Titel
Bauanschlag
,
[* 1] die durch den
Baumeister oder durch den
Architekten ausgeführte schriftliche Zusammenstellung aller derjenigen
Arbeiten und Kosten, die durch die Ausführung eines
Baues mutmaßlich erwachsen werden. Man unterscheidet
generellen und speciellen Bauanschlag.
Beim generellen Bauanschlag
kommt es darauf an, ungefähr den Preis eines zu errichtenden Bauwerkes kennen
zu lernen. Der kürzeste Weg hierzu ist, daß man die Grundfläche ähnlicher, fertig gestellter Bauwerke ausmißt und
durch
Dividieren mit der Zahl der gefundenen Quadratmeter in die Baukostensumme den Preis eines Quadratmeters
feststellt.
Dieser Einheitspreis, multipliziert mit der Zahl der Quadratmeter-Grundfläche des neuen
Baues, wird ungefähr den Bauanschlag
für
letztern ergeben. So berechnet sich z. B. aus nachstehendem Gebäudegrundriß der Flächeninhalt
der sog. bebauten Grundfläche, indem man die schraffierte
Fläche in die einfachen mathematischen
[* 1]
Figuren
zerlegt und die einzelnen
Inhalte addiert. Man erhält als gesamte bebaute Grundfläche: 9,0·6,0 + 15,0·14,0 + 3,0·0,5
+ 1,0·(4.0 + 3.0)/2 = 269 qm. Diese hat man nur noch mit dem auf die oben angegebene
Weise gefundenen Einheitspreis zu multiplizieren,
um sehr einfach zu den gesuchten
Baukosten zu gelangen.
Hierbei ist zu bemerken, daß solche
Beispiele als Grundlage für den Bauanschlag
gewählt werden müssen, welche 1) in der
Anlage eng
mit dem Neubau verwandt sind, 2) in einer Zeit mit ungefähr gleichen Einzelpreisen und 3) unter gleich sachkundiger
und gleich gewissenhafter
Bauleitung entstanden, wie sie für den Neubau zu erwarten ist. Findet man ein
ähnliches Bauwerk nicht, so kann man mit noch immerhin begründeter Hoffnung auf ungefähre Richtigkeit auch Bauwerke zur
Vergleichung heranziehen, die wesentliche Verschiedenheiten zeigen. Dies kann bei solchen von ungleicher Zahl von
Stockwerken
dadurch geschehen, daß man als die Einheit den Kubikinhalt wählt, wobei zu bedenken ist, daß niedrigere
Bauten verhältnismäßig teurer sind als hohe; denn sie brauchen gleich jenen
Grundbau
[* 2] und Dach.
[* 3]
^[Abb.]
Um diese Verschiedenheiten beurteilen zu können, empfiehlt sich die vom Baumeister und Taxator Roß zuerst angewendete Methode, für jeden Bauteil (Keller, Geschoß, [* 4] Dachboden) einen besondern Einheitspreis einzuführen, entweder pro Quadratmeter Grundfläche oder pro Kubikmeter Inhalt. Diese Einheitspreise sind für:
a. einen Keller mit Balkendecke 2,5 m hoch:
in Bruchsteinmauerwerk | 12,50 M. pro qm | |
---|---|---|
in Ziegelmauerwerk | 15,00 " | " " |
in bewohnbarem Zustande | 9,00 " | " " mehr. |
bauanschlag
einen überwölbten
Keller 2,5 m hoch:
in Bruchsteinmauerwerk | 17,50 M. pro qm | |
---|---|---|
in Ziegelmauerwerk | 20,00 " | " " |
in bewohnbarem Zustande | 6,00 " | " " mehr. |
c. ein Geschoß mit Balkendecke und Fachmauerwerk und Zimmerung aus Kiefern oder Tannen:
3,0 m hoch (einfachste Wohnhäuser) | 13,50 M. pro qm | ||||
---|---|---|---|---|---|
3,5 " " | (bessere Wohnhäuser) | 21,00 " | " | " | |
4,0 " " | (Stallungen und Scheunen) | 15,00 " | " | " | |
5,0 " " | (Werkstätten u. dgl.) | 22,50 " | " | " |
In verziertem Fachmauerwerk und verzierter Zimmerung können sich vorstehende Preise bis doppelt so hoch stellen. ¶
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d. ein Geschoß in massivem Bruchsteinmauerwerk:
3,0 m hoch | (einfachste Wohnhäuser) | 21,00 M. pro qm |
3,5 " " | (bessere Wohnhäuser) | 31,00 " " " |
4,0 " " | (Stallungen und Scheunen) | 24,00 " " " |
5,0 " " | (Werkstätten u. dgl.) | 35,00 " " " |
e. ein Geschoß in massivem Ziegelmauerwerk:
3,0 m hoch | (einfachste Wohnhäuser) | 24,00 M. pro qm |
3,5 " " | (bessereWohnhäuser) | 35,00 " " " |
4,0 " " | (Stallungen und Scheunen) | 28,00 " " " |
5,0 " " | (Werkstätten u. dgl.) | 40,00 " " " |
Für verbündetes Mauerwerk und Hausteingewände kann man die Mehrkosten dadurch in Anrechnung bringen, daß man die darin befindlichen Öffnungen mit 3,00 und 5,00 M. veranschlagt.
f. einen Dachboden mit:
Ziegelvierteldach | 15,00 M. p. qm od. 5,00 M. p. cbm |
Schieferdritteldach | 14,00 " « » od. 7,00 " " " |
Holzcementdach | 6,00 " « » od. 6,00 " " " |
Ist der Dachboden bewohnbar, so kostet er 4,00 bis 6,00 M. pro Quadratmeter oder 2,00 bis 3,00 M. pro Kubikmeter mehr.
Die Einheitspreise pro Kubikmeter des Kellers und der Geschosse ergeben sich aus der Division der angeführten Preise pro Quadratmeter durch die beistehenden Höhenmaßzahlen.
Besondere den Wert erhöhende Anlagen, wie Balköne, Erker, Freitreppen u. s. w., werden durch Pauschalzuschläge in Rechnung gebracht. Einfriedigungen, Brunnen, [* 6] Hofpflasterungen, Bürgersteige u. s. w. müssen gesondert veranschlagt werden. Zu bemerken ist noch, daß in den angeführten Einzelpreisen schon das Honorar an den Architekten für die Ausarbeitung der Entwurfs- und Werkszeichnungen, für die Bauleitung sowie für Anschläge und Rechnungslegung mit einbegriffen ist.
Ein nach obiger Methode durchgeführter genereller Voranschlag liefert auch in Fällen, wo die einzelnen
Gebäudeteile sehr verschiedene Bauart zeigen, einen ungefähren Begriff von der zu erwartenden Bausumme. Auch werden generelle
Bauanschlag
oft auf Grund flüchtiger Skizzen angefertigt.
Eine völlig sichere Vorausberechnung der Baukosten gelingt jedoch nur mittels eines speciellen Bauanschlag.
Dieser kann nur
durchgeführt werden auf Grund ganz durchgearbeiteter Baupläne (Grundrisse aller Stockwerke, Schnitte, Facaden, Balkenlagen,
Profilzeichnungen der Gesimse u. s. w.), die Aufstellung des Bauanschlag
geschieht dadurch, daß man alle die verschiedenen beim Hausbau
in Betracht kommenden Arbeiten der einzelnen Gewerke (Maurer, Zimmerer, Schlosser, Klempner u. s. w.) für
sich berechnet und die so gewonnenen Einzelposten addiert.
Diese Verechnungsweise steht auch in einem gewissen Einklang mit den Rechnungsabschlüssen. Da die einzelnen Arbeiten in der
Regel pro Kubikmeter oder Quadratmeter der betreffenden Bauteile vergeben werden, so müssen aus den Zeichnungen alle Maße
ersichtlich sein, die zu den entsprechenden Raum- oder Flächenberechnungen nötig sind. Damit Mißverständnissen vorgebeugt
wird, muß am Kopf der Bauanschlag
eine genaue Baubeschreibung gegeben werden
sowie der Hinweis auf die Pläne,
die dem Bauanschlag
zu Grunde lagen. Ein specieller Bauanschlag
enthält folgende Hauptpunkte, über die
bezüglich der Kosten die gleichlautenden Einzelartikel Auskunft geben.
1) Erdarbeiten, 2) Maurerarbeiten, 3) Steinmetzarbeiten, 4) Zimmerarbeiten, 5) Klaiberarbeiten, 6) Dachdeckerarbeiten, 7) Putz- und Stuckarbeiten, 8) Tischlerarbeiten, 9) Schlosser- und Schmiedearbeiten, 10) Eisenkonstruktionen, 11) Klempnerarbeiten, 12) Gas- und Wasserleitungsarbeiten, 13) Heizungs- und Lüftungsanlagen, 14) Glaserarbeiten, 15) Maler- und Anstreicherarbeiten, 16) Tapezierarbeiten, 17) Reinigung und Austrocknung. An diese Arbeiten, deren Kosten sich mehr oder weniger genau vorausberechnen lassen (s. die Einzelartikel), schließen sich außer etwaigen Vorarbeiten (Abbruch vorhandener Baulichkeiten u. a.) zwei Positionen, deren Berechnung von besondern Umständen abhängt: a. Insgemein.
Unter diesem Posten rechnet man die zu zahlenden Honorare an den Arckitekten, Kosten der Baubewilligung, Trinkgelder, Richtfest
für die Arbeiter u. s. w. bauanschlag.
Für unvorgesehene Fälle. Es ist Gebrauch, für
diese 5-10 Proz. der Bausumme einzusetzen. Nicht im B. aufgenommen sind jene
Störungen des Betriebes, welche durch höhere Gewalt herbeigeführt werden. Wer von den beiden Kontrahenten für solche
aufzukommen hat, müßte jedesmal Sache vorhergehender Besprechungen sein.
Unter diese Fälle rechnet man neuerdings neben zerstörenden Naturerscheinungen auch die Arbeitseinstellungen und die durch sie bewirkten plötzlichen Steigerungen der Preise. Im B. sollte alsbald festgestellt werden, wie die Kontrahenten ihrerseits sich zu solchen Vorkommnissen verhalten wollen. Außerdem macht noch die Erwerbung des Baugrundes, der Zinsenverlust an den Baugeldern und der Verlust, der bei nicht sofortiger Vermietung einzelner Teile des Hauses eintritt, Beträge aus, die der Bauherr bei Aufstellung eines in Berücksichtigung zu ziehen hat.
Litteratur. Schwatlo, Handbuch zur Beurteilung und Anfertigung von Bauanschlag
(9. Aufl., Karlsr.
1890);
G. Bentwitz, Das Veranschlagen von Hochbauten nach der vom Ministerium für öffentliche Arbeiten erlassenen Anweisung (Berl. 1883);
J. Manger, Hilfsbuch zur Anfertigung von Bauanschlag
(2 Tle., 4. Aufl., ebd. 1878-84);
F. W. Roß, Leitfaden für die Ermittelung des Bauwertes von Gebäuden (Hannov. 1888).