Titel
Batta
(Bata,
Battak), ein zur malaiischen
Rasse gehörender Volksstamm auf
Sumatra (s. Tafel
»Asiatische
Völker«,
[* 2] Fig.
22), in welchem sich die frühsten Bewohner der
Insel in fast unversehrter Eigentümlichkeit und politischer Unabhängigkeit
erhalten haben. Ehedem über die ganze Nordhälfte von
Sumatra verbreitet, sind die Batta
gegenwärtig vom
Meer auf allen Seiten abgeschlossen und auf die
Hochebene von Tobah im Innern, als ihren Hauptsitz, beschränkt, wo sie sich
bis Rauro erstrecken.
Ihre Zahl schätzt
Junghuhn auf 150,000. Sie zeigen in ihrer
Körper- und Gesichtsbildung allgemein den
Typus der
Malaien, sind aber größer und kräftiger gebaut als die Bewohner der
Küste und werden auch in moralischer Hinsicht
höher gestellt.
Ihre gewöhnliche
Kleidung besteht in einem großen
Tuch, das um die
Lenden geschlungen wird, während der Oberleib
unbedeckt bleibt; auch der
Kopf wird mit einem
Tuch (Bungus) umhüllt. Die Batta
treiben
Ackerbau und
Viehzucht und
[* 3] wohnen in Dörfern beisammen, die durch Bambusdickichte befestigt sind.
Ihre
Wohnungen, meist 7-8, oft aber bis 30 m lang bei einer
Breite
[* 4] von
ca. 3 m, ruhen auf
Pfählen, sind viereckig und ohne
Fenster
und werden von einem hohen, schiffähnlich ausgeschweiften
Dach
[* 5] bedeckt. Neben den Wohnhäusern befinden
sich sogen. Gemeindehäuser zur Bewirtung und Beherbergung der
Fremden. Zum
Ackerbau bedient man sich einer
Hacke und eines
mit
Eisen
[* 6] beschlagenen
Stockes, weniger des
Pfluges. Die
Waffen
[* 7] der Batta
sind
Schwert und
Lanze, seit neuerer Zeit auch Luntenflinten,
welche sie von den
Malaien einhandeln oder auch selbst verfertigen.
Ihre
Nahrung besteht teils in dem
Fleisch
der gezüchteten
Haustiere
(Schweine,
[* 8]
Büffel,
Pferde,
[* 9]
Hunde,
[* 10]
Hühner
[* 11] etc.), teils in
Vegetabilien, namentlich in
Reis, der fleißig
¶
mehr
angebaut wird, Bataten und Kartoffeln. Der Gebrauch des Salzes ist unbekannt. Die geringe Industrie beschränkt sich auf die Bereitung
gewisser Farbstoffe und etwas Metall- und Elfenbeinarbeiten, der Handel auf den Austausch einzelner Produkte, wie Pfeffer, Benzoe
etc. Die Verfassung der Batta
beruht auf der altmalaiischen Familienverfassung und hat einen demokratischen
Charakter. Jedes Dorf hat einen Radscha mit erblicher Würde an seiner Spitze, doch ist der Einfluß desselben fast nur auf Kriegszeiten
beschränkt.
Die eigentliche Regierung wird durch Volksversammlungen gehandhabt, bei denen es in der Regel sehr stürmisch hergeht. Die Batta
haben
auch Sklaven, doch werden dieselben äußerst mild behandelt; der gewöhnlichste Grund der Sklaverei sind
Schulden. Im ehelichen Leben ist Polygamie gestattet, doch findet man in einer Familie selten mehr als zwei Frauen. Die Hochzeiten
werden ohne bestimmte Festlichkeit vollzogen. Im allgemeinen erfreuen sich die Frauen einer guten Behandlung, abgesehen davon,
daß, wie bei allen Naturvölkern, sämtliche Geschäfte des Hauses auf ihnen ruhen.
Die Gesetze der Batta
sind traditionell; in vielen Fällen können Strafen durch Geld abgekauft werden, nur bei einigen bestimmten
Vergehen ist dies unzulässig, z. B. beim Eidbruch, der immer mit dem Tod bestraft wird. Merkwürdigerweise ist in drei Fällen
die Anthropophagie als Strafe gesetzlich angeordnet und zwar 1) wenn ein Gemeiner mit der Frau eines Radscha
Ehebruch getrieben, 2) wenn jemand als Landesverräter, Spion etc. ertappt worden, 3) wenn ein Feind mit den Waffen in der Hand
[* 13] gefangen genommen worden.
Die Kriege der Batta
haben teils in Grenzstreitigkeiten, teils in Beleidigungen der Radschas ihren Grund; das Ende des
Kriegs bildet die Einnahme des Dorfs durch den siegenden Feind, der es zerstört und die Bewohner auffrißt. Zu den Hauptbelustigungen
der Batta
gehören Hahnenkämpfe und Tanz. Krankheiten schreibt man dem Einfluß böser Geister zu und sucht sie durch Zaubermittel
zu heilen. Obschon wild, sind die Batta
doch edel, offen und geweckten Geistes, zuverlässig und gastfreundlich
und stehen auf keiner ganz niedern Stufe der Kultur.
Die Lese- und Schreibkunst [* 14] ist allgemein unter ihnen verbreitet. Sie besitzen ein eignes Alphabet, das aus der altindischen Monumentalschrift hervorgegangen zu sein scheint, und eine geschriebene Litteratur. Ihre Bücher (Pustahas) bestehen aus fächerartig zusammengefalteten, mit Tinte horizontal (von links nach rechts) beschriebenen Baumrinden zwischen zwei festen Deckeln und werden in den Gemeindehäusern aufbewahrt; sie sind oft von bedeutendem Alter.
Der Inhalt handelt von Geisterbeschwörungen, Zauberei, Astrologie,
[* 15] Kriegführung, Medizin etc. Die Sprache
[* 16] der Batta
ist als eins
der ältesten malaiisch-polynesischen Sprachidiome zu betrachten und steht in engstem Zusammenhang mit
der Howasprache auf Madagaskar.
[* 17] Zu den religiösen Vorstellungen, welche den Batta
von Haus aus eigentümlich sind, gehört der
Ahnenkultus, indem die Geister der Vorfahren eine besondere Verehrung genießen. Auch die bösen Geister (Begus), welche in der
Unterwelt wohnen, werden eifrig verehrt und durch Opfer versöhnt.
Als oberste Gottheit gilt Diebata, der Schöpfer der Welt, der im siebenten Himmel [* 18] wohnt, aber die eigentliche Weltregierung den drei Göttern Batara Guru, Sri Padi und Mangala Bulan übergeben hat. Letztere sind, nach ihren Namen zu schließen, nicht malaiische, sondern indische Schöpfungen und stammen aus jener Zeit, in welcher Indien den Bewohnern des Indischen Archipels nebst seiner Kultur und Schrift auch einen Teil seiner religiösen Ideen übermittelte.
Vgl. Junghuhn, Die
Batta
länder (Berl. 1847, 2 Bde.);
Schreiber, Die in ihrem Verhältnis zu den Malaien auf Sumatra (Barm. 1874);
van der Tuuk, Bataksch-Nederduitsch woorden-boek (Amsterd. 1863, mit ethnographischen Abbildungen).