecht erhielten. Die Zeit ihres Entstehens und ihres Aufhörens fällt mit der Geschichte der übrigen
Zünfte zusammen. - Die noch keineswegs völlig klaren geschichtlichen Nachrichten über die Bauhütten
sind von
den Romantikern vielfach mißverstanden und von den Freimaurern weiter verwirrt worden. Es scheint unzweifelhaft, daß
die moderne Freimaurerei ihre Formen von den zunftmäßigen
Vereinigungen der engl. Werkmaurer entlehnt hat.
Den Inhalt der philanthropischen Lehren [* 15] der Freimaurerei findet man aber in den echten Urkunden jener zunftmäßigen Vereine nirgends, und die sog. Porter Konstitution von 926, die Edwyn seinen Schützlingen gegeben haben soll, ist entweder ganz unecht oder doch verfälscht. Was in den echten Gesetzen der an freimaurerische Lehren erinnert, ist der Ausdruck des allgemeinen religiösen Gefühls, das hier nur stärker hervortritt, weil der Zweck, der die Gemeinschaft vereinigte, für heiliger galt als die Zwecke der übrigen Zünfte.
In neuerer Zeit hat sich die
Aufmerksamkeit auf die Bauhütten
wieder gerichtet, seitdem man dem
Steinmetzzeichen
erhöhte Beachtung zuwendet. Man hat beobachtet, daß jeder
Stein sowohl in vielen Baurissen als an zahlreichen Bauten, namentlich
im 15. Jahrh., ein geometr. Zeichen trägt, durch welches der
Geselle denselben als sein Werk sowohl für die Lohnberechnung als auch als
Inschrift beurkundete. Diese
Zeichen wurden dem
Steinmetz von der Bauhütte verliehen, derart, daß man wahrscheinlich am Zeichen erkennen konnte, welcher
Bauhütte der
Gesell ursprünglich angehört habe. Die
Meister brachten ihre Zeichen an hervorragenden
Stellen des
Baues an.
Je mehr es nun gelingt, die
Namen der
Meister und deren Zeichen zu ermitteln, desto klarer wird das
Bild
der Baugeschichte des Mittelalters.
Vgl. Schnaase, Geschichte der bildenden Künste, Bd. 4 (2. Aufl., Düsseld. 1872);
Jänner, Die Bauhütten
des deutschen Mittelalters (Lpz. 1876);
Klemm, Württemb. Baumeister (Stuttg. 1882);
Ržiha, Studien über Steinmetzzeichen (Wien 1883);
Neuwirth, Die Satzungen des Regensburger ¶
mehr
Steinmetzentages (ebd. 1888); Gurlitt, Kunst und Künstler am Vorabend der Reformation (Halle [* 17] 1890); Neuwirth, Die Wochenrechnungen und der Betrieb des Prager Dombaues (Prag [* 18] 1890).